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Satiriker Helmut Schleich mimt einen vermeintlichen Maxwell Strauß, der als schwarzer Despot Tipps zur Corona-Pandemie gibt.

© Tsp

Update

Sender hatte umstrittenen Programmteil gestrichen: Kabarettist Schleich kritisiert den BR in Blackfacing-Debatte

Der Satiriker Helmut Schleich beklagt den Wirbel um seine Kunstfigur. Der Sender hat den schwarz geschminkten „Maxwell Strauß“ aus dem Programm verbannt.

In der Diskussion um einen Satire-Beitrag des Bayerischen Rundfunks (BR) mit einem fiktiven schwarz-geschminkten Kanzlerkandidaten hat Kabarettist Helmut Schleich den Sender kritisiert. Die ARD-Anstalt hatte die Kunstfigur inzwischen wegen der Kritik am sogenannten Blackfacing gestrichen. Schleich sagte in einem Interview des „Münchner Merkurs“ und der „tz“ (Montag), er bedauere, dass „der Diskriminierungsvorwurf stärker gewichtet wurde als die Freiheit der Kunst“.

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Der Künstler beklagte auch, dass die angekündigte interne Diskussion mit ihm nicht geführt worden sei. Der Wirbel um seine Satire-Figur habe ihn „in dieser Form absolut“ überrascht.

In seiner Sendung „SchleichFernsehen“ war der Kabarettist Anfang April in die Rolle eines in Afrika lebenden Sohnes des früheren bayerischen Ministerpräsidenten Strauß (CSU) geschlüpft – und hatte für seinen „Maxwell Strauß“ das Mittel des Blackfacings genutzt.

Zahlreiche Kritiker vor allem im Netz nannten das rassistisch. Von Blackfacing spricht man, wenn sich Weiße schminken, um Schwarze stereotyp darzustellen. Auch im Rundfunkrat, dem BR-Aufsichtsgremium, gab es massive Kritik an dem Beitrag.

Der öffentlich-rechtliche Sender entschied sich gegen weitere Auftritte der Kunstfigur im Programm. Intendantin Katja Wildermuth kündigte zudem im Rundfunkrat eine interne Werte-Diskussion an. Der BR habe die Verantwortung, „gegen Stereotype und Herabwürdigungen zu wirken“.

Schleich will keinen „sinnlosen Kampf“ kämpfen

Schleich sagte im Interview, er könne mit der Entscheidung des BR leben, auch weil die Figur in seiner Sendung keinen zentralen Platz eingenommen habe. „Ich habe auch keine Lust, hier einen sinnlosen Kampf zu kämpfen.“ Zugleich sagte er: „Schade ist es schon“, denn die Idee eines solchen Strauß-Nachkommen „böte noch sehr viel Stoff für Satire“.

Die Problematik des Blackfacing sei ihm bewusst, sagt Schleich. Es handle sich aber „um einen Debattenimport“, schränkte er ein. „Hier in Deutschland spielt das Thema historisch betrachtet keine besondere Rolle.“ Er bekräftigte seine Haltung: „Mit der Figur des Maxwell Strauß als Nachkomme von Franz Josef Strauß wollte ich ja eben genau den Export neokolonialer Strukturen aus dem globalen Norden nach Afrika persiflieren. Über Maxwell lacht doch keiner, weil er schwarz ist, sondern weil er unsere Strukturen spiegelt.“

Beitrag bleibt in der BR-Mediathek

Vielleicht keine schlechte Lösung, damit sich jeder seine eigene Meinung bilden kann. Die Ausgabe der Satiresendung „SchleichFernsehen“ vom 1. April, in der Kabarettist Helmut Schleich schwarz geschminkt den Strauß-Sohn Maxwell Strauß mimt, ist weiterhin der BR-Mediathek zu sehen. Der verantwortliche Programmdirektor Kultur, Reinhard Scolik, sagte, der Beitrag sei noch verfügbar, weil er Gegenstand der Diskussion sei.

Die Proteste vom Publikum abseits der Schleich-Fans waren heftig gewesen. Die verantwortliche Redaktion des BR konnte die Aufregung um Schleichs Figur nicht ganz verstehen, jedenfalls blieb sie bei ihrer Beurteilung der Schleich-Aktion, wonach künstlerische Freiheit ein hohes Gut sei. Jetzt aber, nach der Behandlung im Rundfunkrat, kam es anders. Die umstrittene Kunstfigur „Maxwell Strauß“ als Karikatur von Franz Josef Strauß wird künftig nicht mehr im Programm zu sehen sein. BR-Intendantin Katja Wildermuth kündigte zudem eine interne Werte-Diskussion an. Der BR habe die Verantwortung, „gegen Stereotype und Herabwürdigungen zu wirken“.

Kritiker bezeichnen Satiresendung „SchleichFernsehen“ als rassistisch

Zahlreiche Kritiker hatten das „SchleichFernsehen“ als rassistisch bezeichnet. Von Blackfacing spricht man, wenn sich Weiße schminken, um Schwarze stereotyp darzustellen. Der Vertreter der Ausländer-, Migranten- und Integrationsbeiräte im Rundfunkrat, Hamado Dipama, kritisierte das Blackfacing massiv als rassistische Praxis. Er zeigte kein Verständnis für die redaktionelle Entscheidung. „Kunstfreiheit hat Grenzen.“

In den Tagen nach der Sendung hatte der BR betont, die Diskussionen zu Blackfacing und der damit verbundenen Problematik seien der Redaktion bewusst gewesen und vor der Sendung intensiv mit Schleich diskutiert worden. „In einem Satireformat muss dem Künstler aber auch ein bestimmter Freiraum für satirische Überhöhungen zugebilligt werden“, hieß es damals.

BR-Chefin Katja Wildermuth betont Verantwortung des Senders

Nun sagte Wildermuth: „Unstrittig ist: Kunst- und Meinungsfreiheit sind ohne Zweifel sehr hohe Güter.“ Zugleich betonte die BR-Chefin: „Unstrittig ist aber auch, dass der Medienstaatsvertrag und das Bayerische Rundfunkgesetz uns aufgeben, für ein diskriminierungsfreies Miteinander zu sorgen und Sendungen zu unterlassen, die Vorurteile schüren oder Einzelne beziehungsweise Gruppen herabsetzen.“

Die Sendung werde zum Anlass genommen, im Haus in eine größere Diskussion über die eigenen Leitlinien zu treten. Dazu werde eine spezielle Arbeitsgruppe eingerichtet. „Auch wir sollten uns immer wieder überprüfen und unseren sicheren inneren Kompass über alle Programmbereiche hinweg schärfen.“

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