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Welche Serie hätten'S denn gerne? Netflix präsentiert sich gerne als Wundertüte

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Serien im Stream: Hype, Hype, Hype

Joachim Huber sieht in Netflix & Co. eine Zuschauererwartung, die nie wieder weggeht. Auch wenn das Alt-TV das Gegenteil behauptet. Ein Kommentar

Wer deutsche Senderchefs in nullkommanix auf die Palme bringen will, dem genügt ein einziges Wort: Netflix. Aktuell zeigt sich Sat-1-Fictionschefin Yvonne Weber im DWDL-Interview von der Fixierung der Serien-Autoren auf den Streamingdienst genervt. RBB-Intendantin Patricia Schlesinger warnt, sich „von dem Netflix-Hype paralysieren zu lassen“. Irgendwann wird diese Serienblase platzen, ist sich Ufa-Chef Nico Hofmann sicher.

Netflix hat wie Amazon Video Prime das traditionellen Fernsehen, privat wie öffentlich-rechtlich, das Fürchten gelehrt. Weil die „Originals“, beileibe nicht alle, aber das geht in der Marken- und PR-Strategie unter, originell sind. Originell heißt: innovativ, wagemutig, avant la lettre, mit enormem Produktionswert auf allen Ebenen. Netflix & Co. haben dem Erzählfernsehen neue, eigene Qualität gegeben. Dabei ist der Abstand zum bisher TV-Gewohnten gewachsen. Die jüngeren Zuschauergruppen haben gemerkt, was Verantwortliche in den Sendern nur mit Mühe oder gar nicht zur Kenntnis nehmen wollen: „Soko“ im ZDF, „In aller Freundschaft“ im Ersten, „Die Klempnerin“ bei RTL, „Der Bulle und das Biest“ bei Sat1 besetzen das Feld zwischen harmlos und belanglos. Wer vom Fernsehen mehr als Bewegtbild erwartet, der kann dieses Alltagsangebot nicht länger ertragen. Und „Bad Banks“ oder „Babylon Berlin“ oder „Das Boot“? Das sind Festtage, Nachweise, dass deutsches Fernsehen Exzellentes produzieren kann.

Abonnent wärmt sich im Binge-Watching-Kokon

Nur: Es sind Festtage. Wer Netflix, Amazon Prime und auch Sky abonniert hat, der sieht sich in die Lage versetzt, aus seinem Alltag einen nicht enden wollenden Festtag zu machen. Der ist in den Binge-Watching-Kokon geschlüpft und will da gar nicht mehr raus.

Netflix hat die Erwartungen beim Publikum enorm geschürt und gesteigert. Das bringt die US-Boys auch selber unter Druck: The next thing must be the next big thing. Der zahlende Abonnent ist erbarmungslos. Er wird, wenn er sich zu langweilen beginnt, Netflix hinter sich lassen. Aber er wird nicht zum öffentlich-rechtlichen oder zum privaten Serien-Allerlei zurückkehren.

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