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Kein Betriebsausflug. Die Ermittler Adam Schürk (Daniel Sträßer) und Leo Hölzer (Vladimir Burlakov) treffen sich am Fluss? Ist das ein Geheimtreffen?

© SR/Manuela Meyer

Väterliches Gift: Ein weiterer „Tatort“-Kommissar unter Mordverdacht

Saarbrücker Spitzen: Der „Tatort“ mit Daniel Sträßer treibt das Vater-Sohn-Freund-Drama auf die Spitze

„Ihr Charme ist überwältigend.“ Der Spruch im Glückskeks ist für lange Zeit die einzige Nettigkeit, die Hauptkommissar Adam Schürk (Daniel Sträßer) widerfährt. Eine SMS von „Drecksau“ unterbricht den Betriebsausflug des „Tatort“-Quartetts aus Saarbrücken in einem chinesischen Restaurant. Adam möge bitte kommen, es gehe um seine Mutter, schreibt „Drecksau“. Unter dem wenig schmeichelhaften Namen hat Schürk die Telefonnummer seines Vaters Roland Schürk (Torsten Michaelis) gespeichert, der ihn in seiner Kindheit regelmäßig verprügelt hatte. Der Kommissar kann die Mutter telefonisch nicht erreichen, also bricht er zum Vater auf, ohne seinem besten Freund und Kollegen Leo Hölzer (Vladimir Burlakov) sowie den Kommissarinnen Esther Baumann (Brigitte Urhausen) und Pia Heinrich (Ines Marie Westernströer) den Grund zu nennen.

Das nicht mehr ganz neue „Tatort“-Team ist damit im dritten Film erst einmal gesprengt. Adam Schürk taucht unter, nachdem sein Vater nach einem Bauchschuss qualvoll verblutete. Wieder mal gerät ein „Tatort“-Kommissar unter Mordverdacht, das war zuletzt fast die Regel. Schürks Schicksal teilten auch Frank Thiel in Münster und Charlotte Lindholm beim Udo-Lindenberg-Gastspiel in Hamburg. Bei der ARD-Programmplanung scheint man die Sonntagskrimis nun nach Themengruppen zu sortieren.

[„Tatort – Das Herz der Schlange“, ARD, Sonntag, 20 Uhr 15]

Wobei die Drehbuch-Idee eines Kommissar-Täters in keinem „Tatort“ plausibler erscheint als dem aus Saarbrücken. Adam Schürk ist ein Opfer krasser Väter-Gewalt und mit seinem Freund Leo durch ein traumatisches Erlebnis verbunden. Als Minderjährige hatten sie Roland Schürk, der hemmungslos auf seinen Sohn eingeprügelt hatte, beinahe getötet. Lange Zeit lag der Vater im Koma. Nach seinem Aufwachen gab er sich geläutert, es schien so, als könnte es eine Wiederannäherung geben. Doch nun treibt Autor Hendrik Hölzemann das Vater-Sohn-Freund-Drama auf die Spitze. Mit dem Tod des Vaters wird Ballast abgeworfen, jetzt könnte es mal richtig losgehen in Saarbrücken, wo die Kommissarinnen hinter dem verschworenen Männer-Duo ziemlich blass geblieben sind.

Das Ziel: mehr junge Menschen für den "Tatort" begeistern

In der Episode „Das Herz der Schlange“ bringen Hölzemann und die junge Regisseurin Luzie Loose die beiden Frauen-Figuren mehr auf Augenhöhe. Die wenig konfliktscheue Esther Baumann fährt Adam und Leo gewaltig in die Parade, was der Geschichte eine entscheidende Wende gibt. Loose, die bei ihrem Langfilm-Debüt „Schwimmen“ eine viel gelobte Coming-of-Age-Geschichte zweier Mädchen erzählte, bezeichnet sich selbst als „Tatort“-Fan. Ihr Ziel sei es, „dass wieder mehr junge Menschen den ,Tatort' schauen“. Junge Regisseurinnen würden bei etablierten Formaten häufig Filme mit eher „weiblich konnotierten“ Themen angeboten. „Diese Rollenverteilung langsam abbauen zu können, hat mir an dem Projekt gut gefallen.“

Tatsächlich ist „Das Herz der Schlange“ – der beste der bisherigen Filme aus Saarbrücken – ein spannendes, düsteres Thrillerdrama. Die Falle, die der an Krebs erkrankte Vater dem Sohn stellt, ist zwar einigermaßen hanebüchen, aber einfallsreich konstruiert. Wie soll das gehen, sich selbst aus einem Meter Entfernung mit der Dienstwaffe seines Sohnes selbst zu erschießen? Während Adam Schürk am nächsten Tag nach dem abendlichen Besuch beim Vater nicht zum Dienst erscheint, wird das verbliebene Trio erst einmal zu einem anderen Tatort gerufen. Eine Frau wurde bei einem offenbar gescheiterten Einbruchsversuch getötet, einer der Einbrecher schwer verletzt. Das Geld im Tresor wurde nicht gestohlen. Im Hintergrund zieht ein Mann, der sich als Anwalt Jens Modall (Michael Rothschopf) entpuppt, vor zahlreichen Überwachungsmonitoren die Fäden.

[Alle Folgen des True-Crime-Podcasts Tatort Berlin des Tagesspiegels finden Sie hier]

Das Fernsehpublikum ist der Polizei zwar meist einen Schritt voraus, aber auch nicht weit genug, um alle Rätsel zu lösen. Als kluge Entscheidung erweist sich außerdem, dass auf das übliche Kompetenzgerangel verschiedener Dienststellen verzichtet wird. Zwar übernimmt das LKA den Fall des angeblich getöteten Roland Schürk, aber kein einziger LKA-Ermittler taucht in dem Film auf.

Drehbuch und Inszenierung konzentrieren sich ganz auf das Team um Leo Hölzer, der den Fall weiterverfolgt, weil er seinen Freund entlasten will. Im letzten Drittel wird aus dem Film ein hartes Gefängnisdrama, das schmerzhafte Überraschungen bereithält. So kann es weitergehen im westlichen „Tatort“-Außenposten.

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