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Magazine über Viny-Schallpatten: Gedruckte Klang-Kultur

Gleich drei Zeitschriften beschäftigen sich ausschließlich mit Vinyl-Schallplatten. Die Berichte darin reichen von Plattenspielertests bis zu der Frage, was Besucher im "Viny-Room" eines Hamburger Hotels machen.

Man schaltet das Handy aus, schenkt sich einen Scotch ein und legt eine Schallplatte auf. Ein warmes Knistern erfüllt den Raum, nachdem sich die Plattennadel gesenkt hat. Man macht es sich bequem auf dem Sofa, die Musik setzt ein, man betrachtet das Cover der rotierenden Platte, liest die Liner-Notes, nippt an seinem Glas, der graue Alltag entfernt sich langsam. Das ungefähr muss sie sein, die sogenannte Vinyl-Kultur, der sich inzwischen gleich drei deutschsprachige Zeitschriften widmen.

Seit ein paar Jahren ist sehr viel die Rede von der erstaunlichen Rückkehr der guten alten Schallplatte. Kurz nach der Einführung der CD galt sie als aussterbendes Medium, in der Ära der Downloads und des Streamings als kurioses Relikt einer vergangenen Zeit. Musik sprudelt seitdem kostenlos oder als Flatrate aus dem Internet, wird auf dem Laptop gehört und morgen sind die Stücke, die man heute hört, schon wieder vergessen.

Gegen diese zunehmende Verflüchtigung der Musik richtet sich der Schallplattenkonsument. Er will wieder bewusst hören und sogar Geld ausgeben für seinen Musikkonsum. Und er sammelt Schallplatten, sortiert und pflegt sie, wie in den Zeiten, in denen Nick Hornby seinen berühmten Plattensammlerroman „High Fidelity“ geschrieben hat.

Genau diesen Schallplattenkonsumenten hatten die Macher des Magazins „Mint“ im Blick, als sie vor gut eineinhalb Jahren die erste Ausgabe ihres selbst erklärten „Magazins für Vinyl-Kultur“ herausgaben. Und der Erfolg der Zeitschrift zeigt, dass es tatsächlich einen Nerv beim anvisierten Klientel getroffen hat. „Die Abozahlen steigen“, sagt „Mint“-Chefredakteur Gunnar Schulz, die Resonanz auf sein Blatt sei „unglaublich“ und „im Großen und Ganzen läuft es einfach supergut.“

Trotz monothematischer Ausrichtung eine beachtliche Auflage

„Mint“ wird im Visions Verlag herausgegeben. „Visions“ ist ein gut gehendes Musikmagazin für Indierock, die Redakteure dort arbeiten Gunnar Schulz zu. Das erklärt auch, dass die Musik, bei der es bei „Mint“ trotz aller Fetischisierung des Mediums Schallplatte auch noch geht, ziemlich rocklastig ist. Portraits passionierter Plattensammler, Pflege- und Ordnungstipps für die empfindlichen schwarzen Scheiben, Plattenspielertests und Rezensionen, all das gibt es zuhauf bei dem acht Mal jährlich erscheinenden Magazin. Mit seiner doch recht einseitigen Themensetzung kommt es immerhin auf eine konstante Verkaufsauflage von rund 30 000 Stück.

Das Magazin „Vinyl“, das es erst seit Beginn dieses Jahres gibt und vierteljährlich im Michael E. Brieden Verlag erscheinen wird, versucht sich nun ganz offensichtlich an den Erfolg von „Mint“ dranzuhängen, bietet aber nichts, was das Original nicht besser könnte. Interessanter ist da schon das halbjährlich erscheinende Periodikum „Vinyl Stories“, ein teures Edelmagazin mit langen Texten und aufwendigen Fotostrecken, dessen zweite Ausgabe eben erschienen ist.

Während „Mint“ und „Vinyl“ sich an Menschen richten, die sich ernsthaft dafür interessieren, ob das Vinyl des neuen Albums der Toten Hosen mit einer gefütterten oder einer weit billigeren Schutzhülle daherkommt, bedient „Vinyl Stories“ gnadenlos die Vorstellung vom Vinyl-Hören als Lifestyle für den Hipster von heute. Die „Kulturtechnik, eine Platte aufzulegen“, stehe im Mittelpunkt seines Magazins, erläutert „Vinyl Stories“-Herausgeber Guido Neuhaus und spricht vom Schallplattenhören als „Erlebnis“ und „Entschleunigung des Alltags.“

Allein schon von der Aufmachung her ist die Zeitschrift ganz auf den anspruchsvollen Konsumenten zugeschnitten, der nur den Klang von echtem Vinyl an seine Ohren lässt und gerne zwölf Euro für eine Zeitschrift ausgibt, wenn sie denn ansprechend gemacht ist. Als Magazin zum „Aufbewahren und Sammeln“ versteht Neuhaus sein Produkt. Es beschreibt, wie Zimmerpflanzen und Schallplatten zueinander passen, was Gäste so treiben, wenn sie sich für ein paar Stunden im sogenannten „Vinyl-Room“ eines Hamburger Hotels aufhalten und welcher Drink sich zu welcher Schallplatte gut macht.

Die Auflage von „Vinyl Stories“ liegt bei 6000 Exemplaren, soll aber, so Neuhaus, wegen des Erfolgs bei den nächsten Ausgaben auf 8000 bis 10 000 erhöht werden. Wer nun glaubt „Vinyl Stories“ ist eine Liebhaberei für Menschen, die auch noch Briefe mit der Schreibmaschine schreiben, liegt falsch. Das Magazin gehört zum Medienkonzern Edel, der auch diverse Plattenlabels besitzt. Und bei Edel scheint man zu glauben, dass Vinyl wieder die Zukunft gehört. Optimal-Media in Röbel an der Müritz, eines der größten Schallplattenpresswerke der Welt, gehört mit zum Konzern und auch Guido Neuhaus glaubt: „Die CD wird bald verschwunden sein, dann bleiben noch Streaming und Vinyl.“

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