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Erschüttert: Max Ballauf (Klaus Behrendt, rechts) und Freddy Schenk (Dietmar Bär) müssen den Brandstifter finden, der drei Kinder ums Leben brachte.

© WDR/Uwe Stratmann

Tödliche Brandstiftung: Ben Becker und Susanne Wolff brillieren im Kölner "Tatort"

In Köln geht ein Serien-Brandstifter um, drei Kinder sterben. Dieser "Tatort" geht unter die Haut, vor allem durch Susanne Wolff und Ben Becker.

Eine „Tatort“-Folge wie diese kann kein versöhnliches Ende haben. Wenn bei einem mit Absicht herbeigeführten Brand eines Wohnhauses drei kleine Kinder in ihren Betten zu Tode kommen, wird auch die Überführung des Täters – die der Zuschauer vom ARD-Sonntagabendkrimi erwartet – keinerlei Erlösung bringen. Dafür hat Regisseur Torsten Fischer bei diesem Kölner „Tatort“ nachhaltig gesorgt. Gleich mehrfach werden die verkohlten Kinderärmchen ins Blickfeld genommen. Die Kamera scheint sich geradezu an den surrealen Bildern zu weiden, an dem Kontrast von verbranntem Leben und gleich daneben der vermeintlichen Normalität von intakt gebliebenen Einrichtungsgegenständen. Kein Wort wird in den ersten Minuten am Tatort gesprochen, die Kommissare Max Ballauf (Klaus Behrendt) und Freddy Schenk (Dietmar Bär) wechseln nur vielsagende Blicke mit den Feuerwehrleuten, die sich in Slow Motion durch die Szenerie bewegen.

Der Einstieg in „Der Fall Reinhardt“ mag unnötig drastisch ausgefallen sein, doch es ist keine billige Effekthascherei, die Regisseur Fischer damit betreibt. Hinter dieser Tragödie verbirgt sich ein Drama (Buch: Dagmar Gabler), das dieser Film sehr behutsam offenlegt.

Der Feueralarm in der Villa gehört offenbar zu einer ganzen Serie von Brandanschlägen in Köln. Und der Täter scheint unter Zeitdruck zu stehen, die Abstände zwischen den Anschlägen haben sich halbiert. Erst acht, dann vier, nun zwei Tage liegen dazwischen. Für Ballauf und Schenk läuft die Uhr. Die Mutter der Kinder, die den Brand überlebt hat und in der Nähe des Hauses aufgefunden wurde, ist ihnen keine Hilfe. Karen Reinhardt (Susanne Wolff) hat zwar nur eine leichte Rauchvergiftung erlitten, ihre Verletzung sitzt tiefer. „Das kann doch gar nicht sein, wir haben Brandmelder. Wo sind meine Kinder? Ich will zu meinen Kindern“, schreit sie nur noch und ist offensichtlich nicht in der Lage, die bittere Wahrheit an sich heranzulassen.

Und der Ehemann? Ben Becker ist nicht aufzufinden

Und der Ehemann und Vater? Ist nicht aufzufinden. Von seinem Arbeitgeber erfahren die Kommissare, dass Gerald Reinhardt, gespielt von Ben Becker, schon seit zwei Jahren nicht mehr als Luftfahrtingenieur arbeitet – er wurde aus Rationalisierungsgründen entlassen. Doch bei der Suche nach der Herkunft der Benzinkanister, in denen sich der Brandbeschleuniger befand, ergeben sich andere, vielversprechende Spuren.

Ein wenig Ablenkung bietet der neue Assistent von Ballauf und Schenk. 14 Jahre lang hatte Franziska Lüttgenjohann (Tessa Mittelstaedt) die Kommissare unterstützt, Anfang Januar überlebte sie eine Geiselnahme nicht. Eine dauerhafte Neubesetzung der Rolle ist zunächst nicht vorgesehen, dabei hätte Tobias Reisser (Patrick Abozen) durchaus das Zeug dazu. Der neue Kollege macht schnell deutlich, dass er mehr als Kaffeeholen kann, und übernimmt gerne die Initiative, um die Ermittlung voranzutreiben.

„Der Fall Reinhardt“ ist kein Krimi von der Stange, weder vom Thema noch von der Inszenierung und schon gar nicht mit Blick auf die Darsteller. Susanne Wolff („Mobbing“, „Dreileben“) verschmilzt völlig mit ihrer Rolle. Die Schauspielerin, die seit 2009 zum Ensemble des Deutschen Theaters in Berlin gehört, zeigt das Leiden von Karen Reinhardt in all seinen Facetten. Vom anfänglichen Verlust des Gedächtnisses über das langsame Herantasten an die Realtität bis hin zu dem Punkt, an dem ihr Verstand die Wahrheit nicht länger ignorieren kann.

Nicht weniger vielschichtig ist die Rolle des aus der Bahn geworfenen Ehemanns und Vaters, eines Akademikers, dessen einst erfolgreiches und ausgefülltes Leben urplötzlich zerstört wurde. Ben Becker spielt ihn als Mann, der sich nach außen in sein Schicksal gefügt und der rein intellektuell die Situation akzeptiert hat, doch in dessen Innerem es gewaltig brodelt. Beides – die wahnsinnige Karen Reinhardt und ihr Mann als tickende Zeitbombe – ist nur schwer auszuhalten. Was durchaus beabsichtigt ist. So will der Film nicht zuletzt zeigen, wie schnell aus einer perfekten Traumfamilie ein Albtraum werden kann, wenn man nicht gelernt hat, mit den Rückschlägen des Lebens umzugehen. Und die Leidtragenden sind allzu oft die Kinder.

„Tatort: Der Fall Reinhardt“, ARD, Sonntag, 20 Uhr 15

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