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Die Streaminganbieter Netflix, Apple TV und Amazon Prime auf einem Handy Display.

© Moritz Wolf/Imagebroker/Imago

Netflix, YouTube, Twitch: Wird lineares Fernsehen bald aussterben?

Einer neuen Studie zufolge schauen weniger junge Menschen klassisches Fernsehen. Sind die Zeiten des kollektiven Zuschauens vorbei?

Das Fernsehen von heute ist nicht mehr das Fernsehen von damals. Nicht nur die Formate scheinen sich in den letzten 20 Jahren grundlegend verändert haben, sondern auch das Medium.

Vor allem die jüngere Generation scheint bei der täglichen Berieselung vornehmlich auf Online-Anbieter wie Youtube, Streamingdienste oder Mediatheken zu setzen.

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Bereits 2014 verkündete der Netflix-Chef Reed Hastings in einem Interview mit der „Wirtschaftswoche“, dass das klassische, lineare Fernsehen bald aussterben werde – schätzungsweise „über einen Zeitraum von 20 Jahren“. Hat das herkömmliche Massenmedium TV mit seinen Sendern und Fernsehprogrammen damit ausgedient?

Lineares Fernsehen: Eine Frage des Alters?

Einer neuen Studie der Allensbacher Markt- und Werbeträgeranalyse (AWA) zufolge soll das totgesagte TV tatsächlich länger leben. Auch 2022 soll lineares Fernsehen immer noch das meist genutzte Bewegtbildmedium sein: Immerhin 96 Prozent aller Befragten nutzen die klassischen Fernsehprogramme „zumindest selten“, 56 Prozent sogar täglich.

Die Sache hat allerdings einen Haken: das Alter der Nutzer. Denn beim Konsumverhalten können deutliche Generationsunterschiede ausgemacht werden. Ganze 87 Prozent der über 70-Jährigen geben an, dass sie lineares Fernsehen täglich nutzen, bei den 50- bis 69-Jährigen sind es immerhin noch 64 Prozent.

Eine Fernbedienung liegt auf einer Zeitung mit dem abgedruckten Fernsehprogramm.
Eine Fernbedienung liegt auf einer Zeitung mit dem abgedruckten Fernsehprogramm.

© dpa

Die jüngeren Nutzer weichen hiervon stark ab: Von den befragten 14- bis 29-Jährigen zappten nur noch 27 Prozent täglich in klassische Fernsehprogramme rein. Allerdings nutzen 22 Prozent von ihnen täglich Streamingdienste. Und ganze 29 Prozent frequentieren jeden Tag YouTube und andere Online-Videoportale.

Youtube in linear: Hype um „7 vs. Wild“

Dass auch Online-Videoplattformen linear-ähnliche Formate anbieten, zeigen YouTube-Serien wie „7 vs. Wild“.

Die Produktion des 33-jährigen Webvideoproduzenten Fritz Meinecke erschien Ende 2021 immer mittwochs und samstags um 18 Uhr (MEZ) auf Youtube. Zunächst fand die Survival-Serie vor allem bei YouTubern, Influencern und Gamern großen Anklang. Schon bald riefen Video-Blogger wie Rezo oder der bekannte YouTuber Simon Unge ihre Zuschauer dazu auf, die neue Folge gemeinsam und online auf dem Live-Streaming-Portal „Twitch“ anzuschauen – und die Fans folgten.

[Lesen Sie auch den Erfahrungsbericht des Tagesspiegel-Redakteurs Kevin P. Hoffmann, der die YouTube-Serie zusammen mit deiner Familie anschaute: Survival-Serie „7 vs. Wild“ - Familienprogramm am YouTube-Lagerfeuer (T+)]

Mehr als fünfeinhalb Millionen Zuschauer (Stand: 29.06.2022) sahen in der ersten Folge, wie sich sieben Kandidaten sieben Tage lang in der Wildnis Schwedens behaupteten. Mitnehmen durften sie allerdings nur ihre Kleidung am Körper und maximal sieben Gegenstände.

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Ausgestattet mit einer Bodycam und einem verplombten Notfall-Set samt Handy erwehrten sich die sogenannten „Bushcrafter“ der nächtlichen Kälte und einer aufdringlichen Bärennachbarschaft.

Vor allem der tägliche Wildnis-Alltag der Kandidaten scheint die Zuschauer in den Bann zu ziehen. Ob bei der Zubereitung einer (hoffentlich) ungiftigen Pilzsuppe oder beim Bau einer Schlafstätte – das Publikum fiebert kollektiv mit. Und wohl selten in der Geschichte des YouTube-Rudelguckens haben sich die Zuschauer zusammen mit den Kandidaten so einträchtig über Müllfunde wie weggeworfene Seile oder ein altes Einmachglas gefreut.

Vielleicht mag es der Endzeitstimmung geschuldet sein, die so gut in unsere Zeit passt. Vielleicht liegt es grundsätzlich am allseits beliebten Format des Reality-TV. Schlussendlich muss man der YouTube-Serie „7 vs. Wild“ aber zugestehen, dass sie sowohl Survival-Fans wie auch Großstadtkinder zwar separiert voneinander, aber doch gemeinschaftlich und vor allem simultan vor die Bildschirme lockt.

„Stranger Things“ als Massenkonsumgut?

Neben YouTube-Formaten scheinen auch Streaming-Serien bei der jüngeren Zielgruppe immer beliebter zu werden. Das zeigten bereits solche Formate wie „Game of Thrones“ (HBO), „Squid Game“ (Netflix) oder „The Handmaid's Tale“ (Amazon Prime).

Vor allem in den letzten Jahren konnte das Netflix-Format „Stranger Things“ einige Streaming-Rekorde brechen. Die Mystery-Serie rund um ein paar Teenager, die es in einem 80er-Jahre-Setting mit Monstern und einer andersartigen „Schattenwelt“ zu tun bekommen, ging Ende Mai bereits in die vierte Staffel und legte das bislang erfolgreichste Startwochenende aller Netflix-Serien hin.

[Lesen Sie auch: Streaming-Tipps für den Sommer: Zwischen Bösem, Banken und Beats (T+)]

Allein am ersten Wochenende wurde die neue Staffel mehr als 286 Millionen Stunden geschaut. In allen 93 Ländern, in denen Netflix aktuell Zahlen erhebt, landete die vierte Staffel geradewegs in den Top 10 der Serien-Charts.

Der Cast der vierten Staffel von der Netflix-Serie „Stranger Things“.
Der Cast der vierten Staffel von der Netflix-Serie „Stranger Things“.

© dpa

Solche globalen Serien-Erfolge zeigen vor allem eins: Obwohl es scheinbar unzählige Streaming-Formate gibt, können ein paar von ihnen zu einem echten Massenkonsumgut werden, die (fast) jeder kennt.

Alleine zusammen fernsehen

Der Zuschauer von heute kann seine Lieblingsformate dank Streamingdienst, Youtube und Co. konsumieren, wann, wo und wie es ihm gefällt. Trotzdem schaffen es Streaming-Serien wie „Stranger Things“ oder YouTube-Formate wie „7 vs. Wild“ die Massen zurück an das mediale Lagerfeuer zu ziehen und vor den Bildschirmen zu versammeln.

Und wer hätte gedacht, dass man trotz eines unerschöpflichen Angebots an Streaming-Serien und YouTube-Formaten am Folgetage auf der Arbeit oder dem Schulhof solche Sätze hört wie „Hast du die letzte Folge gesehen?“.

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