zum Hauptinhalt
Wen soll ich wählen? Der RBB informiert am Dienstagabend in einer Art Town-Hall-Meeting, moderiert von Marc Langebeck und Tatjana Jury.

© rbb

Landtagswahlen im Fernsehen: „An den Stellen, wo die AfD politisch relevant ist, berichten wir darüber“

Zwischen Absagen, Chancengleichheit und Blind Date: Vor den Wahlen in Brandenburg und Sachsen beschäftigt RBB und MDR vor allem eine Frage.

Péter Vida hat am Dienstagabend mehr Zeit als ihm lieb ist. Eigentlich wollte der Kandidat von den Brandenburger Vereinigten Bürgerbewegungen (BVB)/Freie Wähler bei der „Wahlarena“ vom Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) mitreden, Werbung zur Landtagswahl in Brandenburg am 1. September machen – der Sender lädt allerdings nur die Spitzenkandidaten der Parteien ein, die die größten Chancen haben, in Fraktionsstärke in den Landtag einzuziehen.

In Brandenburg muss eine Fraktion aus mindestens fünf Mitgliedern des Landtages bestehen, die derselben Partei oder Listenvereinigung angehören. Das dürfte für die Freien Wähler nicht zu schaffen sein. Ist das gerecht? Eine von vielen Fragen, die die Wahlberichterstattung von RBB und MDR aufwirft und die auch den Umgang mit der AfD betreffen. In Sachsen wird am 1. September ebenfalls gewählt.

Vida sieht eine „rechtswidrige Beeinträchtigung der Wahlchancen“, weil seine Partei bei der „Wahlarena“ nicht berücksichtigt werde. Der RBB bewahre im Rahmen des redaktionellen Gesamtkonzepts die Chancengleichheit der Parteien, auch die der Freien Wähler, sagt hingegen der Sender. Letztere hätten am Montagabend in der Doku „Die Herausforderer“ eine hervorgehobene Stellung und werden auch in weiteren Sendungen Berücksichtigung finden.

Und die AfD? Deren Wahlchancen sind deutlich größer als die der Freien Wähler, in Brandenburg könnte jene stärkste Partei werden. Die öffentlich-rechtlichen Sender kommen gar nicht an der Alternative für Deutschland vorbei, in Radio, Fernsehen und Internet: von der „Wahlarena“ über den „Wahl-Check" zu den Parteiprogrammen auf rbb24.de, dem „Blind Date mit Wählern“ (Mittwoch, 21 Uhr 15, Spitzenkandidaten treffen an einem ihnen unbekannten Ort auf Brandenburger, die nicht Stammwähler sind) bis hin zum Film „Die Unerhörten“ über den Wahlkampf in der Prignitz (Sonntag, 22 Uhr 20, alle RBB).

Spannender wird es beim MDR, nicht zuletzt deshalb, weil die AfD in Sachsen ein höheres Konfliktpotenzial aufweist als in Brandenburg mit Spitzenkandidat Andreas Kalbitz, der am Dienstag beim RBB-Town-Hall-Meeting live aus dem Potsdamer Hans Otto Theater dabei sein wird. Der Spitzenkandidat der AfD in Sachsen heißt Jörg Urban. Er zählt zum völkisch-nationalistischen „Flügel“ um Rechtsaußen Björn Höcke.

Prinzip der abgestuften Chancengleichheit

„Grundsätzlich müssen sich unsere Journalisten mit den Themen und Aussagen aller relevanten Parteien professionell auseinandersetzen“, sagt MDR-Sprecherin Susanne Odenthal dem Tagesspiegel und verweist auf die redaktionellen Leitlinien der MDR-Wahlberichterstattung mit dem „Prinzip der abgestuften Chancengleichheit“: In Wahlkampfzeiten komme dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk von Verfassungs wegen in besonderem Maße die Funktion als Medium und Faktor der öffentlichen Meinungsbildung zu. Die Stichwörter: Programmautonomie und Neutralitätsgebot.

"Wir behandeln die AfD wie jede andere Partei auch. Täten wir das nicht, würden wir unseren Auftrag verletzen", sagt auch RBB-Chefredakteur Christoph Singelnstein. "Unsere Aufgabe ist es, in der Berichterstattung das demokratische Meinungsspektrum abzubilden und so zur freien Meinungs- und Willensbildung der Bürgerinnen und Bürger beizutragen." Dazu gehöre in einer Demokratie, auch extreme Stimmen zuzulassen, so lange dadurch keine Gesetze verletzt werden.

„An den Stellen, wo die AfD politisch relevant ist, berichten wir darüber“, so Odenthal weiter. „Das tun wir vorbehaltlos und sachlich. Wir sehen es als unsere Aufgabe, die Fakten und die Vielfalt der Themen und Meinungen abzubilden und so die öffentliche Diskussion zu fördern.“

Öffentlich diskutieren wollte der MDR auch am Donnerstag bei seinem Publikumsdialog zur Preview der Doku „Chemnitz – Ein Jahr danach“, zusammen mit Arthur Österle, der sich für die AfD engagiert und als Neonazi eingestuft wird. Nach heftiger öffentlicher Kritik und Absagen, unter anderem der Chemnitzer Oberbürgermeisterin Barbara Ludwig, war das nicht umzusetzen. Das Format wurde komplett neu aufgestellt – ohne AfD-Beteiligung. Die gibt es wieder am kommenden Montag: in der MDR-„Wahlarena“.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false