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„Lehrerin auf Entzug“. Christine Eixenberger, 33, Schauspielerin („Marie fängt Feuer“) , Kabarettistin und Ex-Lehrerin. In einer neuen sechsteiligen ZDF-Comedyserie (ab Freitag in der ZDF Mediathek, ab 28. Juli auf ZDFneo) spielt sie eine Grundschullehrerin, die eine Homeschooling-Musterklasse eröffnen soll.

© ZDF und BERND_SCHULLER

Lehrerin auf Entzug: „Och, mir geht’s gut, ich mach’ viel Yoga!“

Schauspielerin und Kabarettistin Christine Eixenberger über Vorurteile beim Thema Lehrer & Homeschooling, Heimatfilme und einen Kanzler Söder.

Christine Eixenberger, 33, ist Schauspielerin („Marie fängt Feuer“) , Kabarettistin und Ex-Lehrerin. In einer neuen sechsteiligen ZDF-Comedyserie (ab Freitag in der ZDF Mediathek, ab 28. Juli auf ZDFneo) spielt sie eine Grundschullehrerin, die eine Homeschooling-Musterklasse eröffnen soll.

Frau Eixenberger, wie ist es bei Ihnen im Homeoffice? Hatten Sie in den vergangenen Wochen via Zoom unangenehme Erlebnisse mit Wohnungs-Hintergrundbildern?

Tatsächlich habe ich meinen Homeoffice-Hintergrund vorsorglich ausgemistet. Da hing nämlich neben vielen anderen eine Postkarte, die das sichtlich gealterte Gesäß einer Dame zeigte, darunter stand „Arschkarte“. Wobei mir später aufgefallen ist, dass genau diese Karte doch sehr gut in die jetzige Zeit gepasst hätte.

Viele Künstler klagten und klagen in der Pandemie über Beschäftigungslosigkeit. Wie war das bei Ihnen?
Ich hatte meinen letzten Auftritt am 7. März. Das ist befremdlich und macht Angst, obwohl ich bestimmt noch zu den privilegierten Künstlerinnen gehöre, weil ich zum Einen mit Kabarett und Schauspiel das Glück habe, beruflich auf zwei Beinen zu stehen und zum Anderen die vergangenen Jahre einfach viele, auch große Auftritte spielen durfte und mir etwas ansparen konnte.

Das klingt doch zufrieden...
…trotzdem ist es grob fahrlässig von Seiten der Politik gegenüber den Künstlern und Kreativen, bei denen jeder Applaus, jedes Gelächter und jeder Beifall einen neuen Schuss bedeutet, diese von hundert auf null und so auf einen quasi kalten Entzug zu setzen. Ich war irgendwann so verzweifelt, dass ich die restlichen Auftritte vor meinen Zimmerpflanzen abgehalten habe.

Wie haben die Pflanzen reagiert?
Die sind alle eingegangen. Aber Spaß beiseite. Von der reinen Existenzangst vieler, die absolut berechtigt ist, sind wir jetzt in einem Stadium des Unverständnisses angelangt. Offen gesprochen: Ich bin stinksauer. Es geht nicht darum zu sagen „Hey, wieso dürfen denn nur die anderen? Corona war gestern, back to normal!“ Überhaupt nicht. Aber es sollte ein Konsens gefunden werden, mit dem alle leben können, egal welche Branche betreffend.

Jetzt ist ja ein TV-Job gekommen, vom ZDF. Für diese Rolle in der Web-Comedy mussten Sie nicht so viel ins Method Acting gehen – Sie sind Grundschullehrerin. Wieso sind Sie nicht Lehrerin geblieben?
Weil mein Publikum jetzt Eintritt zahlt. Bei Schülern kannst du ja nicht mal den Hut rumgehen lassen. Nein, im Ernst: Die Antwort ist ganz einfach: Kabarett und Schauspiel ist alles, was ich jemals machen wollte.

Können Sie nachvollziehen, dass es sich viele Lehrer nach dem Lockdown mit dem Homeschooling zu einfach gemacht haben sollen, nicht greifbar waren? Das hört man öfters. Oder tut man den Lehrern Unrecht?
Das kann man pauschal so nicht sagen. Natürlich habe auch ich in Vorbereitung auf „Lehrerin auf Entzug“ mit Grundschullehrerinnen gesprochen, die meinten „Och du, mir geht’s gut, ich mache im Moment ziemlich viel Yoga!“, gleichzeitig auch mit denen, die sich enorm in digitale Unterrichtsmethoden eingelesen und im Unterricht umgesetzt haben.

Der digitale Unterricht scheint aber nicht überall angekommen.
Wir hätten lange genug Zeit gehabt und mit Umsetzung des Digitalpaktes jetzt ja endlich auch das Geld, um das an den Schulen umzusetzen. Vielleicht ändert sich nun endlich etwas, und wir können in Zukunft darüber lachen, dass es 2020 immer noch Lehrerinnen gab, die sagten: „Wie Internet? Ich verschicke Arbeitsblätter mit der Post!“

Nach den Erfahrungen jetzt beim Dreh der ZDF-Comedy – würden Sie sich noch einmal in den Klassenraum stellen?
Das kann ich nicht so genau sagen. Die Kinderstimmen wurden erst in der Postproduktion integriert (lacht). Aber grundsätzlich: Ja. Ich finde diesen Beruf nach wie vor großartig und wichtig. Nachdem ich wie viele meiner Kolleginnen ab März keine Auftritte zu verzeichnen hatte, habe ich durchaus darüber nachgedacht: Schulbetrieb oder, wenn alle Stricke reißen, Hopfenzupfen in der Hallertau.

Sie sind Schauspielerin und Kabarettistin, eine Verbindung, die nicht oft vorkommt. Maren Kroymann und Carolin Kebekus fallen mir ein, allerdings nicht in Heimatfilmen. Sie spielen in der ZDF-Herzkino-Reihe „Marie fängt Feuer“. Können beide Professionen voneinander profitieren? Bissiges gleich Kabarett und Schnulze gleich Heimatfilm, das schließt sich für mich eher aus. Vielleicht geht’s in Bayern…
Jetzt werden Sie mal nicht frech. Sie haben hier immer noch eine Grundschullehrerin vor sich. Sieht gerade ganz schlecht aus mit dem Glitzersticker (lacht). Abgesehen davon sehen Sie doch an meinem Beispiel, dass man sowohl eine romantische, empathische Blondine mit Hang zum Herzkino und gleichzeitig bissig, frech und gesellschaftskritisch sein kann. Eine Frau also, die den Leuten auf's Maul schaut und ihnen den Spiegel vorhält, sogar in Bayern.

Sie als Bayerin und Kabarettistin muss ich das fragen: Wäre Markus Söder ein guter Bundeskanzler?
Unser Maggus kann vieles: Er ist klug genug, sich die Themen herauszupicken, die ihm am dienlichsten sind. Ob diese Themen rot, grün oder eierschalenfarben sind, ist zweitrangig. Er weiß sich zu präsentieren, andere zu loben, aber vor allem sich selbst. Das finde ich am schönsten, wie er immer kleine Fleißsticker an sich selbst verteilt. Das liebe ich.

Da können die Konkurrenten Merz und Laschet ja gleich einpacken.
Vielleicht. Söder ist selbstbewusst, eloquent, und er schafft es sogar, dass jemand links-grün-versifftes wie ich mir denke: „Wieso mag ich denn den jetzt plötzlich?“ Das bereitet mir Übelkeit und schlechte Laune. Aber: Er hat das nicht schlecht gemacht, der Maggus. Das mit Corona. Markus, der Krisenmanager, der stahlharte und gleichzeitig empathische Franke. Mich würde es ja nicht wundern, wenn er sich demnächst oben ohne auf einem Haflinger fotografieren lassen würde. Dennoch muss ich mich selbst immer wieder mahnen: „Glaub ihm nicht alles. Sei vorsichtig, auch wenn du denkst, er hätte dir bei der Pressekonferenz zugelächelt, dir ganz persönlich.“ Lass wieder ein anderes Thema, ein tiefschwarzes kommen, wie schon 2015. Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer.

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