zum Hauptinhalt

Richtiger Film im falschen Programm: Nur 2,78 Millionen wollen "Der Rücktritt" bei Sat 1 sehen

Trotz überwiegend wohlmeinender Kritiken bleibt dem Sat-1-Dokudrama "Der Rücktritt" der Quotenerfolg versagt. Nur 2,78 Millionen Zuschauer wollen den Film über die letzten Tage von Christian und Bettina Wulff im Schloss Bellevue sehen.

„Unser Land, die Bundesrepublik Deutschland, braucht einen Präsidenten, der vom Vertrauen nicht nur einer Minderheit, sondern einer breiten Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger getragen wird.“ Mit diesen Worten leitete Christian Wulff vor zwei Jahren seine Rücktrittsrede vom Amt des Bundespräsidenten ein. Wenn es um breite Mehrheiten geht, war beim Privatsender Sat 1 nun auch ein Statement fällig, denn das mit viel Vorschusslorbeeren und einer überwiegend wohlmeinenden TV-Kritik versehene Doku-Drama „Der Rücktritt“ erreichte am Dienstabend gerade einmal 2,78 Millionen Zuschauer. Der Marktanteil von 8,8 Prozent war ernüchternd.

In der werberelevanten Kernzielgruppe der 14- bis 49-Jährigen sah es immerhin etwas besser aus. Dort erreichte der Film über die letzten Tage von Christian und Bettina Wulff im Schloss Bellevue einen Marktanteil von 11,3 Prozent und lag damit über dem Senderdurchschnitt von 8,8 Prozent. Doch der Trost darüber dürfte sich in Grenzen halten.

Der Guttenberg-Film kam auf 4,4 Millionen Zuschauer

„Wir sind zufrieden“, so lautete die offizielle Linie des Privatsenders am Tag nach der Ausstrahlung. Für einen anspruchsvollen Film sei dies ein gute Quote. Allerdings waren die Zahlen beim Film über Aufstieg und Fall von Karl- Theodor zu Guttenberg vor einem Jahr erheblich besser ausgefallen. Das Erregungspotenzial war beim Ex-Verteidigungsminister mindestens ebenso groß wie bei den Wulffs, allerdings ließ sich aus der Hochstapelei des CSU-Politikers ein erheblich unterhaltsameres und Sat-1-konformeres Drehbuch zimmern. Mit 4,4 Millionen Zuschauern hatte „Der Minister“ eine respektable Quote erzielt. Anders als bei dem Doku-Drama über die Wulffs lag die Guttenberg-Satire auf der gewohnten Senderlinie. Der vom Doku-Experten Thomas Schadt beinahe steril-nüchtern aufbereitete Rücktritt des Bundespräsidenten hatte hingegen selbst die Schauspieler zu Mitleidsbekundungen für den gestrauchelten Politiker gerührt.

In dieser Form hätte der Film besser zum öffentlich-rechtlichen Fernsehen gepasst. „Ich bin weit davon entfernt, von einer Niederlage zu reden, aber ich glaube, bei ARD oder ZDF wären es bis zu 600 000 Zuschauer mehr gewesen. Und mehr Zuschauer sind für ein solches Format auch nicht zu erwarten.“ sagte Produzent Nico Hofmann dem Tagesspiegel. Doch diese Sender hatten den Stoff bekanntlich verschmäht. Aus Hofmanns Sicht hat das Doku-Drama im Sendeplatzvergleich sehr gut abgeschnitten. „Ich stehe hundertprozentig zu Haltung und Machart unseres Films“, sagte der Produzent auch mit Blick auf die Kosten von 1,2 Millionen Euro. Und Sat 1 bleibt die Genugtuung, dass man mehr Mut bewiesen hat als die von Gebührengeldern finanzierte Konkurrenz. Bis zur letzten Konsequenz reichte das jedoch nicht: Auf eine Anzeigenkampagne und Außenwerbung wurde dieses Mal verzichtet. Im Fokus der „Off-Air-Werbekampagnen“ stünden 2014 vermehrt Produktionen wie „The Voice Kids“.

Sat 1 muss sich Serien und Karneval geschlagen geben

So jedenfalls musste sich Sat 1 am Dienstag dem Serienprogramm und Karneval geschlagen geben. „Familie Dr. Kleist“ erreichte zur gleichen Zeit in der ARD 4,84 Millionen Zuschauer, im ZDF ließen sich 4,05 Millionen von „Karnevalissimo“ unterhalten.

Sat 1 will sich das Ergebnis dennoch nicht kleinreden lassen und verweist darauf, dass das Doku-Drama insgesamt ein schwieriges Format darstellt. Von aktuellen politischen Themen wollen sich die Münchener jedenfalls nicht abbringen lassen. „Wir haben in den vergangenen Jahren mit zahlreichen Filmen wie ,Die Grenze‘, ,Und weg bist Du‘, ,Der Minister‘ oder auch ,Der Rücktritt‘ bewiesen, dass wir uns immer wieder an mutige, außergewöhnliche Stoffe – auch mit politischem Hintergrund – trauen. Und das werden wir auch in Zukunft tun“, erklärte eine Sendersprecherin. Kurt Sagatz

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false