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Wundersame Geldvermehrung. Mit den Einlagen bei der Greensill Bank wollten NDR, SR und SWR einen Schnitt machen.

© dpa-tmn

Spekulation mit Rundfunkbeitrag: Das Geld ist sicher (?)

Drei ARD-Sender deponieren 105 Millionen Euro Rundfunkbeitrag bei der insolventen Greensill-Bank.

Es wird ihnen der Schweiß auf die Stirn getreten sein, den Spitzen von Norddeutschem Rundfunk (NDR), Saarländischem Rundfunk (SR) und Südwestrundfunk (SWR). Die drei ARD-Anstalten hatten insgesamt 105 Millionen Euro bei der Greensill Bank einbezahlt, der SWR 69 Millionen, der NDR 24 und der SR zwölf Millionen Euro. Es waren Termingeldeinlagen, mit denen, so erklärte SWR-Sprecherin Hannah Basten auf Anfrage, „vermieden werden soll, dass das Beitragsgeld, das uns von der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt wird, schrumpft, denn auf laufenden Geschäftskonten sind bei allen Banken grundsätzlich so genannte Negativzinsen zu zahlen.“ Der Südwestrundfunk wählt dabei „ ausschließlich Anlagen aus, die finanziell abgesichert sind“, sprich einlagenversichert sind. Das ist bei der insolventen Bremer Greensill Bank der Fall. Dem SWR entsteht laut Sprecherin kein finanzieller Schaden, was passieren kann, ist, dass es zu einer Verzögerung bei der Rückzahlung der Termingelder kommen könne.

Risikoreicher Umgang?

Warum überhaupt derartige finanzielle Risiken beim Umgang mit Geldern aus dem Rundfunkbeitrag? Die SWR-Sprecherin sagte, „die Erträge des Rundfunkbeitrags laufen über ein Jahr gesehen nicht synchron mit unseren Ausgaben. Das Geld, das nicht direkt für Ausgaben verwendet wird, legt der SWR in der Zwischenzeit in Termingeldern an.“ Da es sich bei den Einnahmen des SWR vor allem um Beitragsgeld handele, „unterliegen wir besonders hohen Anforderungen an Sorgfalt und Transparenz“, sagte Basten. Der Sender bewege sich innerhalb der SWR-Anlagenrichtlinie. Die Schweißperlen bei NDR, SR und SWR können von der Stirn gewischt werden.

Da hat sich über die Jahre etwas verändert, im Sinne der Anlagensicherheit verbessert. Erinnert sei nur an das börsianische Wettgeschäft des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR) um die Jahrtausendwende. Der Sender investierte in eine synthetische Währungsanleihe, in den ecuadorischen Sucre. Der südamerikanische Staat erklärte im Herbst 1999 seine Zahlungsunfähigkeit, der Sender musste für jenes Jahr bei seinen Wertpapieren 19 Millionen Mark abschreiben. Dem standen Erträge von fast 75 Millionen gegenüber. Die öffentliche Empörung über die Spekulanten in der ARD-Anstalt aber war groß, der Finanzchef musste gehen.

KEF unterstützt Verfassungsbeschwerden

Der Umgang mit dem Rundfunkbeitrag bleibt auch andernorts ein Thema. Die für Finanzen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zuständige Kommission KEF stützt mit einer Stellungnahme die Verfassungsbeschwerden von ARD, ZDF und Deutschlandradio zur Rundfunkbeitragshöhe. Man sei der Auffassung, „dass die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten seit dem 1. Januar 2021 nicht ihrem festgestellten Bedarf entsprechend finanziert sind“. ARD, ZDF und Deutschlandradio klagten vor dem Bundesverfassungsgericht, weil der Rundfunkbeitrag nicht zum 1. Januar wie ursprünglich geplant von derzeit monatlich 17,50 Euro auf 18,36 Euro steigen konnte. Wann das Gericht entscheidet, ist offen.

Die Bundesländer nehmen einen neuen Anlauf zur Reform von ARD und ZDF. Laut einem Papier der Rundfunkkommission der Länder soll der „Markenkern“ des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gestärkt werden. Der Auftrag der Sender soll auf „Information, Beratung, Bildung, Kultur und Unterhaltung“ konzentriert werden, das öffentlich-rechtliche „Gesamtangebot“ soll sich dadurch besser von den Angeboten der kommerziellen Sender unterscheiden.

ARD und ZDF müssen reformiert werden – das ist politischer Konsens. Dabei plädiert die Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT) für radikalere Schritte: Sie schlägt eine Zusammenlegung von ARD und ZDF vor. Damit soll das Informations-, Bildungs- und Kulturangebot gestärkt werden. Unterm Strich erwarte man allerdings Entlastungen für die Beitragszahler.Joachim Huber

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