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Kein Talk zu Köln: Die ARD-Plauderer Frank Plasberg, Sandra Maischberger und Anne Will kehren erst nächste Woche auf den Bildschirm zurück.

© dpa

Nach Köln-Kritik: Öffentlich-Rechtliche wehren sich gegen Vorwürfe

Wo senden sie denn? Die öffentlich-rechtlichen Anstalten weisen die Vorwürfe mangelnder Köln-Berichterstattung zurück. Getalkt wird bei ARD und ZDF jedoch erst wieder in der nächsten Woche.

„Schweigekartell“, „Nachrichtensperren“, die CSU war um starke Worte nicht verlegen, als sie die Programmleistung der öffentlich-rechtlichen Sender nach den Übergriffen in Köln kritisierte. Und legte am Donnerstag noch mal nach. Der frühere Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich sagte im NDRinfo-Radio, „es besteht der Verdacht, dass man glaubt, dass man über solche Übergriffe insbesondere von Migranten und Ausländern deswegen nicht berichtet, weil man nach Möglichkeit die Bevölkerung nicht beunruhigen will“. Es sei die Aufgabe von Journalismus, zu beschreiben, was wirklich passiere, und zu informieren. „Und nicht zu filtern, was können wir der Bevölkerung zumuten und was nicht.“
Feststellungen, die ARD-Chefredakterur Thomas Baumann nicht hinnehmen will. Mit Blick auf die (CSU-)Kritik sagte er dem Tagesspiegel, „das ärgert mich, weil für das Erste kein Fall nachweisbar ist, auf den dieser Vorwurf zutrifft“. In Baumanns Perspektive hat das Erste ausreichend berichtet, bereits am Montag hätten „Tagesschau“ und „Tagesthemen“ das Thema aufgegriffen, am Dienstag eine Sondersendung im Programm gehabt. An diesem Tag berichtete das ZDF mit einem „ZDF spezial“, während die ARD ihrerseits auf jeden „Brennpunkt“ verzichtete. Baumanns Begründung: „Ein ,Brennpunkt‘ wurde in diesem Fall angesichts der Tatsache, dass das Ereignis schon Tage zurücklag, nicht erwogen.“ Neue Lage, neue Reaktion am Donnerstag: „Durch die Veröffentlichung des Protokolls des Kölner Einsatzleiters hat sich am Donnerstag eine neue Situation ergeben. Deshalb haben wir einen ‚Brennpunkt‘ ins Programm genommen.“

Die TV-Talker kehren in der nächsten Woche auf den Bildschirm zurück

Auch im neuen Jahr verfügt das erste Programm mit „Hart aber fair“, „Maischberger“ und „Anne Will“ über so viele Talkformate wie kein zweites Programm im deutschen Fernsehen. Da herrscht gerade tiefes Schweigen, doch schon in der nächsten Woche wird unisono wieder getalkt. Alle drei Formate kommen just aus der Weihnachtspause zurück, genauso wie Maybrit Illner im ZDF. Und keiner/keine, die nicht in dieser Woche zur Diskussion hätte einladen können? ARD-Chefredakteur Thomas Baumann sagte: „Das Erste hat mehrfach unter Beweis gestellt, dass es auch aktuell mit Gesprächssendungen reagieren kann. Im konkreten Fall wäre das auch möglich gewesen, ist aber mit Bedacht nicht erfolgt und auch nicht sinnvoll – solange nicht einmal die Täter feststehen.“ Eine nicht eben sinnfällige Wenn-dann-Logik.

Was sich die ARD-Information für 2016 vorgenommen habe? „Das, was wir immer tun: abbilden, was ist“, sagte Thomas Baumann dem Tagesspiegel. Dennoch, man hätte in diesen Tagen schon gerne gesehen, wie über Köln beispielsweise bei „Hart aber fair“ gestritten würde, mit Gästen wie Serdar Somuncu, Alice Schwarzer, Chefredakteuren und Senderverantwortlichen, die sich dem Vorwurf „Lügenpresse“ entgegenstellen. Es habe zu den angezeigten Übergriffen auf Frauen und der Kritik an der Kölner Polizei in allen Nachrichtenformaten thematische Schwerpunkte mit zahlreichen Beiträgen und Schaltgesprächen zum aktuellen Informationsstand und den Hintergründen gegeben, sagt eine WDR-Sprecherin. Vor dem Hintergrund dieser umfassenden Berichterstattung wurde nicht zusätzlich eine Sonderausgabe von „Hart aber fair“ vorgesehen. „,Hart aber fair‘ wird in der kommenden Woche wie gewohnt am Montag gesendet und nach jetzigem Planungsstand die Ereignisse in Köln thematisieren.“

Das ZDF gibt sich wortkarg

Das Zweite Deutsche Fernsehen gab sich am Donnerstag wortkarg. Eine umfangreiche Tagesspiegel-Anfrage beantwortete ein Sprecher mit dem Verweis auf das längst bekannte Statement des stellvertetenden Chefredakteurs Elmar Theveßen, wonach es ein Versäumnis der „heute“-Nachrichten um 19 Uhr gewesen sei, nicht über die Vorfälle in Köln berichtet zu haben. „Es ist das Recht des Fernsehrats und seiner Mitglieder, das zu thematisieren.“ Dabei werde die gesamte Berichterstattung des ZDF über das Thema zu betrachten sein. Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU) sitzt im ZDF-Fernsehrat.
Als erster öffentlich-rechtlicher Sender hat Phoenix am Donnerstagabend mit „Phoenix Runde spezial“ eine Diskussionssendung über Köln ins Programm eingeschoben. Moderatorin Anke Plättner wollte darin mit dem Kriminologen Christian Pfeiffer und Oliver Malchow, dem Bundesvorsitzendem der Gewerkschaft der Polizei, und Franziska Giffey, Bezirksbürgermeisterin Neukölln, über die Ereignisse von Köln diskutieren. „Wenn wir am Montag, Dienstag und Mittwoch schon gewusst hätten, was wir heute wissen, hätten wir an jedem dieser Tage eine Diskussionssendung zu Köln machen können“, sagt dazu der stellvertretende Phoenix-Programmchef Alfred Schier.

Kritik am Umfang der Berichterstattung zu Köln lässt Schier nicht gelten: „Wir machen sehr viel, seit uns die nötigen Informationen vorliegen.“ Doch wäre es an Tagen wie diesen nicht wünschenswert, wenn Phoenix überhaupt wie BBC oder CNN arbeiten könnte? Schier teilt diese Auffassung nicht: „Wir sind kein Nachrichtensender, sondern ein Ereignis- und Dokumentationskanal. Das ist unser Auftrag.“ Aber auch öffentlich-rechtliche Aufträge können sich ändern. „Phoenix hat bereits im Oktober erkannt, dass es durch die Häufung von Großereignissen keine wirkliche Weihnachts- und Osterpausen mehr gibt. Die Ereignisse von Köln haben uns darin bestätigt. Wir starten ab Ostern auch im ,Sonderprogramm‘ um neun Uhr mit dem aktuellen ,Vor Ort‘-Programm“, sagte der Phoenix-Programmverantwortliche. Immerhin, so ganz hieb- und stichfest scheint die Medienkritik von CSU-Mann Friedrich nicht zu sein. Im Interview mit NDRinfo am Donnerstagmorgen wusste er auf die Frage, was er denn nun dem NDR in Sachen Silvester-Übergriffe-Berichterstattung konkret vorwerfe, keine konkrete Antwort. Nur wieder das allgemeine Credo, dass es die Aufgabe des Journalismus sei, zu informieren, objektiv und ungefiltert. Als Friedrich von der Moderatorin darauf hingewiesen wurde, dass der NDR seit Montagnachmittag von den Vorfällen in Köln berichte, seit bekannt wurde, welches Ausmaß das Ganze annehme, sagte Friedrich: „Das ist gut. Meinen Glückwunsch zu dieser Entscheidung.“

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