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Interessenkonflikt. Die neue Ermittlerin Elisabeth (Verena Altenberger).

© BR

"Polizeiruf 110": Münchener Totentanz

Der Traum vom schnellen Geld, als Befreiungsschlag des Bereitschaftspolizisten: Ein „Polizeiruf“ von Dominik Graf über Kameradschaftsgeist im Kapitalismus.

An der Spitze der Polonaise marschiert der Sensenmann, zum Abschluss der Faschingsparty spielt die Band eine rockige Version vom „Guten Kameraden“: „Er ging an meiner Seite in gleichem Schritt und Tritt ...“ Der zweite Film mit der Münchener „Polizeiruf“-Ermittlerin Elisabeth Eyckhoff (Verena Altenberger) ist eine Art Totentanz [„Polizeiruf 110“, Sonntag, ARD, 20 Uhr 15].

Wieder zeichnen Regisseur Dominik Graf und Drehbuchautor Günter Schütter, die Mitte der 1990er Jahre beim Kinothriller „Die Sieger“ und später bei den wegweisenden Fernsehkrimis „Tatort – Frau Bu lacht“ und „Polizeiruf 110 – Der scharlachrote Engel“ zusammenarbeiteten, für einen etwas anderen Polizeifilm verantwortlich: „Die Lüge, die wir Zukunft nennen“ ist ein raues Drama, keine klassische Ermittlung – eine Tragödie, die alle Beteiligten mitreißt. Die Hoffnung auf schnellen Gewinn mündet in zerstörerische Gewalt.

Eyckhoff leitet ein Team, das dem Geschäftsführer eines Unternehmens illegalen Börsenhandel nachweisen soll. Allerdings ist die Versuchung groß, aus den abgehörten Informationen selbst Kapital zu schlagen.

Der Traum vom schnellen Geld, als Befreiungsschlag des einfachen Bereitschaftspolizisten. Eyckhoffs Kollege Wolfgang Maurer (stark: Andreas Bittl) ist die treibende Kraft. Und das Verhängnis vor allem für seinen Kollegen Callum (Sascha Maaz), der das gesamte Vermögen seiner Familie aufs Spiel setzt. Auch Meryem Chouaki (Berivan Kaya), die Tochter algerischer Einwanderer, und der dunkelhäutige Tobias Rast (Dimitri Abold), der sich beim Escort-Service etwas dazuverdient, investieren dank Insiderwissen in die Aktie der Firma MTT.

Hoher Verschleiß an Filmpartnern

Insbesondere der Zusammenhalt der Polizisten wird lebendig und glaubwürdig erzählt, auch wenn manche Details weit hergeholt scheinen. Familie, Kinder, Eigenheim, Ehekrise und Affäre – die Polizisten sind hier ganz normale Leute, die in doppeltem Sinne verheizt werden.

Einerseits vom Staatsanwalt für einen privaten Rachefeldzug und andererseits, so die etwas grobschlächtige Botschaft des Films, ganz allgemein vom System: „Wie kann der Staat Menschen einsetzen, die nichts anderes tun sollen, als die Interessen vom Kapital zu vertreten, ohne daran zu denken, dass sie vielleicht mal ihren Anteil daran haben wollen?“, entfährt es Oberkommissarin Eyckhoff bei einer Befragung durch die interne Ermittlung.

Die Kommissarin gerät in einen Loyalitätskonflikt mit ihren „guten Kameraden“, erhält Verstärkung. Mit Lukas Posse (Wolf Danny Homann) von der Börsenaufsicht kommt eine Figur ins Spiel. Elisabeth findet Gefallen an Lukas, die Romanze sorgt am Ende für eine bittersüße Pointe.

Die vielversprechende Figur der Kommissarin, von Verena Altenberger feinfühlig und schlagkräftig dargestellt, gerät als Lukas’ Begleiterin etwas an den Rand des Films. Jedenfalls hat sie – unverschuldet – einen hohen Verschleiß an Filmpartnern.

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