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Welchen Beweisen kann man vertrauen? Polizist Ralph Anderson (Ben Mendelsohn, Mitte links) führt Terry Maitland (Jason Bateman) zum Gericht. Die beiden Schauspieler sind zugleich Produzenten der HBO-Thrillerserie.

© Promo

Sky-Serie „The Outsider“: Zweifel und Wahrheit

Wenn die Suche nach dem Mörder zugleich zur Suche nach der Wahrheit wird: die Stephen-King-Serie „The Outsider“ startet bei Sky.

Dieser Mord geht über vieles hinaus, was man vom deutschen Krimi-Fernsehen gewohnt ist. Selbst für Fans von Scandi-Noir-Serien ist der Anblick der zerfleischten Leiche des elfjährigen Frankie Perterson nur schwer zu ertragen. Die Thrillerserie „The Outsider“ basiert auf dem gleichnamigen Roman von Stephen King und beginnt damit, dass der Hund eines Spaziergängers in einem Waldgrundstück Witterung aufnimmt. Die klassische Musik, die Polizist Ralph Anderson bei seiner Fahrt zum Tatort hört, lässt dabei keineswegs erahnen, was gleich zu sehen sein wird. Doch um zu verstehen, was danach in der Kleinstadt Flint City in Oklahoma passiert, ist diese explizite Gewaltdarstellung – die nur wenige Sekunden dauert – wohl tatsächlich kaum vermeidbar.

Für das Fernsehen wurden bereits diverse Serien nach Romanen von Stephen King, dem Meister des tiefgründigen Horrors, umgesetzt. „Under the Dome“ und „Der Anschlag“ sind nur zwei Beispiele dafür. Für HBO ist es indes das erste Mal, dass der Sender einen seiner Romane adaptiert. Anderthalb Jahre nach Veröffentlichung des Romans wird die Thrillerserie nun von Sky über seine Onlinekanäle zeitgleich zum US-Serienstart mit wöchentlich neuen Folgen gezeigt.

Flint City ist wie häufig bei Stephen King eine typische amerikanische Gemeinde, in der man sich kennt und schätzt und in der nach einem Verbrechen wie der Ermordung eines Kindes nichts mehr ist wie zuvor. Polizist Ralph Anderson (Ben Mendelsohn) ermittelt trotzdem, wie man es von einem gewissenhaften Beamten erwarten kann. Zunächst werden Zeugen wie der Spaziergänger befragt und die Spuren gesichert, wozu auch die Bisswunden am Körper des Jungen gehören. Nachdem mehrere Zeugen übereinstimmend berichten, den High-School-Lehrer Terry Maitland (Jason Bateman) zusammen mit dem Jungen und später sogar mit blutverschmiertem Gesicht gesehen zu haben, hat Anderson kein Problem damit, den Verdächtigen wie vom Staatsanwalt gefordert in aller Öffentlichkeit von Freunden und Nachbarn auf dem örtlichen Baseballfeld festzunehmen. Doch Maitland bestreitet nicht nur vehement die Tat, es findet sich zudem ein unumstößlicher Beweis, dass er sich zur Tatzeit weit entfernt aufhielt.

Mendelsohn und Bateman treten nicht nur als Darsteller auf, sie haben „The Outsider“ auch produziert. Bateman hat bei den ersten beiden Episoden zudem Regie geführt, die übrigen Folgen setzten Andrew Bernstein, Charlotte Brändström in Szene.

Dass es sich bei diesem Thriller nicht um einen gewöhnlichen Krimi handelt, dafür steht freilich allein schon der Name des Autors. Stephen King hat mit Richard Proce auch am Drehbuch für die Serie mitgearbeitet. Die Bilder sind auffällig düster, so als ob alle Farbe aus ihnen herausgesogen wurde. Zusätzlich irritierend ist das langsame Erzähltempo am Anfang, was aber bereits am Roman mitunter kritisiert wurde.

Es geht nicht nur darum, wem man glauben kann. „The Outsider“ spielt im Zeitalter der alternativen Fakten. Selbst eindeutige Dokumente können hier ihre Beweiskraft verlieren. Mit Ralph Anderson gibt es jedoch einen Sucher nach der Wahrheit. Einen Mann, der seine Zweifel nicht beiseiteschiebt, weil dies der einfachere Weg wäre. Zusammen mit der ebenso brillanten wie verschrobenen Privatdetektivin Holly Gibney (Cynthia Erivo) wählt er eine Richtung, die nicht nur schwierig, sondern auch äußerst gefährlich ist.

Dabei kommen sie einer Wahrheit immer näher, die bei Stephen King nicht in der Realität, sondern im Paranormalen zu finden ist. Das abgrundtief Böse, in den Romanen von Stephen King wird kein Zweifel daran gelassen, dass es dies tatsächlich gibt – und zwar durchaus häufig. Das Böse ist bei ihm keineswegs banal. Unter den Kapuzen verbergen sich die Fratzen von Monstern.

Und noch etwas zeigt King: Es hat Folgen, wenn die Wahrheit so lange verbogen wird, bis sie zu den Überzeugungen der Mächtigen passt. Dann kann es passieren, dass aus anständigen Bürgern selbst Monster werden, die keine Rücksicht auf das Leben ihrer Mitmenschen nehmen. Kein Phänomen, das auf einen Ort beschränkt ist.

„The Outsider“, Sky Ticket, Sky Go, Sky Q; zehn Episoden mit wöchentlich neuen Folgen, zunächst im englischen Original, voraussichtlich ab März zusätzlich in der Synchronfassung, dann auch auf Sky Atlantic HD

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