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Gestatten, Theresa Wolff. Die Rechtsmedizinerin (Nina Gummich) führt mit der toten Vera Köhler (Antje Rau) ein Zwiegespräch, ehe sie mit der Obduktion beginnt.

© ZDF und Steffen Junghans

Neuer ZDF-Krimi spielt in Jena: Thüringen ist mehr als Bratwurst

Als Pathologin „Theresa Wolff“ bietet Nina Gummich den Männern in, um und um Jena herum die Stirn.

Thüringen als Krimi-Schauplatz hatte in den vergangenen Jahren keinen guten Lauf. Das ambitionierte Erfurter „Tatort“-Team fiel nach nur zwei Folgen in den Jahren 2013/14 gleich wieder auseinander, und was aus dem „Tatort“-Standort Weimar wird, ist derzeit völlig offen.

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Während der Mitteldeutsche Rundfunk also intensiv mit einem Neustart beschäftigt ist, hat das an Krimi-Reihen auch nicht gerade arme ZDF das flächenmäßig kleinste der fünf neuen Bundesländer erstmals auf der Krimi-Landkarte entdeckt. Genauer gesagt: Jena, die zweitgrößte Stadt Thüringens mit knapp über 100 000 Einwohnerinnen und Einwohnern, von denen jeder sechste eine Studentin oder ein Student ist.

["Theresa Wolff", ZDF, Samstag, 20 Uhr 15]

Da passt es ganz gut, dass eine junge Wissenschaftlerin, gespielt von Nina Gummich, die Hauptfigur der neuen ZDF-Reihe „Theresa Wolff“ für den Samstagskrimi ist. Wolff stammt aus Jena und kehrt im Premierenfall „Home sweet home“ als neue Leiterin des Instituts für Rechtsmedizin aus Berlin in die Heimat zurück, wo sie es mit einer Wasserleiche und einer Reihe ruppiger älterer Männer zu tun bekommt. Den ersten Mord löst Theresa Wolff allerdings gleich mal beim Joggen. Blutspuren führen sie zu einem Hasen, dem im Wald die Kehle durchgebissen wurde, und zum zähnefletschenden Verdächtigen, einem, nun ja, Wolf. Die Namensmetaphern der ZDF-Krimis waren auch schon mal origineller.

Immerhin offenbaren sich gleich wesentliche Eigenheiten der Figur: Theresa Wolff treibt Sport und lebt auch sonst ausgesprochen gesund – das thüringische Rostbratwurst-Klischee bedient nur der allergisch verschnupfte Kommissar Brückner, in dessen Ermittlungen sie sich permanent einmischt. Wolff kennt sich gut in der reichlich vorhandenen Natur aus und wohnt allein in einem bezaubernden alten Jagdhaus am Rande des Thüringer Walds, der hier neben Stadt und Stausee die Landschaftskulisse komplettiert. Und sie führt gerne Selbstgespräche, wenn sie einer Sache auf den Grund geht. Auch das mit dem Auto im Stausee versenkte Opfer, eine Ärztin, wird auf dem Seziertisch persönlich angesprochen.

Der Verdächtige wird noch verdächtiger

Wolffs Diagnose im ersten Fall lautet: „Massive distanzlose Gewalt“, aber auch ein Ertrinken als Todesursache schließt die neue Chefin der Rechtsmedizin nicht aus. Der Mann des Opfers ist ebenfalls Arzt und überdies Wolffs Jugendliebe. Dass dieser Steffen Köhler von Florian Bartholomäi gespielt wird, einem auf TV-Bösewichter wie Markus Graf („Tatort“ Dortmund) spezialisierten Darsteller, macht den Verdächtigen leider noch verdächtiger. Gleichzeitig ist Theresa Wolff ein wahres medizinisches Multitalent – als gelte es, jeden Zweifel, dass eine junge Frau einen solchen Posten (und eine solche Rolle) übernehmen kann, mit aller Macht zu widerlegen. Sie bekommt es mit verschiedenen Opfern körperlicher Gewalt, mit Drogensucht und Stress-Symptomen zu tun. Da ist es ganz angenehm, dass wenigstens die Corona-Pandemie gnädig ausgeblendet wird.

Für die neugierige und ehrgeizige Theresa Wolff haben sich die Drehbuchautoren Peter Dommaschk und Ralf Leuther jedenfalls einen eingängigen Kalenderblatt-Leitspruch ausgedacht: „Wer den Tod begreifen will, der muss erst mal das Leben verstehen.“ Also ermittelt Theresa Wolff eifriger als die Polizei und pfeift dabei auf Vorschriften und Absprachen. Das ist toll übertrieben und dreist realitätsfern, hält aber die überfrachtete Geschichte flott am Laufen.

Ärztin in der "Charité"

Für die Titelrolle wurde Nina Gummich engagiert. Offenbar hat die ZDF-Redaktion die dritte Staffel der ARD-Serie „Charité“ gesehen, denn darin spielte sie bereits die Hauptrolle einer jungen Ärztin. Die in Leipzig aufgewachsene Gummich als Medizinerin, die den Männern selbstbewusst und schlagfertig die Stirn bietet – das passt auch hier. Lächelnd lässt sie das unverschämte Gehabe ihres Stellvertreters am Institut an sich abprallen. Im Gegensatz zu dem von seiner eindimensionalen Rolle unterforderten Peter Schneider darf Thorsten Merten eine Nebenfigur fast auf Augenhöhe spielen – eine erfreuliche Abwechslung angesichts so viel toxischer Männlichkeit. Kommissar Brückner ist ein mürrischer Kerl, dessen an Alzheimer erkrankte Frau in einem Pflegeheim lebt. Das Finale von „Home sweet home“ dürfte für eine noch engere Verbindung im weiteren Verlauf der Reihe sorgen.

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