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"Terror". Lars Eidinger (von links nach rechts), Martina Gedeck, Florian David Fitz, Burghard Klaußner verhandeln.

© degeto

Schirach-Drama: ARD hält an "Terror"-Fernsehabend fest

Die Altliberalen Gerhart Baum und Burkhard Hirsch fordern von ARD die Absetzung der TV-Inszenierung und der anschließend geplanten Ausgabe von "Hart aber fair".

Trotz scharfer Kritik der Liberalen Gerhart Baum und Burkhard Hirsch will das Erste an dem geplanten Fernsehabend mit dem verfilmten Theaterstück „Terror“ und anschließender TV-Diskussion am 17. Oktober festhalten. Die von den früheren FDP-Bundespolitikern aufgeworfenen Fragen seien hochspannend und ein bereichernder Debattenbeitrag, erklärte ARD-Programmdirektor Volker Herres am Montag im München. Gerade wegen des Diskussionsbedarfs habe der Sender die Verfilmung auch so eng mit der Sendung „Hart aber fair“ verknüpft. Das Gerichtsdrama Ferdinand von Schirachs sei weder fragwürdig noch populistisch.

Das umstrittene Theaterstück des Juristen Schirach ist derzeit eines der meistgespielten in Deutschland: Ein Kampfpilot der Luftwaffe muss sich darin vor Gericht verantworten, weil er trotz anderslautender Befehle ein von Terroristen gekapertes Flugzeug abgeschossen hat, das in ein vollbesetztes Stadion zu fliegen drohte. Über die Schuldfrage lässt Schirach das Publikum abstimmen. Bei den Aufführungen stimmte es bisher fast immer mehrheitlich für einen Freispruch des Piloten und entschied damit grundgesetzwidrig.

"Effekthascherei" lautet der Vorwurf an die ARD

In einem Interview der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ forderten Baum und Hirsch die ARD am Wochenende auf, das Stück im Fernsehen abzusetzen. „In meinen Augen ist das Effekthascherei mit einem Vorgang, bei dem es um die Menschenwürde und die Wahrung der Grundrechte, die Substanz der Bundesrepublik geht“, sagte der ehemalige Bundestags-Vizepräsident Hirsch. „Lassen Sie das!“, appellierte Ex-Bundesinnenminister Baum an den ARD-Programmchef Herres. „Schirach bringt die Leute dazu, eine falsche Entscheidung zu treffen und sie in die Wirklichkeit zu transponieren“, kritisierte Baum.

Das Karlsruher Bundesverfassungsgericht hatte 2005 ein Luftsicherheitsgesetz der damaligen rot-grünen Bundesregierung für verfassungswidrig erklärt, das bei einer Flugzeugentführung den militärischen Abschuss und damit die Tötung der Passagiere erlaubte. Hirsch hatte die Verfassungsbeschwerde damals maßgeblich ausgearbeitet - mit dem Argument, das Menschenleben nicht gegen Menschenleben aufgewogen werden könne.

Die Sendung „Hart aber fair“ sei das geeignete Forum, um sowohl das Zuschauervotum als auch die sachlichen Hintergründe des Stücks zu beleuchten und zu bewerten, erklärte Herres. Darin liege ja der „Reiz des Abends“. Die Schirach-Verfilmung werde den Fernsehzuschauern „einiges an Konzentration und gedanklicher Durchdringung“ abverlangen, betonte Herres: „Auf vordergründige Effekthascherei wird hier gerade verzichtet.“ Gutes öffentlich-rechtliches Fernsehen müsse substanziell sein, zugleich aber auch provozieren und Auseinandersetzungen anregen.

Exquisite TV-Inszenierung, glänzend besetzt

Groß Gedachtes wird in der Fernsehinszenierung groß gemacht: Regisseur ist Lars Kraume, der mit dem eindringlichen Kinofilm „Der Staat gegen Fritz Bauer“ die juristische und publizistische Aufarbeitung der NS-Massenmorde aktualisiert hat. Burghart Klaußner spielt die Titelfigur des hessischen Generalstaatsanwalts, ohne den die Auschwitz-Prozesse und der Prozess gegen Adolf Eichmann nicht zu denken waren; Klaußner agiert in der „Terror“-Produktion als Vorsitzender Richter, Klaußner kennt den Stoff aus dem Eff-Eff, er hat ihn im Staatsschauspiel Dresden inszeniert, und auch dort spielt er den Richter.

In den Berliner CCC-Studios, wo am Dienstag die letzte Klappe fiel, berichtete der Schauspieler, dass nur in Dresden eine Mehrheit des Publikums den Piloten Koch schuldig gesprochen habe. Er bot zwei Erklärungen an: entweder ist das Publikum in Dresden noch sehr autoritätshörig oder aber, im Gegenteil, durch den Rechtsruck habe sich ein geschärftes rechtsstaatliches Bewusstsein eingestellt.

Burghart Klaußner, Martina Gedeck als Staatsanwältin, Florian David Fitz spielt Major Koch, Lars Eidinger dessen Verteidiger, Jördis Triebel die Nebenklägerin – von solcher Exzellenz ist die Besetzung in diesem Ensemblestück. Für die Dreharbeiten im Berliner CCC-Studio ein Gerichtssaal gebaut, schwarz ausgeschlagen mit Fensteröffnungen im Hintergrund, die auf den Reichstag blicken. Das eine und einzige Motiv des quasi anonymisierten Verhandlungsortes erlaubte es, chronologisch zu drehen; dadurch wie auch durch die kontrollierte Lichtsituation wurde eine besondere Intensität kreiert, die die Diskurse und Reflexionen über Recht und Unrecht, Mörder oder Held über den Bildschirmrand hinaus ins Publikum schieben soll.

Sendetermin ist Montag, 17. Oktober, ab 20 Uhr 15. Nach den Schlussplädoyers im Stück kann das TV-Publikum abstimmen. Im Anschluss an die Urteils-Verkündung diskutiert Moderator Frank Plasberg den Fall und die Entscheidung dann mit seinen Gästen in „Hart aber fair“. (mit epd)

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