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Der Tod eines Kollegen macht Freddy Schenk (Dietmar Bär, li.) und Max Ballauf (Klaus J. Behrendt) zu schaffen.

© WDR/Thomas Kost

„Tatort“ aus Köln: Einer dieser redlichen Filme

Der Kölner „Tatort - Kaputt“ erzählt von der Gewalt gegen Polizisten und was sie auslösen kann. Und von einer genervten Polizei, die sich abschottet.

Ein junger Streifenpolizist wird in einem leer stehenden Haus zu Tode geprügelt. Seine ebenfalls angegriffene und verletzte Kollegin Melanie Sommer (Anna Brüggemann) erinnert sich an nichts mehr. Sie waren zu dem Haus gefahren, weil sich ein Nachbar über Ruhestörung beschwert hatte. Die Kölner „Tatort“-Kommissare Ballauf (Klaus J. Behrendt) und Schenk (Dietmar Bär) bekommen es am Pfingstmontag mit einem drastischen Fall von Gewalt gegen Polizeibeamte zu tun, womit die Programmplaner bei der ARD beweisen, dass sie womöglich tatsächlich einen Plan haben.

Denn just fünf Tage vor der Ausstrahlung der Folge „Kaputt“ hatte das Bundeskriminalamt (BKA) seinen jährlichen Lagebericht „Gewalt gegen Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamte“ veröffentlicht. Demnach wurden im vergangenen Jahr 81 Polizistinnen und Polizisten Opfer von versuchtem Mord und versuchtem Totschlag – glücklicherweise kam in der Realität niemand ums Leben.

Um Risiken und Stress im Polizeiberuf, auch um das angespannte Verhältnis zwischen Polizei und Bürgern geht es beinahe in jedem Krimi mal mehr, mal weniger. In „Kaputt“ rückt das Thema in den Mittelpunkt, allerdings manchmal auf recht anstrengende Weise. Es wird viel gebrüllt und aus der Haut gefahren, was schauspielerisch nicht immer überzeugt und im Krimi leicht den Eindruck erweckt, man wolle mit Lautstärke über mangelnde Spannung hinwegtäuschen.

Sogar der sonst so gemütliche, schlimmstenfalls maulige Jütte (Roland Riebeling), der in dieser Folge als Kandidat für den Personalrat unerwartetes Engagement zeigt, gerät außer sich und mit seinem Chef Ballauf aneinander. Der gibt den aufrechten, wie in jungen Jahren aufbrausenden Ermittler, der auch konsequente Recherchen in den eigenen Reihen nicht scheut.

Aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet

Schenk wiederum ist in diesem gereizten Umfeld der Vermittler und Ruhepol. Ohne zu viel zu verraten, lässt sich sagen, dass das Finale nicht ohne Folgen zumindest für den nächsten Kölner „Tatort“ bleiben müsste – auch wenn sich der WDR mit diesem altgedienten Team bisher nicht allzu sehr um horizontales Erzählen bemüht hat.

Sehr schnell wird klar, wer an der Tötung des Polizisten beteiligt war – und schon bald wird der drogenabhängige Ben Theissen (Hauke Diekamp), der am Tatabend in seinem alten Elternhaus mit einigen Freunden feierte, selbst erschossen. Das Haus gehört nun seinem älteren Bruder Thomas (Ronny Miersch), dem Besitzer eines feinen Restaurants, der Ben für einen Versager hält.

Die Zuschauer sind den Kommissaren einen wichtigen Schritt voraus, kennen bereits Bens kleine Drogenclique, während Ballauf und Schenk sich zunehmend auf der von Bernd Schäfer (Götz Schubert) geleiteten Polizeiwache unbeliebt machen. Dass die Kommissare nun den Mord an dem Junkie genauso eifrig aufzuklären versuchen wie den an ihrem Polizeikollegen, stößt dort vielen auf – wobei dies mehr behauptet als erzählt wird.

Drehbuchautor Rainer Butt hat in den 1990er Jahren als Polizeireporter in Hamburg gearbeitet. In „Kaputt“ zeichnet er gemeinsam mit Christine Hartmann (Regie, Buch) das Bild einer männlich dominierten, von Beschimpfungen und Angriffen schwer genervten Polizei, die sich nach außen abschottet.

In dieser geschlossenen Gesellschaft hat es ein schwules Paar schwer – das Opfer war mit dem Kollegen Stefan Pohl (Max Simonischek) liiert – und dürfen Frauen keine Schwäche zeigen.

„Kaputt“ ist einer dieser redlichen Filme, die ihr Thema, auch wenn es sich „nur“ um einen Krimi handelt, aus verschiedenen Blickwinkeln behandeln. Das ist nicht das Schlechteste, was man über einen „Tatort“ sagen kann, auch wenn es für diese Folge keine Preise geben dürfte.

„Tatort – Kaputt“, ARD, Montag, 20 Uhr 15

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