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ARD, ZDF und Deutschlandradio sollen sich in ihren Online-Angeboten auf Audio und Video fokussieren. Gibt es – wie zuvor bei der „Tagesschau“-App – erneut Streit, weist künftig eine Schlichtungsstelle den Weg.

© Oliver Berg/dpa

Neuer Rundfunkstaatsvertrag: Weniger Wort, mehr Video in den Apps von ARD und ZDF

Alles neu im Mai: Wie sich die Öffentlich-Rechtlichen auf die geänderten Online-Regeln einstellen.

Seit 2011 streiten Zeitungsverleger mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk darüber, wie die „Tagesschau“-App und andere, mit Gebührengeldern finanzierte Online-Angebote gestaltet sein müssen, um den privatwirtschaftlichen Medienhäusern nicht das Geschäft zu vermiesen. Zuletzt hatte der Bundesgerichtshof 2017 ein Urteil des Oberlandesgerichts Köln bestätigt, das die „Tagesschau“-App als „in unzulässiger Weise presseähnlich“ bewertet hatte. Der Vorgang liegt inzwischen beim Bundesverfassungsgericht, das über eine Beschwerde des NDR – der für ARD-aktuell zuständig ist – gegen diese Urteile entscheiden soll. Aber möglicherweise ist das gar nicht mehr nötig, wenn am 1. Mai der 22. Rundfunkänderungsstaatsvertrag in Kraft tritt, dem inzwischen alle Bundesländer zugestimmt haben. Zu den neuen Regeln gehört unter anderem, dass ARD, ZDF und Deutschlandradio in ihren Online-Angeboten den Schwerpunkt auf Videos und Tonaufnahmen legen.

Doch wie werden die neuen Regeln von den Sendern umgesetzt? „Die gesetzlichen Anforderungen werden ab 1. Mai erfüllt“, sichert die ARD zu. „Die Landesrundfunkanstalten haben sich bereits in den vergangenen Monaten auf die neuen Regeln eingestellt. Onlineangebote verändern sich ohnehin laufend. Um eines von vielen Beispielen zu nennen: BR24, das digitale Informationsangebot des Bayerischen Rundfunks, setzt schon seit Längerem schwerpunktmäßig auf Videos und Audios“, antwortete ein ARD-Sprecher auf eine Anfrage des Tagesspiegels.

Allerdings ist jede ARD-Anstalt selbst für ihr Onlineangebot und die Einhaltung der Bestimmungen verantwortlich. „Dabei gibt es selbstverständlich einen Austausch, um eine einheitliche Linie zu verfolgen“, betonte die ARD. Der Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) plane zum 1. Mai „keine besonderen Veränderungen“. RBB24 werde kontinuierlich weiter entwickelt, „wir haben bei den Anpassungen der vergangenen Monate natürlich darauf geachtet, dass Änderungen nicht der zu erwartenden, kommenden Rechtslage widersprechen“, teilte der Sender mit. Im April hatte die Anstalt  eine verbesserte Version der News-App RBB24 gelauncht. Dort seien Video- und Audio-Angebote schneller und leichter abrufbar, zudem gebe es Zugriff auf Video-Livestreams und die kompletten Sendungen von „Abendschau“, „Brandenburg aktuell“ und „RBB24“ sowie den Livestream von Inforadio. „Ein stärkerer Schwerpunkt bei Video und Audio ist im Sinne unserer Nutzerinnen und Nutzer, entsprechend bieten wir ihn auch an. Die neue Rechtslage verschlechtert die Situation nicht, sondern erlaubt es, unseren Auftrag auch im Netz weiter zu erfüllen“, betonte RBB-Programmchef Jan Schulte-Kellinghaus.

Die neuen rechtlichen Regeln gelten auch für das Deutschlandradio. Der Sender mit seinen drei Programmen Deutschlandfunk, Deutschlandfunk Kultur und Deutschlandfunk Nova hat nach eigenen Angaben für den 1. Mai „keine grundsätzlichen Änderungen“ geplant. „Im Rahmen unserer Digitalstrategie wollen wir die Audioangebote in Zukunft noch besser als bisher zugänglich machen und erfolgreiche Angebote wie die Dlf-Audiothek-App oder Podcasts wie ,Eine Stunde History‘ vom Deutschlandfunk Nova oder ,Der Tag‘ vom Deutschlandfunk weiterentwickeln“, antwortete der Sender. „Für das Deutschlandradio bietet der neue Telemedienauftrag eine große Chance, in der digitalen Welt eine ähnliche Rolle wie in der klassischen Radiowelt zu spielen. Unabhängig, unverzichtbar, unverwechselbar!“, erklärte Intendant Stefan Raue. Zugleich verweist der Sender auf die bestehenden Ausnahmen vom Verbot der Presseähnlichkeit, wenn ein konkreter Bezug zu einer Sendung vorliegt. Das Aufbereiten und Aktualisieren von Inhalten aus einer konkreten Sendung einschließlich Hintergrundinformationen mitsamt Online-Texten bleibe für das Deutschlandradio ein wichtiges Element insbesondre für die Auffindbarkeit durch Suchmaschinen. Insgesamt gilt: „Audio-Angebote in Form von Livestreams, Podcasts sowie Audio on Demand sind bereits jetzt der Mittelpunkt unseres Online-Angebots, das sich laufend weiterentwickelt.“

Im Grundsatz befolgen die Sender das Verbot der Presseähnlichkeit somit bereits. Tatsächlich kann der Rundfunkänderungsstaatsvertrag aber mit Blick auf künftige Begehrlichkeiten noch bedeutsamer werden. Die Nachfrage der Zuschauer und Hörer verlagert sich spürbar ins Internet und zu den Online-Angeboten, Konflikte zwischen den verschiedenen Mediensystemen sind somit kaum zu vermeiden. Auch dazu enthält die Novelle des Staatsvertrages mit der Einrichtung einer anlassbezogenen Schlichtungsstelle eine Regelung. Das Gremium ist mit den Spitzen aus Sendern und Verlagen besetzt: Der Zeitungsverlegerverband entsendet Präsident Mathias Döpfner und einen seiner vier Stellvertreter. Hinzu kommt ein Vertreter des Verlags, der das fragliche öffentlich-rechtliche Angebot für unzulässig hält. Die ARD schickt ihren Vorsitzenden Ulrich Wilhelm (BR) und seine Stellvertreterin Karola Wille (MDR) in das Gremium, zusätzlich den Intendanten des Senders, der das von den Verlegern bemängelte Angebot verantwortet. Das ZDF ist mit Intendant Thomas Bellut, Justiziar Peter Weber und den Leiter der Hauptredaktion Neue Medien, Eckart Gaddum, vertreten. Vom Deutschlandradio nehmen Intendant Stefan Raue, Programmdirektor Andreas-Peter Weber und Justiziar Markus Höppener an den Schlichtungsgesprächen teil.

Auf die Zuschauer von ARD und ZDF hat eine andere Neuregelung hingegen noch direktere Auswirkungen. Nach dem neuen Rundfunkstaatsvertrag dürfen die Inhalte in den öffentlich-rechtlichen Mediatheken vom 1. Mai an länger angeboten werden. Die alte Sieben-Tage-Regel ist dann Geschichte. Die ARD lobt die Neuregelung entsprechend, zumal nun auch europäische Lizenzkäufe nicht nur linear im Fernsehen ausgestrahlt, sondern auch in der Mediathek gezeigt werden können. Das erfreut auch RBB-Programmchef Schulte-Kellinghaus: „Für ,McMafia‘ kam die neue Regelung etwas zu spät. Aber bei nächsten Projekten dieser Art können wir uns Rechte für die Mediathek sichern, das ist eine deutliche Verbesserung im Sinne unseres Publikums.“

Die längere Verweildauer beträgt bis zu 30 Tage nach der Ausstrahlung der europäischen Fernsehserien- und Filme, erläuterte das ZDF. Das Zweite verweist jedoch darauf, dass es im Telemedienkonzept des Senders noch offene Fragen gibt. Ein geändertes Konzept „wird zur gegebenen Zeit eingebracht werden“, kündigte der Sender an.

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