zum Hauptinhalt
In sexueller Knechtschaft. Ein Horrorszenario über ein fernes frauenfeindliches USA der Zukunft. Desfred (Elisabeth Moss) wagt den Ausbruch.

© 2019 MGM & Relentless Prod., L

„The Handmaid's Tale“ auf Tele 5: Schreie statt Orangen

Über ein gar nicht so fernes frauenfeindliches USA der Zukunft: Tele 5 bringt die beklemmende Dystopie „The Handmaid’s Tale“ als Free-TV-Premiere.

Ein Gottesstaat, in dem Frauen zu Gebärmaschinen degradiert sind – kaum ein Buch aus den vergangenen Jahrzehnten hat so viel Diskussionen ausgelöst wie „Der Report der Magd“ von Margaret Atwood. Es ist bereits 1985 erschienen, bekannt geworden vor allem durch die preisgekrönte Serienverfilmung „The Handmaid’s Tale“.

Es werden nicht so viele sein, die sich das vor zwei Jahren im Pay TV bei Entertain TV angeschaut haben. Passend zur Booker-Preis-Verleihung an Margaret Atwood vor wenigen Tagen und von einer großen Werbekampagne begleitet bringt nun Tele 5 eines der besten Formate der jüngeren Seriengeschichte ab Freitag ins Free TV [„The Handmaid’s Tale“, Tele 5, von Freitag bis Dienstag, jeweils zwei Folgen, ab 22 Uhr, auch in der Mediathek].

Und das sogar recht Bingewatch-freundlich und mit gutem Gespür für den Zeitgeist: Der kleine Münchner Privatsender zeigt die erste Staffel der preisgekrönten Produktion an fünf aufeinanderfolgenden Abenden, jeweils in Doppelfolgen. Es handelt sich um eine Dystopie, in naher Zukunft angesiedelt, wo es in Büchern und Filmen eben von Worst-Case-Szenarios nur so wimmelt.

Wer den bloßen Plot liest, bekommt ein Gefühl dafür, wie nahe das sein kann. In Amerika haben atomare Katastrophen, Umweltzerstörung und Geschlechtskrankheiten zu weitestgehender Unfruchtbarkeit geführt. Es bildet sich der christlich-fundamentalistische Staat Gilead heraus. Um den Fortbestand der Menschen zu sichern, sind Frauen entmündigt worden und werden als Reproduktionssklaven gehalten.

Einzige Bestimmung ist es, den Haushalt zu führen und Kinder zu gebären. Das liest sich beklemmend und noch beklemmender wird es beim Anschauen der Serie, wenn die Protagonistin von ihrem Herrn und Gebieter (Joseph Fiennes als zweifelnder „Kommandant“) im Beisein von dessen – vermeintlich unfruchtbarer – Ehefrau sexuell missbraucht, oder man müsste hier fast besser sagen, vereinnahmt wird.

„Gesegnet sei die Frucht, möge der Herr uns öffnen"

Schon die ersten Szenen, eine Flucht, genauer, eine Hetzjagd, verraten, wer in dieser Serie das Sagen hat. Im Gesicht von Elisabeth Moss (bekannt aus der 1960er Jahre-Werber-Serie „Mad Men“, die ein ähnlich deprimierendes Frauenbild vermittelt wie „The Handmaid’s Tale“) spiegeln sich Ängste und Sehnsüchte, Trotz und Wut. Der Schrecken der Welt in einem Augenaufschlag, im Zucken des Mundwinkels, in einem Schrei, als ihr am Ende jener vergeblichen Flucht im Wald die Tochter aus der Hand gerissen wird – das Ende ihres Lebens als June, der Beginn ihrer Existenz als Magd Desfred.

Diese versucht fortan Widerstand im Gottesstaat anzuzetteln (ihr Kommentar aus dem Off: „Ich will keine Orangen, ich will schreien“) . Dessen Motto: „Gesegnet sei die Frucht, möge der Herr uns öffnen.“

Viel Tränen, Blut und auch Grausamkeit. Ein Horrorszenario über ein offenbar gar nicht so fernes frauenfeindliches USA der Zukunft, das es dem Zuschauer nicht leicht macht. Trotzdem oder gerade deswegen wurde die Serie in mehreren Kategorien mit Emmys und Golden Globe Awards ausgezeichnet. „The Handmaid’s Tale“ ist die erste Serie eines Video-on-Demand-Portals, die den wichtigsten US-amerikanischen TV-Preis als beste Dramaserie gewinnen konnte.

Das Ganze als Free-TV-Premiere nun nicht bei ZDFneo oder Arte, sondern bei Tele 5, dem kleinen Privatsender, der sich bislang, bei aller Liebe zu „Dexter“ und „Californication“, nicht gerade durch permanente Ausstrahlung von Qualitätsserien hervorgetan hat. In München ist man stolz auf den Einkauf dieser Serie, die bei Magenta TV bereits in die dritte Staffel gegangen ist.

„Herbert Kloiber, der Jüngere, hat beste Kontakt in die Filmbranche“, sagt Senderchef Kai Blasberg. Im Grunde ist die Premiere dem gutem Geschmack von Blasbergs Frau zu verdanken. „Wir waren nicht so knausrig wie sonst, da ich zu Hause mal wieder punkten musste. Weil es die Lieblingsserie meiner Frau ist, trafen sich alle Enden zusammen in meinen Händen.“ Manchmal ist es gut, über sein Privatleben zu reden.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false