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Medien: Schund auf den Schären

Nach zehn Jahren Rosamunde Pilcher beginnt das ZDF eine Sonntagsfilm-Reihe der Autorin Inga Lindström

Lena Lagerberg, eine schwedische Stewardess, muss nach Hause auf die Schären, denn ihr Vater ist krank. Sie war schon Jahre nicht mehr bei ihrer Familie, denn da war etwas Schmerzhaftes in der Vergangenheit, das es zu verdrängen galt. Lena muss sich damit konfrontieren, muss sich draußen an Wald, Wiese und See in Magnus Jacobsson verlieben, einen Architekten, der keinen Urlaub im Idyll macht, sondern vielmehr an „Marielund“, dem Anwesen von Lenas ominöser Tante Elionor (Karin Dor, einstige Edgar-Wallace-Ikone) interessiert ist, um dort Ferienwohnungen zu bauen.

„Sehnsucht nach Marielund“ ist der Auftakt der neuen „Inga Lindström“-Reihe im ZDF. „Liebesgeschichten, große Gefühle in der großartigen Landschaft Schwedens“ verspricht das Zweite dort, wo seit nunmehr zehn Jahren die Verfilmungen der Rosamunde-Pilcher-Romane von durchschnittlich acht Millionen Menschen gesehen werden – trotz des parallel ausgestrahlten ARD-„Tatort“. Das ZDF „ist europaweit der einzige Sender, der das komplette Werk einer Autorin verfilmt“, sagt der Chef der ZDF-Hauptredaktion Unterhaltung-Wort Claus Beling. Und zu diesem Sonntagsformat gehören seit nicht allzu langer Zeit auch die Bestseller-Adaptionen von Autorinnen wie Barbara Wood und der Deutschen Charlotte Link, die noch immer die Niveauvollste unter dem Damen-Trio ist. Nun also wächst das Trio zum Quartett an. Sieht man sich die neuen Filme an, so fällt auf, dass nichts auffällt. Nichts Neues. Nichts Anderes. Es ist das allzu altbewährte Strickmuster aus Liebe und Leid, aus Landschaft und Labern. Und so geht es denn auch alsbald weiter, es folgen „Begegnung am Meer" (8. Februar) und „Wind über den Schären" (7. März). Der Auftaktfilm heute, „Sehnsucht nach Marielund“, bedient ausnahmslos alle Klischees, die nur denkbar sind, ja, bis hin zum Elch, der regelmäßig durchs gefiltert-weichgezeichnete Hochglanz-Bild schlurft. Die Dialoge sind, mit Verlaub, von teils unerträglicher Banalität (alle Lindström-Drehbücher: Christiane Sadlo), die Inszenierung, alternierend von den „Traumschiff“- und „Pilcher“-erfahrenen Regisseuren Karola Meeder und Michael Steinke übernommen, ist so ideenlos und konventionell und vorhersehbar, dass auch wirklich jeder etwaige Überraschungs-Moment umgangen wird. Welten liegen dazwischen zum Samstags-Krimi-Format des ZDF, wo so Hochrangiges wie „Bella Block“, „Sperling“ oder jüngst auch „Unter Verdacht" mit Senta Berger zu sehen ist.

Das ZDF sei „der Sender des großen Erzählens“, fügt Beling resümierend an, so als ob das, was da gemacht und gebracht wird, irgendwie doch gerechtfertigt werden müsse. Doch der erfahrene ZDF-Seher weiß, für wen diese Filme produziert werden: Es sind vor allem ältere Frauen, Männer bevorzugen den „Tatort“, der durchaus die Neun-Millionen- Grenze erreicht. Doch die Zahlen geben Beling und seinem Format langfristig ja sogar Recht: Allein im Fernsehjahr 2003 stammten aus seiner Redaktion 40 Prozent der erfolgreichsten Produktionen, darunter „Das Traumschiff“, das mit 10,22 Millionen die erfolgreichste fiktionale Sendung war, gefolgt von „Napoleon“ (9,19 Mio) und „Rosamunde Pilcher“ (7,99 Mio). „Das Bedürfnis nach Eskapismus und Emotionen steigt", sagt Claus Beling. Mit „Traumschiff“-Produzent Wolfgang Rademann hat Beling über eine einmalige neue Revival-Folge der legendären „Schwarzwaldklinik“ mit „allen Überlebenden" nachgedacht, ein neuer Barbara-Wood-Zweiteiler ist in der Mache, und es wird den Zweiteiler „Sterne über Madeira" mit der jungen Denise Zich in der Hauptrolle geben.

Und schon am kommenden Sonntag, dem 1. Februar, geht „Der Ferienarzt“ an den Start. Wir aber schalten nun um, zum „Tatort“, Zielgruppe männlich, unter 49…

„Sehnsucht nach Marielund“: 20 Uhr 15, Z DF

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