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Es hätte funktionieren können: Benjamin von Stuckrad-Barre (r.) und sein Regisseur Christian Ulmen starteten die Talkshow "Stuckrad Late Night".

© dapd

Stuckrad Late Night: Von Plattitüden, Überpiepsung und Ironieresistenz

Stuckrad-Barre startet am Donnerstagabend die zweite Staffel seiner Talkshow „Stuckrad Late Night“. Sein Gast, der CSU-Politiker Michael Glos, erwies sich allerdings als gehörig ironieresistent.

Michael Glos glaubt an die Kraft der Liebe und kauft seine Unterwäsche beim Discounter. „Wow“, konnte man da nach ein paar Minuten „Stuckrad Late Night“ noch denken. Eine Talkshow, die gleich in den ersten Minuten solche Offenbarungen aus dem sprödesten aller spröden CSU-Hardliner herauszukitzeln vermag. Was mag da noch alles kommen? Wenig, wie der weitere Verlauf der Premiere der zweiten Staffel der Donnerstagabend-Talkshow auf ZDF Neo zeigte.

Dabei klang der Plan des Gastgebers eigentlich recht vielversprechend. Direkt vor seiner Sendung hatte der Ex-Pop-Literat und heutige Springer-Reporter Benjamin von Stuckrad-Barre selbst noch in der Sendung „Neo Paradise“ bei Joko und Klaas auf dem Sofa gesessen und die Idee seiner Show, deren erste Staffel zwischen Dezember 2010 und Mai 2011 ausgestrahlt wurden, so umrissen: „Also, da sitzen junge, sympathische Leute, die nicht freiwillig in diesen Knast zu Maybrit Illner gehen, die so was sonst nicht sehen wollen“, pöbelte er mit Blick ins Publikum, „und die konfrontieren wir mit den großen Entscheidern aus der Politik und mit denen machen wir so Spiele.“

Die Talkshow als Persiflage der Talkshow und Politik als Kindergarten: Das klingt gaga, hätte aber funktionieren können, wenn Stuckrad-Barre und sein Regisseur Christian Ulmen, der diesmal auf einen Auftritt verzichtete, gewillt gewesen wären, den Nonsens der ersten zehn Minuten auch durchzuhalten. Da hampelte Stuckrad-Barre einfach in dem mit Deutschlandfähnchen und bunten Leuchtquadern renovierten Studio herum, leierte sich durch den Bundespräsident Christian Wulff gewidmeten Andrea Berg Schlager „Du hast mich tausendmal belogen“ und bestürmte den Ex-Bundeswirtschaftminister Glos mit Fragen zu Calvin-Klein-Unterwäsche und ob er tatsächlich das Gewicht von Schweinen allein durchs Anschauen schätzen könne.

Doch dann beging Stuckrad-Barre den Fehler, tatsächlich eine Sendung anzufangen. Ein Gespräch über „Persönliche Belastungen in der Politik und wie sich diese in den letzten 35 Jahren verändert haben“ scheiterte nicht nur an dem Unwillen Glos' irgendetwas zu beichten oder anzuprangern, sondern auch, weil es dem Moderator nicht gelang, seinen Gast jenseits von Plattitüden zu provozieren. Fragen vom Kaliber „Und, wie war die Woche so?“ mögen als postmodern ironischer Kommentar auf die Arbeit der Talkshow-Kollegen gelesen werden. Gegen Glos, von dem man gelegentlich den Eindruck hatte, er verstehe gar nicht, was um ihn herum passiert, erwiesen sie sich als unbrauchbar.

Ironie und CSU, das ging irgendwie nicht zusammen. Doch selbst wenn, ist fraglich, ob das ein Spiel wie das folgende wechselseitige Vorlesen von Zeitungs-Bildunterschriften à la „Den Morgen beginnt Peter Kraus auf dem Trampolin und dann beginnt er mit seinem Sport“ gerettet hätten. Die Idee war so unlustig wie das durch Überpiepsung zur Zote entstellte Mini-Interview mit CSU Politikerin Dorothee Bär.

Stimmung kam erst auf, als Glos in einer simulierten Pressekonferenz als frisch ernannter Außenminister zur Situation im Sudan Stellung nehmen sollte und stattdessen in holperigem Englisch über den Euro schwadronierte. Wobei bezeichnend war, dass diese Selbstdemontage nicht von Stuckrad-Barre, sondern vom Journalisten und Co-Moderator Hajo Schumacher initiiert wurde, der wie bereits in der ersten Staffel zusammen mit dem ehemaligen Brandenburger Innenminister Jörg Schönbohm die Show aus der Loge kommentierte.

Nach 45 Minuten war Schluss. „War okay, oder?“ fragte Stuckrad-Barre in Richtung Schönbohm. „Nee“, sagt der. „Du musst dir mehr Mühe machen!“ Er hatte Recht.

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