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Die Supershow des Russel Crowe. Im Fatsuit gibt der Heldendarsteller die Rolle des Fox-News-Gründers Roger Ailes.

© Sky

Sky-Serie über Roger Ailes: Fox-News-Gründer, Trumps Erfinder

„The Loudest Voice“: Eine Sky-Serie skizziert das bizarre Leben des Medienmoguls Roger Ailes.

Die erste echt seriöse, journalistisch sattelfeste, jenseits aller Pietät gute Nachricht der realen Nachrichtenfiktion eines irrealen Nachrichtensenders dauert keine drei Sekunden: Roger Ailes ist bereits tot, als diese Serie über den legendären Mastermind von Rupert Murdochs reaktionärem Fernsehsturmgeschütz Fox-News gerade anfängt.

Pillen am Boden, ein Fleischberg daneben, als Bluter verblutet, Gegner hoffen bis heute: elendig verreckt. Zu Lebzeiten hat „The Loudest Voice“ der USA all jenen ein schmerzhaftes Ende gewünscht, die seinem Ideal einer Gesellschaft zum Wohle von Nation, Rasse, Kapital und Roger Ailes im Wege stehen. Er wisse daher, sagt der Verstorbene aus dem Jenseits, was die Leute nach seinem Tod über ihn sagen: rechts, paranoid, fett. „Ich werde nicht mit ihnen darüber streiten.“

Dieser Satz ist insofern bemerkenswert, als das berufliche Dasein des ehemaligen Nixon- und Reagan-Beraters aus Streit, Streit und nochmals Streit bestand. Das Alphatier aus dem konservativen Rostgürtel, erfahren wir im furiosen Siebenteiler „The Loudest Voice“ [sechs Folgen ab Montag bei Sky] war nur im Kampfmodus glücklich auf dem Schlachtfeld erhaben, unter Feinden befriedigt.

Um zu verstehen, wie es dazu wurde, zieht uns Regisseurin Kari Skogland nach Gabriel Shermans Bestseller-Biografie ganz in den Bann eines Mannes im publizistischen Blutrausch, der vieles von dem erklärt, was die Welt seit Jahren an den Abgrund drängt. Als Roger Ailes’ 300 Pfund Gewicht 22 Jahre vor dem Serientod 2017 an einer TV-Rede des damaligen US-Präsidenten Bill Clinton vorbei über den Fernseher wälzt, startet er gerade einen Krieg gegen die Demokratie.

Zunächst mal zieht er mit Methoden gegen den Journalismus zu Felde, die Showtime spürbar schaudernd bebildert. Im ersten Serien-Teil wird die sechsmonatige Gründungsphase seiner Erfindung Fox 1995 vom aufrichtig rechten Gegenstrom im angeblich linken Medienmainstream zum erfolgreichsten Senderstart der Geschichte skizziert. Es wird ein News-Sender aufgebaut, der mit CNN konkurrieren soll.

Ailes vereint alles, was an Männern mit Macht verachtenswert ist

Im zweiten Teil folgt die Zuspitzung des antiliberalen Kreuzzugs auf einen Militärschlag, den Roger Ailes nach den Anschlägen von 9/11 mit der Kraft seines Netzwerks im Irak herbeiführt. Der dritte zeigt dann den Frontalangriff auf den Präsidenten Barack Obama, den Ailes beharrlich „afrikanischer Sozialist“ schimpft. Stets animiert er sein Team, Ethos durch Rendite zu ersetzen und Fakten durch Fakes.

Als die seriöse Starreporterin angesichts dieses dauernden Prinzipienbruchs mahnt, „das ist eine Nachrichtensendung, keine Sitcom“, antwortet Ailes süffisant: „Missy, das ist eine Meinungssendung. Roger Ailes formte Fox News auf diese Art zu einem mächtigen Sender, der die Art und Weise der Berichterstattung über die höchsten politischen Ämter unwiderruflich verändert hat.

Das Sklavensynonym „Missy“ und dazu der Neutralitätskontrast Meinung – das sind zwei Worte, die Ailes’ Rassismus, Sexismus, Radikalismus auf den Punkt bringen. Zwei Worte, denen aber auch jemand Nachdruck verleiht, von dem es nicht zu erwarten war: Russell Crowe. Der versierte Heldendarsteller spielt den virtuosen Spin-Doctor trotz Fatsuit mit einer Variationsbreite, die mindestens ebenso erschüttert wie sein Original.

Denn das engagierte ja nicht nur deshalb Models statt Moderatorinnen, um schlichte Zuschauer zu blenden, sondern – Kernthema der letzten drei Folgen – um sie sexuell zu missbrauchen. Anspruchsvolle Zuschauer lernen also von der ersten bis zur letzten Minute: Ailes vereint alles, was an Männern mit Macht verachtenswert ist. Umso dankenswerter ist es von der Serie, ihn nicht (nur) als Monster zu zeigen.

Seine Trauer beim Abschied als Chef des Kaufkanals CNBC ist so echt wie die Wut über Barack Obama und verdeutlicht: Hier ist kein narzisstischer Opportunist wie sein Premiumprodukt Donald Trump am Werk, sondern eher ein Überzeugungstäter, dem der Niedergang seiner Heimatstadt so glaubhaft zu Herzen geht, dass er sogar die liberale Lokalzeitung kauft und von Ehefrau Beth (Sienna Miller; im großartigen Cast neben Hauptdarsteller Russell Crowe glänzt auch noch Naomi Watts als Fox-News-Moderatorin Gretchen Carlson) auf Kurs bringen lässt.

Es ist ein weiterer Baustein in der reaktionären Mauer durch Amerikas Gesellschaft. Und wie nah dessen Erbauer auch posthum der Vollendung ist, zeigten Donald Trumps Twitter-Tiraden gegen etwas zaghafte Fox-Kritik am Nachmittag. Im Reich des Königsmachers Roger Ailes eine Majestätsbeleidigung.

Jan Freitag

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