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Mediengeschichte. Der ehemalige Chefredakteur des ZDF, Nikolaus Brender.

© dpa

Nikolaus Brender wird 70: Der Standhafte

Unbeugsam und unabhängig: Der Journalist Nikolaus Brender wird 70. Seinen größten Auftritt im Fernsehen hatte er im September 2005.

Es war am Abend des 18. September 2005, Primetime in der ARD. Eine Szene, die Fernsehgeschichte schrieb, vor allem auch, weil man diese Töne im oft weichgespülten TV-Polit-Talk kaum kannte (und kennt). Noch-Bundeskanzler Gerhard Schröder erklärt dem Moderator und damaligen ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender in der Elefantenrunde nach der Wahl vor laufender Kamera, er bleibe Bundeskanzler, „auch wenn Sie dagegenarbeiten“. Starker Tobak für Brender. Der kontert: „Sie haben von Medienmacht und Medienkampagne gesprochen. Ich weise Sie darauf hin, dass der ARD und dem ZDF dies nicht vorzuwerfen ist.“

Typisch Nikolaus Brender, der Unbeugsame. Der 1949 in Freiburg geborene Journalist hat gleich zweimal Mediengeschichte geschrieben. Einmal wies er den Bundeskanzler in die Schranken, der dann doch nicht Bundeskanzler blieb (es begann die Zeit von Angela Merkel), das andere Mal, und das ist in seinen Konsequenzen viel nachhaltiger, musste er 2009 als ZDF-Chefredakteur gehen und löste damit eine Debatte aus, die bei ARD und ZDF bis heute nachwirkt.

Der damalige hessische CDU-Ministerpräsident Roland Koch hatte angekündigt, dass Brenders Vertrag als ZDF-Chefredakteur nach 2010 nicht verlängert werden solle. Der ZDF-Intendant sprach sich für Brender aus. Brender erhielt die nötige Mehrheit im ZDF-Verwaltungsrat, dessen stellvertretender Vorsitzender Koch war, nicht. Er musste abtreten.

Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis, Grimme-Preis

Die Causa Brender hat Mediengeschichte geschrieben, Claus Kleber nannte das ein „Schulbeispiel für den Parteieneinfluss“. Mit dem Thema beschäftigte sich das Bundesverfassungsgericht. Es urteilte 2014, dass in den Aufsichtsgremien des ZDF nur noch höchstens ein Drittel der Mitglieder staatsnah sein dürften. Für die Unabhängigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks war das eine erhebliche Stärkung. „Die Verkündigung des Urteils in Karlsruhe selbst mitzuerleben, gehörte zu den schönsten Momenten meines Nach-Berufslebens“, sagte Brender der dpa kurz vor seinem 70. Geburtstag am Donnerstag.

Brender kam 1978 nach dem Jura-Studium zum Südwestfunk. Später wechselte er in die Redaktion der „Tagesthemen“, war fünf Jahre lang Korrespondent in Buenos Aires, dann beim WDR Fernsehprogrammchef, von 2000 bis 2010 ZDF-Chefredakteur.

Ein mehrfach dekorierter Journalist (Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis, Grimme-Preis), der auf Unabhängigkeit pocht und gegenüber Politikern stets selbstbewusst auftritt. Ein ausgezeichneter Vertreter seiner Zunft, gerade auch vor dem Hintergrund von Fake-News-Debatten und der Frage nach der Sinnhaftigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Der mittlerweile in Berlin lebende Brender will sich, nach einem Intermezzo als Talker bei n-tv, verstärkt bei der Initiative „Journalisten an Schulen“ engagieren. „Ich spüre gerade bei jungen Leuten, wie verzerrt sie die Arbeit von Journalisten sehen.“

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