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Jetzt noch härter. Dascha Polanco (Mitte) als Dayanara „Daya“ Diaz in der US-Serie „Orange Is The New Black“. In Staffel sechs geht es für die Protagonisten wieder ums Überleben im Frauenknast.

© dpa

"Orange is the New Black": Das Gefangenendilemma

„Orange is the New Black“, Staffel sechs oder: Warum es für Serien so schwierig ist, ein Ende zu finden.

Es ist schon toll, wie viele Sender sie hier haben. Auf dem ersten spielt eine Frau im Hasenkostüm Klavier. Auf den zweiten Blick wird klar, es ist Nicky Nichols (Natasha Lyonne), die drogenabhängige Lieblingslesbe der Gefängnisserie „Orange is the New Black“. Ein anderer Sender zeigt Galina „Red“ Resnikov (Kate Mulgrew) als Clown und Piper Chapman (Taylor Schilling) als Teilnehmerin bei Jeopardy. Die imaginäre Fernbedienung wird gehalten von Suzanne Warren (Uzo Aduba), die durch die Kanäle zappt und anscheinend ihre Medikamente zu lange schon nicht mehr genommen hat. Mit diesen surrealen Einstellungen beginnt die sechste Staffel der US-Erfolgsserie auf Netflix, die am Freitag Premiere hat.

Die farbenfrohe, etwas verstörende Sequenz endet nach acht Minuten. Suzanne wird aus ihrer Einzelzelle geholt und zum Verhör gebracht, Frida Berlin (Dale Souls) droht in ihrer Zelle zu verbluten, Dayanara „Daya“ Diaz (Dascha Polanco) wird von Wärtern misshandelt. Die Frauen befinden sich im Hochsicherheitstrakt. Es ist eine Woche nach dem Ende des Gefängnisaufstandes in Litchfield. Die sechste Staffel startet düster.

Zusammen mit „House of Cards“ ist „Orange is the New Black“ eine der Serien, mit denen der Streamingdienst Netflix groß geworden ist. Seit 2013 läuft das Drama um die Insassen eines Frauengefängnisses im Bundesstaat New York. Erfolgreich ist die Serie vor allem, weil sie die persönlichen Schicksale der Insassinnen und auch der Wärter aufgreift – niemand ist nur gut oder schlecht. Auch das fragwürdige Geschäft mit US-Gefängnissen und die Entmenschlichung in der Gefangenschaft sind Thema der Serie.

In der dritten Staffel etwa übernimmt eine private Firma die Geschäfte in Litchfield. Die Frauen müssen plötzlich BHs für eine Unterwäschefirma nähen, Resozialisierungsprogramme werden zusammengekürzt. Auch, dass Afroamerikanerinnen und hispanische Frauen wichtige Rollen bekamen und ein realistisches Körperbild von Frauen auf den Bildschirmen zu sehen ist, wird gelobt. Die Serie gewann drei Emmys und war mehrfach für den Golden Globe nominiert.

Aufhören, wenn’s am schönsten ist – das ist nicht einfach

Mit der sechsten Staffel kommt diese Serie allerdings langsam in die Jahre; auf eine Laufzeit, bei der man nach dem Abschluss fragen darf. Es gibt genug Beispiele, in denen einst tolle Produktionen ihr Haltbarkeitsdatum übersehen und sich mit immer weiteren Staffeln ins Unglück gestürzt haben. Eine solche war „Dexter“. In acht Staffeln von 2006 bis 2013 folgten wir dem Forensiker und Serienmörder Dexter Morgan (Michael C. Hall). Nach der vierten Staffel, in der Dexter den Trinity-Killer jagt, wurde die Handlung immer wirrer, bis zu dem Punkt, an dem seine Schwester sich in ihn verliebt. Handlungslücken häuften sich, das „Dexter“-Finale gilt als eines der schlechtesten in der Seriengeschichte.

Noch immer nicht zu Ende ist hingegen das Krankenhausdrama „Grey’s Anatomy“. Seit nun schon 14 Staffeln operieren, leiden und lieben die Ärzte im Grey Sloan Memorial Hospital. Vom ursprünglichen Cast ist kaum mehr jemand übrig und all die Krebserkrankungen, Geiselnahmen, Brände und Autounfälle der Protagonisten werden langweilig. Aufhören, wenn’s am schönsten ist – das ist nicht einfach.

Ein paar Serien haben es geschafft. Für den erfolgreichsten Meth-Koch des Fernsehens, Walter White und Komplizen Jesse Pinkmann gab es in „Breaking Bad“ fünf exzellente Staffeln. Danach war Schluss. Und Michael C. Hall hatte vor seinem unrühmlichen Abschluss als Dexter die Hauptrolle in „Six Feet Under“ inne. Die Serie um ein familiäres Beerdigungsinstitut schloss nach Staffel fünf schlichtweg damit, dass die Autoren ihre Helden auf geniale Weise sterben ließen.

Selten gibt es Shows, die sich auch weit über die fünfte und sechste Staffel gut halten. Die (wahrscheinlich) finale achte Staffel von „Game of Thrones“ wird für 2019 weltweit mit Begeisterung erwartet. Basierend auf der Buchreihe von Georg R. R. Martin, ist „G.o.T.“ eine epische Geschichte mit so vielen Charakteren und Handlungssträngen, dass acht Staffeln leicht gefüllt werden können.

Das gilt nicht unbedingt für die Zombie-Saga „The Walking Dead“, einst die populärste Serie ihrer Zeit, bei der man in der gerade abgelaufenen achten Staffel nicht mehr wusste, wer wem warum den Arm abbiss oder wohin floh. Die Folge: rapide sinkende Einschaltquoten. Trotzdem droht eine Fortsetzung.

Bei „Orange is the New Black“ gibt es nicht mehrere Kontinente, verschiedene Adelshäuser, alte und neue Götter, um die sich die Folgen drehen können. Es sind rund 20 Charaktere, deren Hintergrundgeschichten nun größtenteils ausgeleuchtet sind. Die fünfte Staffel war bei Weitem nicht so beliebt bei den Zuschauern wie die vorangegangenen.

Netflix veröffentlicht zwar keine Zahlen, aber auf dem Bewertungsportal „Rotten Tomatoes“ fiel die Zustimmung von 96 Prozent in Staffel vier auf 73 Prozent in Staffel fünf. Der Streamingdienst bestätigte auf Anfrage, dass es eine siebte Staffel geben werde. Man darf vorsichtig optimistisch sein, dass die Serienmacher die Spannung aufrechterhalten können. Denn, so viel sei verraten, in der sechsten Staffel ist fast alles anders als vorher.

„Orange is the New Black“, Netflix

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