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Rücksichtslose Truppe. Suhail Dabbach als Major Jaseem.

© JOSE HARO/NETFLIX

„Mosul“ auf Netflix: Blut, Schweiß, Tränen

Mit „Mosul“ wagt Netflix einen Kriegsfilm zum Islamischen Staat. Eines müssen sich die Macher vorwerfen lassen.

Der Film dauert 102 Minuten. Mindestens so viele Menschen werden erschossen, in die Luft gesprengt, erstochen. Der Film heißt „Mosul“ nach Iraks zweitgrößter Stadt, die zwischen 2014 und 2017 vom Islamischen Staat besetzt gehalten wurde. Die Terrormiliz erklärte Mossul zur Hauptstadt, ein blutiges Regime wurde errichtet, ehe die Rückeroberung begann.

Teil der Kampagne ist in „Mosul“ das Ninive Swat-Team, eine Einheit ehemaliger irakischer Soldaten, die sich den Ruf einer rücksichtslosen Kampftruppe in der Schlacht um Mossul erworben hat, angeführt vom Ex-Polizei-Kommissar Jasem (Suhail Dabbach) und dem Kommandanten Waleed (Ishaq Elias). Immer wieder werden Kämpfer getötet, weswegen die Befreiungsaktion des kurdischen Polizisten Kawa (Bilal Adam Bessa) gerade recht kommt.

Kawa weiß nicht nichts von der aktuellen Kommando-Mission, klar ist, dass die Einheit zum Hauptquartier der IS-Miliz vordringen will. Was folgt, ist die Verfolgung der Swat-Truppe durch Straßen in Mossul. Die (Hand-)Kamera von Mauro Fiore klebt quasi an der Einheit, übernimmt deren Perspektiven im Häuserkampf. Pardon wird nicht gegeben, Gefangene werden nicht gemacht, Überleben heißt schneller töten, um nicht selbst getötet zu werden, die Bilder strotzen bisweilen vor Brutalität.

„Mosul“ ist eine US-Produktion der Blockbuster-Brüder Anthony und Joe Rosso. Sie haben den Drehbuchbuchautoren Matthew Michael Carnahan für Buch und erste Regiearbeit engagiert. „Mosul“ ist ein Reißer, auf oft engstem Raum muss sich die Truppe gegen die unsichtbare Übermacht erwehren.

Weniger „Call-of-Duty"-Furor wäre mehr gewesen

Der Look ist quasi dokumentarisch, der Action wird eindeutig der Vorzug vor der Charakterisierung der Figuren gegeben. Nur Jasem, Waleed und Kawa bekommen ein Gran Individualität zugestanden. Der Kommandeur sammelt an fast jedem Schauplatz den Dreck auf dem Fußboden in einen Mülleimer, als wollte er mit dieser Geste den Wiederaufbau des von Grund auf zerstörten Mossul voranbringen (gedreht wurde in Marokko).

Natürlich gewinnt die Produktion durch die rein arabische Besetzung an Authentizität, ist die Schonungslosigkeit des Kampfes durch den Artikel im „New Yorker“ von Luke Mogelson beglaubigt, der die Macher zum Film motiviert hat.

Was stört, ist die überwältigende Konzentration auf Blut, Schweiß und Tränen. Weniger „Call-of-Duty"-Furor in diesem Plot hätte die Story nicht um ihre Essenz gebracht, dafür aber den menschlichen Faktor gestärkt.

Eben auch den genuin arabischen Faktor: „Wir reden nicht mehr über amerikanische Interventionen, wir haben das alles hinter uns gelassen“, sagt Major Jasem zum Neuling Kawa, als dieser sich wundert, warum sie keine Unterstützung durch die US-Airforce anfordern. Ein bemerkenswerter Satz in einer US-amerikanischen Filmproduktion – und trotzdem bleibt der am Donnerstag startende Film „Mosul“ Hollywood-Actionkino im US-Streamingdienst Netflix.

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