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Auch nach der Vergewaltigung möchte Janne (Aenne Schwarz) die Kontrolle über ihr Leben behalten. Ihr Freund weiß nichts von dem Missbrauch.

© BR/Trimafilm

Vergewaltigungsdrama „Alles ist gut“: Nur kein Opfer sein

Mit dem Vergewaltigungsdrama „Alles ist gut“ startet die ARD-Reihe „Filmdebüt im Ersten“. Ärgerlich ist die Uhrzeit der Ausstrahlung.

„Da war plötzlich ’ne Kante.“ Janne (Aenne Schwarz) hat mehr als diese Verletzung am Kopf erlitten, doch wichtiger ist ihr gerade die Gelegenheit, den alten Kontakt zu Robert (Tilo Nest), einem Verlagsmanager, wieder aufzufrischen. Vielleicht springt ein neuer Job dabei heraus. Später, in der Sauna, deutet sie die Ereignisse der vergangenen Nacht gegenüber ihrer Mutter (Lina Wendel) zwar an, wehrt dann aber alle Versuche der Anteilnahme resolut ab. „Ich kann mich schon wehren“, sagt sie. Und: „Nichts ist passiert.“

„Alles ist gut“ (Das Erste, Dienstag um 23 Uhr) lautet denn auch der Titel des ersten Langfilms der Berliner Regisseurin Eva Trobisch, mit der die traditionsreiche Reihe „Filmdebüt im Ersten“ eröffnet wird. Aber bei Janne ist in Wahrheit gar nichts gut. Nach einem Klassentreffen in ihrem alten Heimatort hatte sie Martin (Hans Löw) mit nach Hause genommen. Er könne bei ihr auf der Couch pennen, sagte sie. Beide hatten getrunken, getanzt, vielleicht miteinander geflirtet. Dann wurde Martin aufdringlich, Janne wehrte seine Annäherungsversuche ab, stieß sich den Kopf. Das „Ich will nicht“ ignorierte Martin, er warf sie zu Boden, verging sich an ihr.

Über die Folgen einer Vergewaltigung aus der Sicht einer Frau zu erzählen, die die Vergewaltigung am liebsten ignorieren würde, erscheint gewagt. Aber Eva Trobischs Film verharmlost nichts, relativiert auch nicht die Schuld des Mannes, richtet vielmehr ruhig und konzentriert den Fokus auf eine moderne, gebildete Frau, die die Kontrolle über ihr Leben unbedingt behalten will und die Opferrolle entschieden ablehnt.

Janne ist gerade mit ihrem Freund Piet (Andreas Döhler) nach der Insolvenz ihres gemeinsamen kleinen Verlags umgezogen. Beide renovieren das alte Haus, Piet hofft auf einen Neuanfang, doch Janne ergreift lieber die Chance, als Lektorin in Roberts Verlag zu arbeiten. Dort wird sie allerdings auch Martin, dem Täter, immer wieder begegnen. Janne kostet es immer mehr Kraft und Energie, die tiefen Verletzungen zu verdrängen und zu überspielen.

Einige Preise, wenige Kinozuschauer

Mit „Alles ist gut“ schloss Trobisch ihr Studium an der Hochschule für Film und Fernsehen (HFF) ab. Der Film gewann diverse Nachwuchspreise, unter anderem beim Filmfestival Locarno. Auch Hauptdarstellerin Aenne Schwarz wurde auf verschiedenen Festivals ausgezeichnet. Im Kino haben es Erstlingswerke dennoch schwer. So kam auch der vom Bayerischen Rundfunk koproduzierte Film „Alles ist gut“ im Herbst 2018 auf lediglich 7562 Kinozuschauer.

Insofern sind die Debütreihen im Fernsehen eine willkommene Gelegenheit, doch noch ein großes Publikum zu erreichen. Und die öffentlich-rechtlichen Sender loben sich auch gerne selbst für die Förderung des Filmnachwuchses. Umso ärgerlicher ist es, dass die zwölf Filme, die in der Reihe „Filmdebüt im Ersten“ ausgestrahlt werden (bis 22. September jeweils zwei an jedem Dienstag), frühestens am späten Abend zu sehen sind. Die Hälfte läuft sogar erst weit nach Mitternacht.

Die ARD verweist auf Wiederholungen bei One und natürlich auf ihre Mediathek, wo die Verweildauer der Kinokoproduktionen allerdings meist nur einen bis zwei Monate beträgt. Immerhin: Während Frauen auf dem Regiestuhl sonst noch in der Minderheit sind, wurden hier acht der zwölf Filme von Regisseurinnen inszeniert, die zumeist auch das Drehbuch schrieben oder Co-Autorinnen waren.

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