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Auf der Kippe. Es läuft nicht gut für Georg Sahl (Matthias Brandt) und seine Frau (Suzanne von Borsody). Foto: ARD

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Medien und Politik im ARD-Film: Skandal!

„Männertreu“: Ein Journalist soll Präsident werden. Aber vor dem Aufstieg von Georg Sahl kommt der Fall.

Ob man etwas geahnt hat, als man diesen Film produziert hat? Produktionsvorläufe können mitunter ziemlich lange dauern, Jahre manchmal. Der wohl bekannteste Herausgeber einer großen deutschen konservativen Frankfurter Tageszeitung, Frank Schirrmacher, stirbt – da ist er 54 Jahre alt – viel zu früh und völlig überraschend. Die „FAZ“ verlor ihren vielleicht wichtigsten Mann. Bundespräsident Christian Wulff tritt nach anderthalb Jahren Amtszeit ab und es erweisen sich bis Frühsommer 2014 – da ist er 54 – sämtliche Anschuldigen als vollkommen haltlos. Der Freispruch wird rechtskräftig.

Welche Vorahnungen also Autorin Thea Dorn, die das Drehbuch verfasste, und Regisseurin Hermine Huntgeburth auch immer gehabt haben mögen: das Medien-Polit-Drama „Männertreu“ kommt mit durchaus aktuellen Realitätsbezügen zur absolut richtigen Zeit.

Georg Sahl (Matthias Brandt, wird im Oktober 53), seines Zeichens Verleger einer konservativen Qualitätszeitung, in der tradierte Werte noch zählen, den „Frankfurter Nachrichten“, ist mit Franziska (Suzanne von Borsody) verheiratet, erfolgreiche Rechtsanwältin in der City. Da tritt die Oberbürgermeisterin Hildegard Becker (Margarita Broich) an Sahl heran, man kennt sich, man duzt sich: Die Frau Bundeskanzlerin werde sich bei ihm, Sahl, einmal melden, man könne sich ihn sehr gut als den nächsten Bundespräsidenten vorstellen. Gattin Franziska ist nicht wirklich angetan. Außerdem ist da noch etwas: Georg, Lebemann und Frauenheld par excellence, hat mit der jungen Nina (Peri Baumeister) die nächste Affäre. Die Volontärin will mehr als das sein.

Georg Sahl reist kurzfristig nach Hamburg, da ihm die aparte Fernsehmoderatorin Helen Martin (Claudia Michelsen) die verlockende Offerte machte, in ihre Talkshow zu kommen, um sich vor einem Millionenpublikum zu erklären. Doch Nina reist Sahl unverabredet hinterher, es kommt im Hotelzimmer zu einer Auseinandersetzung, Nina rennt aufgelöst aus dem Hotel hinaus, wird von einem Wagen erfasst. Anderntags sind die Blätter voll mit der Unfallmeldung, und damit, dass Georg Sahl in Hamburg war. Franziska, die trotz der zahllosen Affären ihres Mannes noch immer bei ihm ist, kommt überstürzt nach Hamburg, um zu vertuschen, was noch zu vertuschen ist. Doch die Medien haben Witterung aufgenommen.

„Männertreu“ ist eine Studie über Aufstieg und Fall des Georg Sahl. Präzise und anschaulich werden hier die ineinander verhakten Medien- und Polit-Mechanismen gezeichnet, genau und nachvollziehbar sind die Protagonisten in ihren Denk- und Verhaltensmustern angelegt. Bravourös das von Matthias Brandt und Suzanne von Borsody dargestellte Ehepaar – intensiv, zurückgenommen, glaubwürdig. Von Einsamkeit gezeichnet, von Zynismus und Bitterkeit, von Indifferenz fast, und doch ist da Zusammengehörigkeit, eine ganz eigene Form unbeirrbarer Loyalität.

Einzig, dass der notorische Fremdgeher Georg Sahl nicht nur mit der attraktiven TV-Moderatorin Martin gleich nach der Sendung noch in der Maske etwas anfangen muss, sondern ausgerechnet auch mit Judith Sahl (Lisa Hagmeister), der Frau seines ohnehin unter ihm leidenden Sohnes Thomas (Maxim Mehmet), eine Affäre hatte, das ist dann doch zu viel. Das wirkt konstruiert, überdehnt und tut diesem so guten Film keinen Gefallen. Da mischt sich in das mediale Assoziationsspektrum um Schirrmacher und Wulff noch Dominique Strauss-Kahn bei. Natürlich verändert sich das Leben des Georg Sahl im Zuge der Geschehnisse dramatisch: Er droht alles zu verlieren. Am Ende, als der alerte, aalige Sahl seinem endgültigen Fall souverän zuvorkommt, auch das verdeutlicht diese herausragende Produktion, kommt es immer auf das Bewusstsein an, in dem man handelt.Thilo Wydra

„Männertreu“, ARD, Mittwoch, um 20 Uhr 15

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