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Sichtlich angeschlagen. Eva Meckbach spielt die erwachsene Miriam. Ohne Sauerstoff geht es nicht.

© ZDF/Georges Pauly

Verfilmung eines Miriam-Maertens-Romans: „Ich möcht’ kein Muko sein“

Der ZDF-Film „Die Luft zum Atmen“ erzählt vom Wunder des Rettens. Und wie manchmal scheinbar übermächtige Krankheiten besiegt werden.

Das Leben ein Seiltanz. Über Abgründe. Wo ist ein Netz? Das gilt besonders für Miriam (als Kind: Cloe Heinrich, als Erwachsene: Eva Meckbach). Die Tochter aus einer Hamburger Schauspielerfamilie hat Mukoviszidose, die die Lunge zerstört, Menschen vom normalen Leben absondert und in die dauernde Nähe des Todes bringt. Kapituliert vor der Erbkrankheit aber wird in diesem Film in keinem einzigen Moment.

Die Drehbuchautoren Angelika Schwarzhuber und Christian Lex sowie Regisseur Jophi Ries haben den bei Ullstein 2018 erschienenen Roman von Miriam Maertens „Verschieben wir es auf morgen“ mit dem Zusatz „Wie ich dem Tod ein Schnippchen schlug“ zur Grundlage ihres TV-Films genommen. Darin schildert die heute 52-jährige Schauspielerin aus dem Maertensclan (die Brüder Kai und Michael Maertens sowie Joshua als ihr Sohn spielen im Film mit) den Kampf gegen die Krankheit bis zum Sieg des für unmöglich Gehaltenen.

[„Die Luft zum Atmen“, ZDF, Montag, 20 Uhr 15]

In derzeit beliebter Fernsehmanier beginnt der Film mit dem rettenden Ende. Von der Bühne weg wird die Mukoviszidose-kranke Schauspielerin zur Operation in die Klinik geliefert, wo ihre zerstörte Lunge durch die Transplantation einer neuen ersetzt wird. Die Nacherzählung der Krankengeschichte folgt den Phasen der schwierigen Operation bis zum guten Ende. Der dramaturgische Kniff, die Vorgeschichte zu einem Traum während einer Narkose zu machen, erlaubt Freiräume für erzählerische Phantasie (Bildgestalter: Peter Joachim Krause). Die junge und die erwachsene Miriam-Darstellerin können sich auf die Mischung von Melancholie und unerbittlicher Willensstärke konzentrieren. Nicht der Tod, sondern die Wehleidigkeit erscheint der von beiden gespielten Figur als der größte Feind. Der entscheidende Satz der durch die Hölle der Therapie gehenden Patientin: „Ich möcht’ kein Muko sein“.

Miriam Maertens, die Romanschreiberin, die alles erlebt hat, und die von zwei Schauspielerinnen dargestellte Film-Miriam sind auf wunderbare Weise verbunden. Schauspielerin Meckbach kann sich in die Mukoviszidose-Kranke hineinarbeiten, weil die eigene Mutter an MS litt.

Miriam Maertens als ermutigende Ärztin

Miriam Maertens, die die Romanvorlage lieferte, spielt im Film eine zentralwichtige ermutigende Ärztin. Zum Zeitpunkt der Operation ist sie bereits verstorben, tritt aber wie eine Art Engel auf. Sie spricht aus dem Jenseits – das Programmheft nennt es Nahtoderleben – und verheißt ein gutes Ende. Mon dieu – aber der Ausflug ins Drüben führt nicht ins Trübe.

„Die Luft zum Atmen“ ist eine kämpferische Passionsgeschichte. Der Wille herrscht, weil er herrschen soll, nicht die Depression. So geht es zu, wenn Träume regieren. Gut ist an der wildfangfrischen Darstellerin der kindlichen Miriam (Heinrich) der Mut zu erkennen, wie sie sich noch so hustend nicht von den abenteuerlichen Erlebnissen mit Gleichaltrigen ausschließen lässt. Genauso an der Erwachsenen (Meckbach), die sich durch pure Willensstärke gegen die fürsorgliche Belagerung ihrer Familie durch Brüder, aber auch durch ihre Eltern (großartig: Janna Striebeck, Michael Wittenborn) durchsetzt.

Sie bekommt wider aller gesundheitlichen Ratschläge einen Sohn von einem Schauspielerkollegen. Ausgerechnet Heilig Abend wird sie von ihm wegen einer anderen verlassen. Privates Unglück haben auch die gesundheitlich Unglücklichen. Das größte Geschenk: Das Kind hat die Krankheit nicht geerbt.

Das Seil hält, der Tanz der Tapferen gelingt. Das Netz aus Selbsthilfe und Familie hilft. Der Tod muss warten.

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