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Die Grünen-Politikerin Annalena Baerbock war die erste Spitzenkandidatin, die sich im RTL-Format "Am Tisch mit" den Fragen der Zuschauer stellte.

© RTL

RTL-Tischgespräch mit Annalena Baerbock: Nach einem „heißen Stuhl“ sucht man vergebens

Kleine Runde statt Townhall-Meeting. Annalena Baerbock stellt sich den RTL-Zuschauerfragen. Doch provokanten Fragen und Thesen muss sie sich nicht stellen.

„Der heiße Stuhl“ hieß ein Diskussionsformat beim Privatsender RTL. Ein Gast musste seine provokanten Thesen gegen vier Nachfrager verteidigen. Mitunter wurden dabei die Gäste durchaus „gegrillt“.

Am Dienstagabend startete RTL mit „Am Tisch mit“ ein Format, in dem sich die drei Kanzlerkandidaten von Grünen, CDU und SPD den Fragen der RTL-Zuschauer stellen müssen. Den Anfang machte Annalena Baerbock von den Grünen, die zusammen mit den Studiogästen und Moderator Peter Kloeppel vor einem übergroßen Bild des Kanzleramtes Platz nahmen.

Nach einem heißen Stuhl suchte man vergebens. Auch wenn die Sendung für Baerbock kein reines Heimspiel war, ins Schwitzen brachte keiner der sechs Gäste die grüne Kanzlerkandidatin. Auch nicht der Schmelzer aus Eisenhüttenstadt, der sich angesichts steigender Energiepreise um seinen Job am Hochofen sorgt, und dem Baerbock versichert, dass diese Frage auch sie „total umtreibt“. „Grüner Stahl braucht Wasserstoff“ entgegnet die grüne Spitzenkandidatin und spricht sich für einen Stahlpakt für alle deutschen Standorte und für Klimazölle für subventionierten Billigstahl aus China aus.

Und sie hat noch eine andere Botschaft, die ebenso für die Milchbäuerin aus Schleswig-Holstein und den Pflegeheimleiter aus Bayern und deren Sorgen gilt: Wenn sie ins Kanzleramt einzieht, wird es vorbei sein dem Heraushalten aus dringenden Zukunftsfragen. Auch wenn sie die Ärmel ihrer hellblauen Bluse nicht hochgekrempelt hat, will sie das Bild einer Kandidatin abgeben, die für Anpacken und Aufbruch, für Wandel steht.

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Einige Sätze von Baerbock hätten dabei genauso von Peter Kloeppel kommen können. „Das Format ist deshalb so schön, weil man direkt miteinander reden kann und erfährt, was den Menschen auf den Nägeln brennt“, wird die Grüne nicht müde zu sagen. Unternehmer und Mitarbeiter wüssten am besten, wo der Schuh drückt. Sie seien schon viel weiter als SPD und CDU, sagt sie und blickt zum Mann am Hochofen. Zwar wird am Tisch nicht direkt geklatscht, aber in den Mangel genommen wird Baerbock an diesem Abend auch nicht. Bei manchen Fragen wird ihr Lächeln im Gegenteil eher noch ausgeprägter, als ob sie sich darauf besonders gut vorbereitet hat.

Verständnis für alle Zuschauersorgen

Annalena Baerbock hat sich nicht nur dezent gekleidet, die Frisur sieht aus, als ob sie selbst gerade von einer langen Schicht käme. Sie zeigt Verständnis für die Sorgen aller Gäste, so auch für die der Frührentnerin, die nach einem Unfall nicht mehr arbeiten kann und nun finanziell „an jedem Tag ums Überleben kämpft“. Für die Pflege ihrer Mutter bekommt sie sechs Euro im Monat Zuschuss.

„Die Bandbreite der Themen zeigt, wo wir nicht einfach so Weiterwurschteln können“, sagt Baerbock und empfindet die Situation der Frau aus Münster ebenfalls „beklemmend“. „Die Ungleichheit im Land wird immer größer“, konstatiert die Politikerin. „Starke Schultern müssen mehr schultern“, sagt Baerbock und spricht sich für die Wiedereinführung der Vermögenssteuer und gegen die Entlastung von Spitzenverdienern aus. „Es ist so viel schiefgelaufen, weil wir im Bund nicht mitregiert haben“, darf Baerbock später noch sagen.

Aber Baerbock wird auch konkret. 35 Stundenwochen bei vollem Lohnausgleich gegen den Pflegenotstand, damit die Pflegekräfte wegen dauerhafter Überlastung nicht in die Teilzeit gehen müssen, fordert sie ebenso wie die Anhebung der Mindestlöhne. In der Umweltpolitik macht sich die Grüne für ihr 100-Tage-Klimasofortpaket stark. Ihre Forderung dabei: Früher raus aus der Kohle.

Demnächst bei RTL: Das Kandidaten-Triell

Ein Townhall-Meeting wie bei den Bundestagswahlen zuvor kann es in Corona-Zeiten nicht geben. „Am Tisch mit“ setzt ebenfalls darauf, dass anders als bei den üblichen TV-Interviews und TV-Duellen beziehungsweise -Triellen „ganz normale“ Zuschauer ihre Fragen stellen können. Der kleine Rahmen scheint allerdings deren Angriffslust ein wenig zu hemmen. Volle Zustimmung bekommt Baerbock dennoch von keinem der Gäste, immerhin drei haben sich in Teilen von den Argumenten der Grünen-Politikerin überzeugen lassen. Bloß eine ist gar nicht überzeugt. „Ich kann Sie mir nicht leisten“, hält die Frührentnerin Annalena Baerbock entgegen.

Ein wenig „heißer Stuhl“ war an diesem Abend also doch dabei. Bis zum nächsten "Am Tisch mit" kann RTL noch nachjustieren. Armin Laschet, CDU, nimmt am 19. September und Olaf Scholz, SPD, am Tag darauf unter dem Bild des Kanzleramtes Platz. Zuvor treffen Baerbock, Laschet und Scholz bereits an diesem Sonntag bei RTL zum ersten TV-Triell zusammen.

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