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Montevideo bei Nacht. Die LKA-Zielfahnderin Hanna Landauer (Ulrike C. Tscharre) und ihr neuer Kollege Lars Röwer (Hanno Koffler) verfolgen ein Entführerpaar nach Uruguay.

© ARD Degeto

Ulrike C. Tscharre und Hanno Koffler im Interview: „Das hat etwas Fiebriges“

Ulrike C. Tscharre und Hanno Koffler über den ARD-„Zielfahnder“, die Tango-Begeisterung in Montevideo und die Work-Life-Balance.

Frau Tscharre, Herr Koffler, in der zweiten Episode der ARD-Reihe „Zielfahnder“ verfolgen Sie ein Gangsterpaar, gespielt von Heike Makatsch und Jörg Hartmann. Die hatten einen Industriellen entführt und sind nach neun Jahren aus dem Gefängnis gekommen, vom Lösegeld und einem dritten Täter fehlt jede Spur. Was unterscheidet das Format und die Folge „Blutiger Tango“ von anderen Krimis?

KOFFLER: Das Tolle an dem Format ist, dass man anders als bei einem klassischen Krimi die Frage „Wer ist der Mörder?“ komplett auslässt. Ein Zielfahnder kennt den Täter und muss ihn in einer fremden Kultur mit einer fremden Sprache ausfindig machen. Sowohl als Figur als auch als Schauspieler taucht man somit in eine fremde Welt ein. So entsteht eine Energie, die man im Krimiformat sonst nicht kennt. TSCHARRE: Diese Dynamik hat etwas Fiebriges, Undurchsichtiges und ermöglicht genau – weil alle wissen, wer der Täter ist – in diesen Zwischenräumen andere Erzählweisen.

Ist Montevideo als Reiseziel zu empfehlen?
KOFFLER: Montevideo hat die besten Jahre hinter sich. Hinter den bröckelnden Fassaden kann man mitunter noch erahnen, wie die Stadt zu ihrer Blütezeit ausgesehen hat. Ich habe es jedoch als ziemlich trostlos empfunden. Wenn etwas den Charme dieses Ortes ausmacht, dann ist es die Sehnsucht oder die Traurigkeit.
TSCHARRE: Ich finde Uruguay absolut eine Reise wert, weil es eine Menge zu entdecken gibt. Montevideo bröckelt an manchen Ecken, da hat Hanno schon recht, aber die Stadt hat auch sehr schöne Viertel. Wir haben aber vor allem in dem heruntergekommenen Hafenviertel gedreht. Für die Geschichte in dem Film haben wir die unaufgeräumte Seite der Stadt gesucht.

Den ersten „Zielfahnder“ hat 2016 Dominik Graf in Szene gesetzt, dieses Mal hat Stephan Lacant Regie geführt. Inwieweit kann man die beiden Filme vergleichen?
TSCHARRE: Stephan Lacant hat filmisch eine ganz andere Sprache als Dominik Graf. Aber in beiden Filmen bleiben wir nah an den internationalen Verbindungen: Die Arbeit der Zielfahnder zeigt uns, wie sehr wir Menschen miteinander verbunden sind – trotz der Grenzen.
KOFFLER: Beim ersten „Zielfahnder“, bei dem ich noch nicht dabei war, waren die Rahmenbedingungen anders. Nicht zuletzt dadurch steht er für sich allein. Mit dem zweiten Film sind wir in einem Format gelandet, in dem man nach 90 Minuten Schluss machen muss.
TSCHARRE: Gewünscht hätten wir es uns anders. Es wäre schön gewesen, mehr Zeit zu haben, uns nicht auf 90 Minuten begrenzen zu müssen. Das hätte uns erlaubt, noch mehr in die Tiefe zu gehen und beispielsweise die Beziehung der beiden Kollegen, mehr auszuleuchten, die ja das erste Mal aufeinandertreffen.

Leichte Orientierungsschwierigkeiten. Hanna Landauer (Ulrike C. Tscharre) und ihr neuer Kollege Lars Röwer (Hanno Koffler) müssen sich in Montevideo erst zurechtfinden.
Leichte Orientierungsschwierigkeiten. Hanna Landauer (Ulrike C. Tscharre) und ihr neuer Kollege Lars Röwer (Hanno Koffler) müssen sich in Montevideo erst zurechtfinden.

© ARD Degeto

Es gibt einen ganz speziellen Soundtrack, die Astor-Piazzolla-Musik des Tangos und des Bandoneons.
TSCHARRE: Durch die Beschäftigung mit dem Tango habe ich noch einmal einen ganz anderen Zugang zu dieser Musik gefunden. Das Bandoneon ist übrigens ein deutsches Instrument, auch wenn das kaum einer weiß. Es sollte eine transportable Kirchenorgel sein, Bach in der Hosentasche sozusagen. 
KOFFLER: Mit Tango-Musik habe ich nichts zu tun, das habe ich vorher nicht gehört und tue es auch nachher nicht. Ich komme aus dem Rock, höre aber breit gefächert, tanze gerne nach elektronischer Musik und höre heute den ganzen Tag Benjamin Clementine. 

Der Beruf des Zielfahnders und des Schauspielers hat einiges gemeinsam ...
TSCHARRE: Viel unterwegs sein, viel warten, viel in Hotels wohnen, nicht wissen, was einen erwartet. Etwas Verbindendes ist tatsächlich dabei. Allerdings gilt das auch für einen Handlungsreisenden.

Sie haben in Montevideo 25 Tage gedreht, in Sechs-Tage-Wochen. Wie gehen Sie mit den langen Abwesenheiten von daheim um?
KOFFLER: Das ist eine Herausforderung, sowohl für die Zielfahnder als auch für mich als Schauspieler. Das Thema Einsamkeit steht natürlich bei der Figur des Zielfahnders im Raum. Mit-sich-alleine-Sein, die Sinnfrage des Lebens. Die Sehnsucht nach Liebe und Zugehörigkeit.

Und wie sieht es mit der Work-Life-Balance eines Schauspielers aus?
KOFFLER: Man ist ja nicht ständig an Orten wie Uruguay. Aber die Idee, einmal pro Jahr an fremden Orten zu sein, finde ich spannend – und in dem Rahmen auch realisierbar.
TSCHARRE: Als Schauspieler teilen wir das Schicksal von jedem Freischaffenden: Es ist wahnsinnig schwer, sein Leben zu planen. Wenn wir gemeinsam mit Freunden ein Ferienhaus mieten, dann weiß ich, dass ich wahrscheinlich diejenige bin, die zwar ihren Anteil zahlt, aber nicht mitfahren kann, weil etwas dazwischenkommt.

Da schließt sich die Frage an, wie es mit den „Zielfahndern“ weitergeht.
TSCHARRE: Anfang nächsten Jahres soll der nächste Film gedreht werden.
KOFFLER: Das Ziel ist es, dass es mit der Reihe im jährlichen Rhythmus weitergeht.

Das Interview führte Kurt Sagatz

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