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Vier queere Männer wollen anderen Menschen helfen, ein glücklicheres Leben zu führen. Zugleich wollen sie auf ihre Art des Lebens aufmerksam machen.

© rbb

RBB-Reihe „Queer 4 you“: Mission schwule Alltagshilfe

Vier schwule Männer helfen Menschen ihr Leben zu verbessern: Mit „Queer 4 you“ will der RBB eine Netflix-Serie übersetzen. Das ist aber nicht ganz gelungen.

Beate ist 50, wohnt in Pankow, hat drei erwachsene Kinder und auch sonst geht es ihr nicht sonderlich gut. Sie kümmert sich mehr um andere als um sich selbst, hat den Kontakt zu sich verloren.

Helfen sollen da vier queere Männer, Fabian, Sven, Chris und Christian, die sie aus dieser Situation befreien sollen – indem sie die Wohnung neu einrichten, ihr die Haare machen, sie neu einkleiden und ihr Make-up-Tipps geben.

Das ist, grob vereinfacht, das Format von „Queer 4 you“, eine dreiteilige Reihe des Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB), in der drei verschiedene Menschen und Familien gezeigt werden, die an einem unglücklichen Punkt ihres Lebens stehen.

"Queer 4 you" hat als Vorbild "Queer Eye" auf Netflix

Als Vorbild dient, auch wenn dies nie explizit erwähnt wird, die Netflix-Serie „Queer Eye“ aus den USA. Und wie so oft im deutschen Fernsehen zeigt sich: Das einfache Übersetzen eines Formats ins Deutsche ist kein einfaches Unterfangen.

[„Queer 4 you“, RBB-Fernsehen, Montag, 21 Uhr. Zudem im RBB-Channel der ARD-Mediathek]

Mit „Queer 4 you“ versucht der RBB die gleiche Sentimentalität zu fabrizieren, die „Queer Eye“ ausmacht. Das wird schwer, wenn Sätze wie „Du machst auf mich einen ganz patenten Eindruck“, „Du hast so ein junges Gesicht noch“ oder „Das muss alles weiblicher sein“ fallen und im nächsten Moment erschütternde Details aus den Leben der Protagonisten erzählt werden. Die Sequenzierung der Sendung ist teilweise etwas holperig, die Rhetorik etwas unbeholfen.

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Vier queere Männer wollen die Protagonisten inspirieren

Vornehmlich soll es um die Sichtbarkeit queerer Menschen gehen. Daher erzählen die vier Männer in Einspielern davon, was sie mit dieser Sendung erreichen wollen. Sie erzählen den Protagonisten von ihren Outings, wollen sie so inspirieren, sich auch auf ihre Art zu outen.

Indem Beate etwa endlich ihr kindliches Image ablegt und zu der erwachsenen Frau steht, die sie sei. Das sind freilich recht hinkende Outing-Vergleiche, aber immerhin der Versuch, queeres Leben in einer Serie erfahrbar zu machen.

Die politische Dimension der Netflix-Serie fehlt

Das Vorbild aus den USA inszeniert nicht nur ein Make-over. Es erzählt auch immer Geschichten von Armut, von Segregation, von Diskriminierung und Hass mit. Seine Stärke ist, dass marginalisierte Menschen oft an den Orten Hilfe anbieten, an denen sie sonst nicht willkommen sind. Anthony, Tan, Jonathan, Karamo und Bobby agieren aus einer verletzbaren Position heraus, wenn sie etwa einem Trump-wählenden Polizisten helfen, sein Leben zu verbessern.

Diese politische Dimension wird in „Queer 4 you“ nicht angeschnitten. Dabei gäbe es Potenzial: Beate etwa muss mit sehr wenig Geld auskommen. Lea ist alleinerziehende Mutter. Und Tamás ist Ungar, der sich in Berlin nie richtig zu Hause gefühlt hat.

In Berlin würde es genügend interessante Lebensgeschichten geben

Die Protagonisten der Serie bieten also genug interessante Lebensgeschichten, um dieses Format auf ein Leben in Deutschland, in Berlin zuzuschneiden. Es könnte um gesellschaftliche Problematiken gehen, die spezifisch für dieses Land sind. Diskurse verhandelt werden, die auch queeres Leben in Deutschland sichtbarer machen.

Stattdessen aber geht es um vier kesse Jungs, die versuchen, genauso charmant, souverän und gleichzeitig verletzbar zu wirken wie die Vorbilder. Da gibt es sicherlich Potenzial, alle teilnehmenden Menschen sind interessant genug, und unterhaltsam ist das Ganze durchaus auch. Aber noch wirkt das wie der bemühte Versuch, ein deutsches „Queer Eye“ zu machen. Aber diese Übersetzung bräuchte mehr als eine neu eingerichtete Wohnung.

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