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Wie weiter?  Im Polizeirevier steigt die Nervosität nach Volts (Benno Fürmann, Mitte) Tat immer weiter.

© Augenschein Filmproduktion/Arte

TV-Drama mit Benno Fürmann: Wenn es eskaliert

Schuld und Sühne: Benno Fürmann ist als Cop mit der Flüchtlingspolitik konfrontiert.

„Wir sind da, auch wenn ihr uns nicht seht. Und wir sind viele“, spricht der Flüchtling Hesham aus dem Off zu Beginn dieses Spielfilms. „Volt“ ist eine Dystopie, aber die Krimi-Geschichte mit Benno Fürmann in der Hauptrolle, die die globalen Migrationsbewegungen scheinbar ausweglos auf eine Katastrophe hin zuspitzen lässt, wirkt besonders aufgeladen in diesen Zeiten, wo über Abschiebung, Grenzregime und Transitzentren gestritten wird.

Das kann die Lösung nicht sein: Die Polizei sichert in „Volt“ auf äußerst rabiate Weise Übergangszonen in der Grenzregion zwischen Saarland, Luxemburg und dem Elsass. Soziale Unruhen haben Frankreichs Vorstädte erschüttert. Abgeschobene Personen sollen vom Rest der Bevölkerung ferngehalten werden. Der deutsche Polizist Volt tötet während eines Einsatzes im Zweikampf den Flüchtling Hesham. Zeugen gibt es nicht. Die Tat bleibt unbestraft.

Volts Schuldgefühle, die den Polizisten langsam in die Verzweiflung treiben – eine Paraderolle für Benno Fürmann, einer der wenigen deutschen Schauspieler, die es verstehen, Typen zu spielen, die ihr Sixpack zur Schau tragen und sich gleichsam in ihrer Männerhaut, ihrer Männerrolle nicht wohlzufühlen scheinen. Der Körper als Panzer? Funktioniert nicht mehr. Man denke nur an Christian Petzolds Drama „Wolfsburg“, wo Fürmann als Autohändler ein Kind überfuhr und ebenfalls mit der Schuld leben muss. Viel mehr Worte spricht der Schauspieler auch in „Volt“ kaum, selbst dann nicht, als er die jüngere Schwester (gespielt von der Soulsängerin Ayo) des von ihm getöteten Flüchtlings kennen- und lieben lernt. Trotzdem ist es so, als könne man diesem verzweifelt um seinen Seelenfrieden ringenden Polizisten in jeden Winkel seines Bewusstseins folgen.

Ein ungewöhnlicher junger Filmemacher

Auch eine Leistung des deutsch-palästinensischen  Regisseurs Tarek Ehlail („Chaostage – We Are Punks“, Gegengerade“), ein ungewöhnlicher junger Filmemacher, Schulabbrecher und erfolgreicher Boxsportler. Anders als Petzold in seiner kontemplativen Arbeit rückt Ehlail seinen Helden mit wuchtigen Nahaufnahmen (Kamera: Mathias Prause) auf die Pelle. Eine Welt aus Muskeln, Schweiß und vernarbten Gesichtern. Dagegen Bilder der Stille: Volt allein im Reihenhaus, nichts Persönliches, keine Familie. Nachts wälzt sich der Polizist in seinem Bett, taucht ein in eine Art Doppelleben und erfährt, wie die Unruhen infolge seiner Tat immer mehr eskalieren.

Viel Druck auf dem Kessel, ein meisterhaftes, dräuendes Cop-Drama (Musik: Alec Empire), bei dem man am Ende nicht weiß, worüber man sich mehr wundern soll: darüber, dass die Toten von den Polizisten unentwegt „Blackies“ genannt werden, darüber, dass all die Gewalt doch so wenig Spuren bei den Beteiligten hinterlässt, Gewalt als Nährboden für immer neue Gewalt. Oder darüber, was für eine fabelhafte Besetzung Benno Fürmann für Schuld-und-Sühne-Stories dieser Art ist.

„Volt“, Donnerstag, Arte, 23 Uhr 20

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