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86 Cent mehr? Das Verfassungsgericht entscheidet am Donnerstag über die Höhe des Rundfunkbeitrages. Foto: dpa

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Verfassungsgericht entscheidet über Rundfunkbeitrag: Mehrheit, die nichts nutzt

15 Bundesländer sagen ja zum Plus beim Rundfunkbeitrag, nur Sachsen-Anhalt sagt nein. Am Donnerstag sagt das Verfassungsgericht, was richtig ist

15:1 ist eigentlich eine Mehrheit, die ausreichen muss. Nicht aber in der Frage, ob die Bundesländer eine Erhöhung des Rundfunkbeitrages akzeptieren, da braucht es tatsächlich die Ja-Stimmen aller 16 Bundesländer. Dieses Quorum gab es nicht. Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) rettete seine zerstrittene Magdeburger Koalition aus CDU, SPD und Grünen, indem er am 8. Dezember einen Gesetzesentwurf zur Erhöhung des Beitrages um 86 Cent auf 18,36 Euro kassierte. Befürchtet wurde, dass CDU-Abgeordnete den Vertrag bei der Abstimmung im Landtag zusammen mit der AfD kippen könnten, was das Ende der Koalition bedeutet hätte. Haseloff zog die Vorlage zurück, worauf die Abstimmung ausfiel. Da alle Bundesländer dem Vertrag zustimmen müssen, konnte dieser nicht in Kraft treten. Daraufhin zogen die öffentlich-rechtlichen Sender vor das Bundesverfassungsgericht. Am Donnerstag wird die Entscheidung aus Karlsruhe veröffentlicht. (Az. 1 BvR 2756/20, 1 BvR 2775/20 und 1 BvR 2777/20). Der Beitrag, der ARD, ZDF und Deutschlandradio 2020 mit 8,11 Milliarden Euro finanzierte, liegt seit März 2015 bei 17,50 Euro.

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Deutschlands höchstes Gericht muss klären, ob durch die Blockade aus Magdeburg die Rundfunkfreiheit verletzt wurde. Die Sender argumentieren, dass der Landtag von Sachsen-Anhalt aus unzulässigen Gründen von dem ermittelten Finanzbedarf abweiche. Der Landtag habe dafür keine nachprüfbaren Gründe geliefert. ZDF-Intendant Thomas Bellut erklärte bei der Einreichung der Verfassungsbeschwerde durch die Anstalten, der öffentlich-rechtliche Rundfunk sei „ganz offenbar zum Spielball der Politik in einem Bundesland“ geworden.

Einmaliger Vorgang

Das Nein aus Sachsen-Anhalt hat die übrigen Länder und vor allem die Sender kalt erwischt, es ist in der Historie von Rundfunkgebühr/Rundfunkbeitrag ein bislang einmaliger Vorgang. Als sich die Ablehnung in Magdeburg abzeichnete, waren die Intendantinnen und Intendanten längst auf Werbetour für ein Ja. Insbesondere Karola Wille, der Chefin der ARD-Länderanstalt für Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen, wurde es senderintern angekreidet, dass sie „ihren“ Ministerpräsidenten, also Reiner Haseloff, nicht im Griff habe. Zudem gab es einige Angebote aus ARD-Reihen, wie Sachsen-Anhalt für die Zustimmung gewonnen werden könnte, darunter die Etablierung einer Kulturplattform in Halle.

Genutzt hat es nichts, Haseloff und sein Staatskanzleichef Rainer Robra gefielen sich zusehends in der Rolle der tapferen Gallier im kleinen sächsisch-anhaltinischen Dorf, die sich zu gerne über die Benachteiligung ihres Landes im MDR-Verbund und der Missachtung des Ostens im ARD-Fernsehen beklagten.

Sender kündigen Programmkürzungen an

Klagen konnte und kann auch die andere Seite. Ohne die ausreichende, unabhängig ermittelte Finanzierung werde das Angebot leiden, sagte etwa der ARD-Vorsitzende Tom Buhrow im Dezember.

ARD, ZDF und Deutschlandradio reichten Eilanträge in Karlsruhe ein. Diese wies das Bundesverfassungsgericht aber am 22. Dezember mit dem Argument zurück, dass den Sendern keine schweren Nachteile entstünden, wenn sie auf die Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde warten müssten. Sollte dieser später stattgegeben werden, wäre es möglich, dass finanzielle Ausfälle nachträglich kompensiert würden, hieß es weiter. Beim Urteil am Donnerstag geht es in den Nachwirkungen auch um die heikle Frage, ob zur Erhöhung zusätzlich eine Nachzahlung käme. Das würde die Skeptiker des Beitrages noch höher auf die Palme treiben. Joachim Huber

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