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Helfen und unterhalten: Joko Winterscheidt (l) und Klaas Heufer-Umlauf haben wieder Sendezeit erspielt und sie diesmal genutzt, um stundenlang auf den Pflegenotstand hinzuweisen.

© dpa

Pro7 macht Primetime mit der Pflegekraft: Joko und Klaas haben Jens Spahn vorgeführt

Joko und Klaas dokumentieren beim Privatsender ProSieben den Pflegenotstand. Die Politik muss jetzt etwas tun und nicht immer nur reden. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Markus Ehrenberg

Um gleich mal mit der Tür ins Haus zu fallen, die entscheidende Frage: Muss eigentlich erst ein Privatsender kommen, um in Erinnerung zu rufen, wie wichtig, wie anstrengend und vor allem wie unangemessen bezahlt der Pflegeberuf ist? Nach all den Versprechungen, Hinhaltungen und Bekundungen auch von politischer Seite in einem Jahr Corona, denen bislang kaum spürbare Taten folgten?

Was ist geschehen? Mittwochabend, auf Pro7. Der Privatsender zeigt in der Primetime sieben Stunden lang die Schicht einer Pflegekraft. Joko und Klaas haten in ihrer Show wieder frei zur Verfügung stehende Sendezeit erspielt und sie genutzt, um stundenlang auf den Pflegenotstand hinzuweisen.

In Echtzeit begleitet wurde per kleiner Kamera eine ganze Schicht der gewissenhaften und stets freundlichen Gesundheits- und Krankenpflegerin Meike Ista im Knochenmark- und Transplantationszentrum der Uniklinik Münster. Dazu Stimmen und Köpfe von Pflegekräften, die auf die Not ihrer Branche hinwiesen. Seit Jahrzehnten haben es Politik und Gesellschaft versäumt, faire Bezahlung und gut machbare Arbeitsmengen zu organisieren.

Motto des TV-Abends: „Nicht selbstverständlich“. Es sollte nicht nur für dieses bis zwei Uhr nachts laufende einmalige TV-Event gelten.

Einen Fernsehpreis für dieses experimentelle Privat-TV-Format

Sondern auch für die Politik, für Gesundheitsminister Jens Spahn, der sich Stunden später am Donnerstagvormittag dazu äußerte, als er Gespräche mit Verbänden ankündigte, um bessere Arbeitsbedingungen in der Branche zu erreichen. „Damit nach dieser schweren Phase der Pandemie viele in dem Beruf bleiben und idealerweise zurückkehren wollen, werden wir auch zügig in Gesprächen mit den Pflegeverbänden weiter darüber beraten, wie wir auch dafür die Arbeitsbedingungen noch weiter verbessern können.“

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Irgendwie haben wir das alles schon mal gehört im Frühjahr und Sommer 2020, als Menschen auch auf den Balkons standen und Pflegekräften für ihre Arbeit und Leistung in der Pandemie applaudierten. Irgendwie fällt einem das Wort "wohlfeil" ein, wenn man noch den Tweet von Olaf Scholz dazu liest: „Danke Joko und Klaas für diese Sendung! Und - man kann es nicht oft genug sagen - Danke an alle Pflegerinnen und Pfleger! Ohne sie geht nichts. Antwort auf diese Erkenntnis ist nicht, Beifall zu klatschen. Respekt heißt: gute Löhne und Arbeitsbedingungen.“ Unter dem Tweet des Vizekanzlers hat seitdem einiges an Kritik gesammelt.

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Zu recht. Es brauchte erst wieder die Courage zweier TV-Entertainer, um den Finger auf die Wunde zu legen, darauf, dass sich Pflegekräfte von Ovationen, Tweets und Bekundungen nichts haben kaufen können. Geschweige denn, sich mal von 72-Stunden-Schichten zu erholen, weil Tausende von Kollegen den Job in der Pandemie mangels Aussichten und besserer Bezahlung gekündigt haben.

Zwei Vorschläge: Einen weiteren Fernsehpreis für dieses experimentelle Privat-TV-Format von Joko und Klaas. Und ein Ultimatum für die Politik: Allerspätestens bis zur Sommerpause muss sich an der Situation der Pflegeberufe etwas spürbar ändern.

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