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Thema Sicherheit in Deutschland: Bekannte Gesichter bei Maybrit Illner

© ZDF

TV-Talk "Maybrit Illner" zu Kriminalität: Sieg für die abwesende Frau Dagdelen

Die Linke Sevim Dagdelen hatte abgesagt für Maybrit Illners Talk zu Sicherheit in Deutschland. Gut so. Denn das Streitgespräch der Gäste war zäh und lieferte Altbekanntes.

Von Til Knipper

Theoretisch hatte es vor der Sendung immerhin zwei Gründe gegeben, dass diese Spezialausgabe von Maybrit Illners Talkshow interessant werden könnte. Erstens hatte Linken-Politikerin Sevim Dagdelen mit großem Tamtam erst wenige Stunden vor der Sendung am Donnerstag ihre Teilnahme abgesagt.

Ihr Nichterscheinen begründete sie damit, dass sie lediglich für ein Streitgespräch am separaten Katzentisch mit der AfD-Vizechefin Beatrix von Storch nicht zur Verfügung stehe. Am großen Tisch durften nur Vertreter von SPD (Fraktionschef Thomas Oppermann), CDU (Vizechefin Julia Klöckner), Grünen (Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth) und der derzeit im Bundestag nicht vertretenen FDP (Vizechef Wolfgang Kubicki) über das Thema „Notruf im Wahljahr - wie sicher ist Deutschland?“ diskutieren.

Nachhaken gab es nicht

Den zweiten Grund hatte Illner mit einem Interview in der aktuellen Ausgabe der „Zeit“ selbst geliefert. Dort hatte sie angekündigt, dass sie AfD-Rechtsaußen Björn Höcke nicht mehr in ihre Show einladen werde. Gleichzeitig sagte sie, Rechtspopulisten seien „dekonstruierbar“: „Wer das will, der muss sich nur noch besser vorbereiten, als dies in der Vergangenheit manchmal der Fall war.“

Zähe 45 Sendeminuten musste der Zuschauer darauf warten, was diese Ankündigung nun für das zum Einzelinterview mutierte Streitgespräch mit von Storch bedeuten würde. Ergebnis: Von Storch ist offenbar nicht rechtspopulistisch genug, als dass sie eine bessere Vorbereitung Illners verdient gehabt hätte. 

Sinngemäß antwortete die AfD-Politikerin auf jede Frage Illners, dass es in Deutschland ein erhebliches Problem mit der Kriminalität von Migranten gäbe wegen der Politik von Merkel. Dieser Taktik hatte die ZDF-Talkerin nichts entgegenzusetzen, hartnäckiges Nachfragen Fehlanzeige. Als Illner gar nichts mehr einfiel, ließ sie sich noch von von Storch bestätigen, dass die AfD in ihrem Programm ein Einwanderungsgesetz nach kanadischem Muster befürworte. Dann flüchtete sie zurück in die große Runde.

Dort war man sich einig, dass Deutschland objektiv immer noch zu den sichersten Ländern der Welt gehöre, man die steigende, subjektive Angst der Bürger vor Kriminalität aber ernst nehmen müsse. Eine Begründung dafür lieferte allerdings keiner der Gäste.

Bullshit-Bingo war schnell durch

Ansonsten gab es das übliche „Jetzt lassen sie mich doch mal ausreden“, „Ein bisschen mehr Respekt, Herr Kollege!“ oder „Sie sitzen doch in der Regierung, warum ändern sie das denn nicht?“  Der Bullshit-Bingo-Zettel für deutsche Polit-Talksshows war schnell ausgefüllt. Aufgrund des Themas musste dann Thomas Oppermann noch sagen, dass es die absolute, perfekte, hundertprozentige Sicherheit nicht geben könne.

Zwischendurch durfte noch die Kommissarin Tania Kambouri, wie schon in fast jeder deutschen Talkshow Werbung für ihr Buch „Deutschland im Blaulicht - Notruf einer Polizistin“ machen, und erzählen, dass ihr ein Migrant bei einem Einsatz fast den Finger abgebissen hätte. Die Politikerrunde und der Journalist Olaf Sundermeyer, Experte für Organisierte Kriminalität, bestätigten überraschenderweise Illners Vermutung, dass man rumänische und bulgarische Banden, die sich in Deutschland auf Einbruchsdiebstähle spezialisiert hätten, aber nicht hier lebten, auch nicht abschieben kann. 

Und weil natürlich auch noch der Fall Anis Amri, des Attentäters vom Breitscheidplatz, zur Sprache kommen musste, forderte dazu noch die Salafistenexpertin Nina Käshage die Einrichtung eines Untersuchungsausschusses im Bundestag. 

Gewinnerin des Abends war eindeutig Sevim Dagdelen, die 75 Minuten Lebenszeit nicht im Studio von Maybrit Illner oder vor dem Fernseher verschwendet hatte.

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