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Wer wird Deutscher Meister? Da kann „Sportschau“-Moderatorin Jessy Wellmer noch so sehr auf Spannung machen: Die Frage scheint nach der Hinrunde beantwortet.

© WDR/Herby Sachs

„Sportschau“ mit Quotendelle: Zentrum der Freude

Langeweile und Pandemiewellen: Der Fernsehfußball hat Zuschauer verloren. Das liegt wohl auch daran, dass eine Frage so gut wie entschieden ist.

Im Grunde wirkt das wie ein Paradox, wo jetzt, in der verschärften Pandemie, doch gefühlt wieder mehr Menschen vorm Fernseher sitzen: Die Samstag-„Sportschau“ hat in der Bundesliga-Hinrunde Zuschauer verloren. In der Corona-Saison 2020/21 waren die Zuschauerzahlen noch gestiegen. Fußballgucken schien, zumindest temporär, immer etwas Ablenkung von der Krise zu bringen. Jetzt gab es Verluste von teilweise mehr als 20 Prozent. Das in Zeiten stärkerer Corona-Einschränkungen und leerer Stadien. Was bleibt Fans anderes übrig, als sich am Wochenende auf der TV-Couch auf Bundesliga-Highlights zu freuen?

Alles nur eine Spannungsfrage, weil Bayern München wieder mal vorzeitig Meister zu werden droht? Die Zahlen sind jedenfalls eindeutig. Die „Sportschau“ am Samstag hatte in der Hinrunde einen Durchschnitt von 4,03 Millionen (4,79 Millionen Zuschauer in der Vorsaison).

Das ZDF-„Sportstudio“ sahen im Schnitt 1,79 Millionen (zwei Millionen im Vergleichszeitraum). „In absoluten Zahlen ist der Zuspruch geringer geworden“, erklärte das ARD-Sportkoordinator Axel Balkausky gegenüber dpa und verwies auf die für TV-Macher mindestens genauso wichtigen Werte: „Die Marktanteile am Samstag sind besser als im vergangenen Jahr.“

Die Quintessenz: „Es schauen insgesamt weniger Leute Fernsehen.“ Vor allem in den Monaten bevor die Corona-Zahlen wieder drastisch stiegen, sei „die Lebensfreude“ nach Einschätzung des ARD-Sportkoordinators oft größer als das Fußball-Interesse gewesen.

Den Trend bestätigt ein Sprecher das Erste dem Tagesspiegel. „Im ersten Halbjahr 2021 lag die tägliche Sehdauer, also die Zeit, die jeder Bürger durchschnittlich mit dem Fernsehen verbrachte, bei 227 Minuten, so hoch wie im ersten Halbjahr 2020. Aber: 214 Minuten im zweiten Halbjahr 2020 stehen 198 Minuten im zweiten Halbjahr 2021 gegenüber.“ Oder anders ausgedrückt, mit Zahlen der ARD-Fernsehforschung: Waren es im ersten Halbjahr 2021 durchschnittlich 11,8 Millionen TV-Zuschauer am Tag, sind es im zweiten Halbjahr 10,3 Millionen, ein Rückgang von 13 Prozent.

Diese Zahlen machen auch ZDF-Sportchef Thomas Fuhrmann die Analyse leichter. „Wir müssen feststellen, dass der Markt offensichtlich kleiner geworden ist, dadurch sinkt die absolute Zahl, gleichzeitig steigt der Marktanteil.“

Bayern München hat neun Punkte Vorsprung

Die Corona-Krise hat Einfluss auf die Sehbeteiligung. Erstaunlich schon, wie es im Sommer losging. An den ersten beiden Spieltagen sahen weniger als drei Millionen Menschen die Zusammenfassungen der Samstagsspiele in der „Sportschau“ der ARD.

Als „historisch schlecht“ stufte Balkausky die Zahlen im August ein. Auch beim Pay-TV-Sender Sky gab es beim Erstliga-Fußball weniger Zuschauer als in der Corona-Saison 2020/21. Bei den Übertragungen am Samstag ab 15 Uhr 30 schauten nach Senderangaben in der Hinrunde 1,66 Millionen zu – ein Minus von 14 Prozent.

Vielleicht ist die, trotz Pandemie, schwächelnde Lust auf Fernsehen generell ein Grund, vielleicht hat es schon auch was mit fehlender Spannung in der Liga zu tun. Die Frage „Wer wird Deutscher Meister?“ scheint nach 17 Spieltagen geklärt. Bayern München hat neun Punkte Vorsprung.

An der Präsentation liegt es nicht. Da kann die „Sportschau“ wenig zündeln. Auch die Champions League (CL) unter der Woche entfachte mit dem schwachen Abschneiden der meisten deutschen Clubs wenig Enthusiasmus vorm Bildschirm, wobei die Internetsender Dazn (CL, freitags und sonntags live Bundesliga) und Amazon Prime (neu mit dem CL-Topspiel am Dienstagabend) keine Zahlen veröffentlichen. Ein Nischensender dürfte hoch zufrieden sein.

Sport 1 zog erstmals mit den Top-Partien der Zweiten Liga am Samstagabend im Free-TV 490 000 Zuschauer und einen Marktanteil deutlich über Schnitt von 1,8 Prozent. Leichte Delle allerdings beim „Doppelpass“. Nach Senderangaben verlor der traditionelle Fußballstammtisch am Sonntagmorgen rund 80 000 Zuschauer gegenüber dem Vorjahr.

Auch hier das gefühlte Paradoxon also: Die Auswirkungen der Pandemie auf den Sport, Stichwort Geisterspiele, beziehungsweise geringe Stadion-Auslastungen, beeinflussen die Quoten negativ. Müssten diese nicht nach oben gehen, wenn draußen wegen der Pandemie wieder fast alles dicht gemacht wird?

Und es soll ja Zuschauer/Anhänger geben, die schauen sich Spiele auch ohne Bayern München und Meisterfrage an. Fußball-Interesse und Lebensfreude müssen sich nicht ausschließen. Zum Beispiel aktuell mit dem SC Freiburg.

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