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TV-Journalistin Dunja Hayali als Vorbild für den Journalistennachwuchs.

© dpa

MEDIA Lab: Perfekt Deutsch?

Migranten sind zwar häufig in den Schlagzeilen, aber zu selten in den Redaktionen. Eine Studie von Medienwissenschaftlern hat Gründe dafür gefunden.

Spätestens seit der Krise, in die die Flüchtlingswelle Politik und Journalismus gestürzt hat, sind Migranten in den Medien selbst zum Medienthema geworden. Aus guten Gründen wird nun auch außerhalb von Seminarräumen diskutiert, wie angemessen die Medienberichterstattung nicht nur über die Kölner Silvesternacht eigentlich war und ist. Ob alte Stereotype aufgewärmt oder unliebsame Tatsachen aus Furcht vor ausländerfeindlichen Reaktionen des eigenen Publikums verschwiegen werden – manche Redaktion scheint überfordert. Dabei können und sollen doch gerade die Medien zu Integration und wechselseitigem Verständnis beitragen.

Mangel an persönlichen Erfahrungen

Könnte ein Teil des Problems darin bestehen, dass die Migranten zwar in den Schlagzeilen, aber nicht in den Redaktionen angekommen sind? Tatsächlich besitzt ein Fünftel unserer Einwanderungsgesellschaft – und damit auch des Medienpublikums – persönliche oder familiäre Migrationserfahrungen. In den Redaktionen dürften es hingegen kaum fünf Prozent sein. Horst Pöttker und sein Dortmunder Team sind der Frage nachgegangen, woran dies eigentlich liegt: Die befragten Medienmanager zeigten sich zwar grundsätzlich problembewusst und aufgeschlossen für die Einstellung von Migranten. Im Zweifel aber gelten „perfektes Deutsch“ und formale Qualifikationen als wichtiger für den Journalistenberuf als interkulturelle Kompetenz und „fremder Blick“. Die befragten Schulabgänger mit Migrationshintergrund schrecken oft vor den Sprachanforderungen zurück oder halten den Journalistenberuf allenfalls im Fernsehen für attraktiv. Das Wissen darüber, welche Rolle Journalisten in einer demokratischen Öffentlichkeit spielen, bringen viele weder aus ihren Herkunftsfamilien noch aus der deutschen Schule mit.

Persönliche Vorbilder benötigt

Wie ihre deutschstämmigen Mitschüler orientieren sie sich bei der Berufswahl vor allem an persönlichen Vorbildern. Das zeigt, wie wichtig die mediale Sichtbarkeit von Dunja Hayali oder Ingo Zamperoni sein kann, weist aber auch auf einen Teufelskreis hin: Solange der Mehrwert multikultureller Redaktionen nicht erfahrbar wird, werden persönliche Berufschancen und mediale Marktpotenziale nicht vernünftig genutzt. Wie groß der Nutzen für die Leser sein kann, hat der Tagesspiegel am vorletzten Sonnabend gezeigt, als die Zeitung in weiten Teilen von geflüchteten Journalisten gestaltet wurde.

Pöttker, Horst/ Kiesewetter, Christina/ Lofink, Juliana: Migranten als Journalisten? Eine Studie zu Berufsperspektiven in der Einwanderungsgesellschaft. Wiesbaden: Springer VS 2016.

Klaus Beck

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