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Drei Generationen: Katharina Thalbach (Mitte) mit Tochter Anna (links) und Enkelin Nellie. Zusammen sind sie „die Rosinskis“.

© ARD

TV-Film "Wir sind die Rosinskis": Drei Generationen Thalbach

Im ARD-Film „Wir sind die Rosinskis“ können die Männer den Frauen nicht das Wasser reichen: Drei Thalbach-Frauen und eine Sozialparodie.

Der sozialkritische Milieufilm würde sich das nicht trauen, mindestens würde er das hinterfragen – wenn eine Imbissbude „Karl Mag's“ heißt. Sie steht in Frankfurt an der Oder, sie ist Treffpunkt derer, die morgen sehr entschlossen anpacken werden, weil sie heute nicht dazukommen. Wobei morgen übermorgen werden könnte, weil gestern schon morgen war. Einerlei, Torben (Milan Peschel) ist in seiner LebenslieblingsDisziplin sehr fleißig: dem Vernichten von Bier, gerne in der Dose, warum nicht auch in der Flasche.

Torben wollte bei „Karl Mag's“ wieder ins Arbeitsleben eintreten. Früher war er Beikoch in einem Chinarestaurant, da passt der Imbiss nicht ganz schlecht. Und er wollte seiner Frau Peggy (Anna Thalbach) und noch mehr seiner Schwiegermutter Angelika (Katharina Thalbach) zeigen, dass er kein Schluffi, kein „Rettich-Schnitzer“, sondern ein ganzer Kerl, ein Ernährer, eben „ein Fels in der Brandung ist“, wie Peggy zu glauben nicht müde wird.

Aufbruch nach Ozeanien

Den könnte die Familie Rosinski bestens gebrauchen. Peggy hält mit einem schlechtbezahlten Job in der Reinigung die vielköpfige Familie mal so gerade über Wasser, mit Mumm und einem Pragmatismus, der aus wenigem das meiste macht. Die älteste Tochter Angelique (Nellie Thalbach) will mit eigenem Schönheitssalon hoch hinaus, die andere, Michelle (Emma Bading), ist Gewalt, Wut, Aggression, Finn (Tilman Döbler) ist speziell, vielleicht hochbegabt, bestimmt ein liebesbedürftiges Träumerchen, Licht und Glück seiner Mutter Peggy. Er will nach Ozeanien und irgendwann bricht er auf.

Jeder/jede hat eine Mutter, Peggys heißt Angelika (Katharina Thalbach). Die Oma vom Rosinski-Clan ist eine toughe Geschäftsfrau mit kriminellem Geschäftssinn. Traktoren in Brandenburg sind dazu da, nach Polen verschoben zu werden. Als sie Torben anstiftet, mit am großen Rad zu drehen, dreht Peggy durch, Das Recht kann gebogen werden, aber niemals gebrochen! Die Mutter und Oma bekommt Hausverbot. Was kein einziges Problem löst und schon gar nicht das gravierendste: Der fiese Sachbearbeiter aus der Abteilung Härtefälle im Arbeitsamt, Herr Frank (Daniel Krauss) also fordert die Miete ein, sonst... Peggy Rosinski braucht jetzt eine Lösung, noch dazu eine, die zum Problem passt.

„Wir sind die Rosinkis“ hat da schon eine gute Strecke des 90-Minuten-Weges absolviert. Das Tempo hat nicht abgenommen, der Witz ist auf Flughöhe geblieben, die Spielfreude ist weiter mehr als bemerkenswert – der Zuschauer sieht eine Sozialparodie, die glattwegs auch als Parodie auf die laufende ARD-Woche „Zukunft der Arbeit“ gesehen werden kann. Parodie klingt immer ein wenig nach Verrat am Thema, an der Sache, an den Betroffenen. Witz auf Kosten der anderen, Sie wissen schon. Das Buch von Johannes Rotter und Anika Soisson hält die Rosinskis in Frankfurt (Oder) fest, es gibt keinen ideologischen Überbau, viel mehr die kleine subversive Botschaft ausgestreut, dass Arbeit nicht immer eine Heldentat sein muss und Müßiggang der Laster Ausweg sein kann.

Wie in der Villa Kunterbunt

Lässt sich alles in die 90 Minuten hinein sehen und hinein denken, oder aber – und besser – der Zuschauer überantwortet sich dem Groove und dem Look dieser Villa Kunterbunt. Dem Soundtrack der Sängerin Jasmin Shakeri, des DJ-Duos Beathoavenz, der gutgeschmierten und altbekannten Popsongs, der pass- und figurengenauen Inszenierung von Regiedebütant (!) David Gruschka, der dann bremst und dann Gas gibt, auf dass die Pointen nicht zum Kalauer plattgefahren werden.

Achse der Filmbewegung sind die Rosinski-Frauen der drei Thalbach-Frauen als Oma, Tochter und Enkelin. Anna schaut durch ihre Achtziger-Nena-Frisur mit den blauesten Augen ever in die Welt, ihre Peggy hat den Punk und manchmal auch nicht den notwendigen Durchblick. Katharina Thalbach als Angelika Rosinski hat erkennbar einen Riesenspaß an der Mafiosi-Oma, während Nellie Thalbach vorführt, dass eine geborene Thalbach offenbar immer eine geborene Schauspielerin ist.

Die Männer in der Rosinski-Komödie können den Frauen nicht das Wasser reichen, was Tat- und Willenskraft angeht. Schluffis halt und nicht eben die hellsten Leuchten am Christbaum. Aber der Torben, der Torben hat ein Riesenherz. Da passen sie alle rein, auch die angenommene Tochter und die eisenharte Schwiegermutti. Milan Peschel zieht die Figur weit auf und doch überzieht er sie nicht. Er spielt Torbens Niederlagen als halbe Siege aus.

Und warum geht es am Ende so halbwegs, also für den Moment gut aus? „Weil wir die Rosinskis sind.“

„Wir sind die Rosinskis“, ARD, Freitag, um 20 Uhr 15

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