zum Hauptinhalt
„Es gibt noch viele deutsche Geschichten zu erzählen“, sagen die Macher von „Trüberbrook“, einem Abenteuerspiel, das in der tiefen Provinz spielt.

© bildundtonfabrik

"Trüberbrook": Heimat als Videospiel

Deutsche Geschichten sind in Computerspielen die Ausnahme: Warum sich Jan Böhmermann für das Video-Game „Trüberbrook“ engagiert.

Jan Böhmermann ist ein verrückter Wissenschaftler, der in einem heruntergekommenen Sanatorium arbeitet. Das ist keine Beschreibung seiner Fernsehsendung, sondern des Videospiels „Trüberbrook“, das von Dienstag an digital für den PC zu kaufen ist.

Entwickelt wurde es von der in Köln sitzenden bildundtonfabrik, die sonst für Fernsehsendungen wie das „Neo Magazin Royale“ mit verantwortlich zeichnet. Einen großen Teil der Entwicklungsarbeit haben jedoch fünf Männer und Frauen bewältigt, die in einem neugegründeten Studio in Kreuzberg sitzen. „Es war von Anfang an die Grundidee, das Spiel in Deutschland spielen zu lassen“, erzählt der 35-jährige Florian Koehne, Autor, Gamedesigner, Regisseur und Initiator von „Trüberbrook“.

Der Plot des Adventures ist recht schnell erzählt: Hans Tannhauser hat eine Reise zum beschaulichen Örtchen Trüberbrook in Westdeutschland gewonnen – wir schreiben das Jahr 1967. Hans ist Quantenphysiker und möchte in der Stille der Provinz an einer Abhandlung arbeiten. Doch wird ihm diese geklaut. Damit beginnt ein Abenteuer, in dem es schnell um viel mehr geht als das Zurückerlangen seiner Schriften – plötzlich brechen Außerirdische und andere mysteriöse Umstände mit der Beschaulichkeit. Auf seinem Weg trifft Tannhauser auf einige skurrile Figuren, die gekonnt mit deutschen Klischees spielen. Sei es Trude, die forsche Besitzerin der Pension, oder der Freiherr von Sülz, der den Tag damit verbringt, sich über einen wackelnden Tisch aufzuregen.

Mal keine Weltkriegs-Simulation

Videospiele, die in Deutschland handeln, gibt es nicht viele. Vor allem, wenn man abseits der beiden Weltkriege als Szenario sucht. „Es gibt so viele Serien, Filme und auch Videospiele, die regional verortet sind und mit den Bräuchen einer bestimmten Gegend spielen“, sagt Koehne. Doch handele es sich dabei eben zumeist um die USA. „Das Genre des Heimatfilms gibt es in Deutschland ja schon. Man kann sagen, dass wir an einem Heimatspiel gearbeitet haben“. Und dann sei es besonders spannend, sich den Blick von außen vorzustellen: „So ein kleines deutsches Städtchen hat doch etwas sehr skurriles, geradezu exotisches“.

Gefördert wurde das Spiel vom Medienboard Berlin-Brandenburg. Im November 2017 starteten die Entwickler zusätzlich eine Kickstarter-Kampagne. Das Finanzierungs-Ziel waren 80 000 Euro. Schlussendlich wurden es knapp 200 000 Euro mit 5078 Unterstützern.

„Trüberbrook“ sei für die bildundtonfabrik ein Herzensprojekt gewesen, erzählt Hans Böhme. Er ist Lead Artist, hat also an den 3D-Umgebungen und -Gegenständen des Spiels gearbeitet. Aus diesem Grund sei es naheliegend gewesen, Jan Böhmermann in das Spiel einzubauen. Doch hat Böhmermann den Kickstarter des Spiels vor der Veröffentlichung beworben - mit handgemachten Modellen der Landschaften und Gebäude des Spiels.“ Denn die Grafik von „Trüberbrook“ basiert auf genau solchen Modellen, die aufgenommen und digitalisiert wurden. Dadurch sieht das Spiel aus wie ein kleines Heimatmuseum.

Böhmermann, Tschirner, Lutzow: Prominente Sprecher

Böhmermann sei von Anfang an interessiert gewesen an dem Projekt, sagt Koehne. Und schon damals habe er gesagt, dass er eine Sprecherrolle übernehmen möchte. Neben ihm haben auch andere prominente Sprecher ihren Weg in das Spiel gefunden: Die Schauspielerin Nora Tschirner und der Sänger der Band Tocotronic, Dirk von Lutzow.

Koehne ist froh darüber, dass er diese Unterstützung bekommen hat. Die Berichterstattung zu dem Spiel kam richtig in Fahrt, als Böhmermann es zum ersten Mal auf Twitter bewarb. „Es hieß dann oft, ,Trüberbrook‘ sei das neue Spiel von Jan Böhmermann. Das tut dem Spiel und dem Team aber etwas unrecht“, betont Koehne. „Trüberbrook“ ist das erste größere Spiel der bildundtonfabrik. Darum habe man sich für ein Adventure entschieden, denn in diesem Genre könne man gut eine Geschichte erzählen und müsse nicht so viele Ressourcen in die Spielmechaniken stecken – am PC gilt es, durch Mausklicks die Spielfigur zu bewegen, bestimmte Gegenstände zu kombinieren und so Rätsel zu lösen.

Das Adventure ist zudem ein ziemlich deutsches Genre, findet hier noch immer großen Anklang. Nominiert wurde „Trüberbrook“ kürzlich für den Deutschen Computerspielpreis – in gleich vier Kategorien. Vermutlich weil es in Deutschland spielt und Konzepte wie Heimat und Fremde erörtert. „Es gibt noch so viele deutsche Geschichten zu erzählen“, sagt Hans Böhme. Mythen und Sagen ebenso wie Zeitgeschichte im Großen und im Kleinen. Und wer weiß, vielleicht gibt „Trüberbrook“ hier ja einen Impuls: das Heimatspiel als neues Genre.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false