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Dösende Walrosse: Der Beitrag über eine russische Arktis-Expedition stammt direkt von der RT.com-Webseite.

© Tsp

Viel RT.com auf „EP Today“: Unter fremder Flagge

Ein vermeintliches Magazin des Europa-Parlaments besteht überwiegend aus Russia-Today-Beiträgen.

Die Webseite von „EP Today“ macht einen höchst offiziellen Eindruck. Neben dem Logo im Blau der EU-Flagge mit zwölf gelben Sternen für die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union bezeichnet sich die englischsprachige Publikation selbst als „Monatsmagazin für das Europäische Parlament“. In der Selbstbeschreibung heißt es, „EP Today“ transportiere nicht wie andere Medien nur tägliche Nachrichten, vielmehr würden hier Meinungen von Mitgliedern des Europäischen Parlaments veröffentlicht. Nach einer Untersuchung des Europäischen Auswärtigen Dienstes würde dies jedoch nur dann stimmen, wenn das EU-Parlament mehrheitlich aus russischen Abgeordneten bestünde.

Genauer angesehen hat sich „EP Today“ die Kampagne „EU vs Disinformation“. Sie wird betrieben von der East StratCo-Task-Force, die wiederum zum Europäischen Auswärtigen Dienst, also dem auswärtigen und diplomatischen Dienst der Europäischen Union, gehört. Die Task Force wurde gegründet, nachdem sich die Staats- und Regierungschefs der EU entschlossen haben, etwas gegen die russischen Desinformationskampagnen zu unternehmen. „Wie bekomme ich das Europa-Parlament dazu, Russia Today zu lesen?“, heißt der Beitrag ironisch, der sich mit „EP Today“ befasst.

18 000 Texte untersucht

Die StratCom-Taskforce hat sich zwei Jahre lang die Artikel auf „EP Today“ angesehen. Insgesamt handelte es sich um annähernd 18 000 Texte in der Zeit zwischen April 2017 und August 2019. Dabei stellte sich heraus, dass kaum ein Beitrag auf „EP Today“ auch wirklich von dieser Plattform stammte. Bei 47 Prozent der untersuchten Artikel handelte es sich demnach vielmehr um wörtliche Kopien von Beiträgen, die zuvor auf RT.com – also von Russia Today – erschienen waren. Nur 25 Artikel auf „EP Today“ stammten tatsächlich von Abgeordneten oder anderen Entscheidungsträgern des Europäischen Parlaments – umgerechnet also deutlich weniger mal ein Prozent aller Beiträge. An Stelle einer eigenen Redaktion gelangten die meisten Beiträge zudem komplett automatisiert aus fremden Quellen auf die Webseite.

Aktuell nimmt ein Beitrag unter der Überschrift „Keine Kampfflugzeuge oder Panzer: Russisches Militär veröffentlicht Entspannungs-Video vom malerischen arktischen Archipel“ einen großen Raum auf der Webseite ein. Es geht um eine 44-tägigen Arktis-Expedition nach Franz Josef Land, die vom russischen Verteidigungsministerium, der Russian Geographical Society und dem Russian Arctic National Park organisiert wurde – mit friedlichen Eisbären und dösenden Walrossen. Unter dem Text wird auf RT.com verwiesen. Wie anders da doch die Amerikaner in einem anderen Beitrag von „EP Today“/RT.com mit der Überschrift „Tolles Spiel in der Arktis: USA wollen Militärhafen gegen Russland und China am Nordpol“ beschrieben werden.

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