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Medien: „Mein Film hat Risse“

Fernsehpreis: Gespräch mit dem Nominierten Christian Petzold

Herr Petzold, heute Abend wird der Deutsche Fernsehpreis verliehen. Ihr Film „Toter Mann“ ist gleich fünfmal nominiert. Wie würden Sie das Prinzip Ihrer Filme beschreiben?

Das ist ein Kammerspiel, das unter Druck gerät. Das finde ich am französischen Film so fantastisch, diese unter Druck geratenen Kammerspiele, die trotzdem noch diese Sinnlichkeit haben. Das habe ich auch bei „Toter Mann“ versucht, und eigentlich finde ich es ja skandalös, dass solche Filme bei uns nicht im Kino laufen.

Woran liegt das?

Ich finde, öffentliche Orte werden in Deutschland immer weiter zurückgefahren. Es gibt einen Aufsatz von Enno Patalas…

…dem ehemaligen Direktor des Filmmuseums München…

… der Aufsatz heißt „Warum wir das beste Fernsehen und das schlechteste Kino haben“. Der Aufsatz ist von 1965, und den könnte man heute noch genauso drucken. Da ist was dran. Vielleicht ist das Fernsehen ja die letzte Öffentlichkeit der Deutschen. Ansonsten fehlt doch so etwas: Boulevards, Großstadt. Die Deutschen ziehen sich in ihre Reihenhäuser und Bausparkassen zurück. Und das Kino ist etwas Städtisches.

„Toter Mann“ bedient so gar nicht, was man sonst zur Primetime im TV sieht.

Im Fernsehen werden zur Prime Time Menschen vorgeführt, denen man, was weiß ich, die Schädeldecke entfernt, und wie die damit weiterleben und trotzdem noch Glück haben. Das ist 20-Uhr-15-Fernsehen. Irgendwie geht es weiter, und alles ist ganz toll. Das zwölfjährige Kind schafft es, nach neun Jahren Baby-Strich wieder zurück in die Welt zu finden. So in dieser Art. „Toter Mann“ ist so ziemlich das Gegenteil davon. Er fängt an wie ein leichter Sommerfilm, bekommt dann plötzlich ungeheure Risse, der Film schließt diese Risse aber nicht, sondern lässt sie wie Fragen stehen. Und dann ist er zu Ende. Vielleicht ist das ja etwas, was ihn von anderen Filmen unterscheidet, die um diese Sendezeit ausgestrahlt werden. Filmemachen bedeutet, Fragen zu stellen, und nicht immer Antworten zu geben .

Es ist etwas anderes, ob man fürs Fernsehen oder fürs Kino dreht. Beeinflusst Sie das beim Drehen?

Bei den Produktionsverhältnissen sorge ich dafür, dass es keinen Unterschied gibt. Trotzdem gibt es natürlich diesen Unterschied: Man weiß einfach, dass man einen Film macht, der irgendwann zwischen „heute“und „heute-journal“ läuft, und damit eine Umgebung hat, in der es keine Kinofilme mehr gibt. Aber es war mir wichtig, dass es eine Kopie dieses Films gibt und ich ihn im Produktionsprozess auch behandeln konnte wie einen Kinofilm.

Wie hoch war bei „Toter Mann“ das Budget? Etwa 2,4 Millionen Mark.

Mussten Sie auch die fernsehüblichen 22 bis 23 Drehtage einhalten?

Es waren 28 oder 29 Drehtage. Ich fordere immer ein kleines Team und dafür aber mehr Drehtage, plus Probentage, plus Kinokopie. Dieses Herunterdrehen von Drehtagen hier in Deutschland finde ich entsetzlich.

Das Gespräch führte Thilo Wydra.

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