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Neue Eltern-Serie auf TNT: Irrsinn Kita

Wahre und eingebildete Probleme: Lutz Heinekings Mockumentary „Andere Eltern“ erfreut mit einem komischen Blick in die Abgründe der urbanen Mittelschicht.

Sie lieben ihre Kinder und wollen alles richtig machen: junge Eltern. Im Kindergarten allerdings stoßen sie auf eine Spezies, die irgendwie schwierig ist: „Andere Eltern“. So lautet der treffende Titel einer siebenteiligen Mockumentary, die tief und saukomisch in die Abgründe des urbanen Mittelschichts-Milieus blickt.

Schauplatz der Serie von TNT Comedy ist Köln-Nippes, wo Ideengeber, Autor und Regisseur Lutz Heineking jr. selbst lebt. Das war hilfreich für die Produktion und verleiht dem Ganzen auch ein wenig Authentizität, aber spielen könnte die Handlung um eine Kindergarten-Gründung ebenso gut in Prenzlauer Berg oder jedem anderen Szene-Viertel einer beliebigen Großstadt.

Nina (Lavinia Wilson) erwartet ihr zweites Kind, erhält aber keinen Platz in der Kita der Erstgeborenen. Und so beschließt sie, eine eigene zu gründen und schart neben ihrem Mann Jannos (Jasin Challah) einen Haufen Gleichgesinnter um sich. Ihre Mutter Ini (Johanna Gastdorf) ist Dokumentarfilmerin und hält das irre Treiben für die Ewigkeit fest. Wir Zuschauer werden also mittels ihrer dokumentarischen Kamera Zeugen des alltäglichen Kita-Wahnsinns: Stuhlkreise, gemeinsames Renovieren, Bewerbungsgespräche.

Ini führt außerdem Einzel-Interviews, besucht die Serien-Helden im fiktiven Zuhause und begleitet sie bei verschiedenen realen Anlässen, sei es beim Rockkonzert oder bei einer „echten“ Paartherapeutin. Der Schamane allerdings, der mit seinen Rauchzeichen die frisch renovierten Räume dank funktionierender Sprinkleranlage unter Wasser setzt, ist der großartige Gerhard Liebmann („M – Eine Stadt sucht einen Mörder“).

Die dokumentarische Anmutung geht auch deshalb auf, weil Heineking wie in seiner für den Grimme-Preis nominierten Serie „Endlich Deutsch“ das Ensemble improvisieren ließ. Jede Schauspielerin und jeder Schauspieler – alle übrigens selbst Mutter oder Vater – erhielt zwar vom Autorenteam, darunter Ron Markus („Bad Banks“, „Stromberg“), eine Beschreibung der eigenen Rollenfigur und Anweisungen für die jeweiligen Szenen, war aber nicht darüber unterrichtet, was den Mitspielern aufgetragen worden war. Gedreht wurde folgerichtig chronologisch, zum Teil in 45 Minuten langen, nicht wiederholbaren Einstellungen – was eine aufwändige Arbeit im Schnitt zur Folge hatte.

Eigentlich zu beschäftigt für ihr Kind und die Kita

„Liebevoll-gemein“ nennt der kinderlose Heineking, 44, das selbstironische und unkorrekte Porträt seiner eigenen Generation, eine komische Parade unterschiedlicher Rollenbilder. Da gibt es Björn (Serkan Kaya), den Helikopter-Hausmann, der die Spielplatz-Geräte eigenhändig auf Sicherheit testet. Seine Frau Yaa (Rebecca Lina) versorgt mit einem Tortenbedarfsladen die Familie, aber in der Ehe knirscht es trotz vorbildlichen Rollentauschs vernehmbar. Die alleinerziehende Nike (Henny Reents) ist Musikproduzentin und eigentlich zu beschäftigt für ihr Kind und die Kita.

Ihr homosexueller Bruder Malte (Daniel Zillmann), ein erfolgloser Schauspieler, springt tatkräftig ein, wäre ohnehin liebend gerne selbst Vater und sucht deshalb per Dating-App nach einer passenden Leihmutter. Auch Grundschullehrerin Anita (Nadja Becker) und Anwalt Lars (Sebastian Schwarz) haben noch keine Kinder, besuchen aber schon mal Geburtsvorbereitungskurse. Schwarz spielt diesen Juristen als pseudo-toleranten, verkappten Rechtsaußen, der die Gruppe mit peinlichen Sprüchen über Schwule und Ausländer aufmischt.

Vielleicht sollte man betonen: Kinder kamen bei der Produktion nicht zu Schaden. Sie treten ohnehin kaum einmal in Erscheinung, denn die Serie handelt zwar von allen möglichen Erziehungsfragen, auch vom Streit ums Impfen oder der richtigen Ernährung, aber Kinder als Film-Protagonisten sind nahezu überflüssig, weil hier die Eltern ohnehin um sich selbst und ihre vielen wahren und eingebildeten Probleme kreisen.

Andere Eltern“, TNT Comedy, ab Dienstag via Sky

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