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Medien: Krimi-Tipp: Der Schwiegervater-Mord

Wie stark prägt die Vergangenheit die Gegenwart? Das ist die zentrale Frage, die Regisseur Matti Geschonneck in seinem Fernsehfilm "Jenseits der Liebe" (Arte, 20 Uhr 45) stellt.

Wie stark prägt die Vergangenheit die Gegenwart? Das ist die zentrale Frage, die Regisseur Matti Geschonneck in seinem Fernsehfilm "Jenseits der Liebe" (Arte, 20 Uhr 45) stellt. Er schickt Robert Atzorn als Germanistik-Professor Jan Altenberg auf die Spuren eines untergetauchten früheren Nazi-Offiziers, der seinerzeit Altenbergs Vater umgebracht hat. Die Spur führt von Berlin nach Südengland, zu einer gewissen Sarah Dubbs. Doch als Altenberg auf der Insel eintrifft, ist die alte Dame gestorben, und ihre Tochter, Helen Dubbs (Martina Gedeck), weiß von nichts, kennt auch ihren Vater nicht. Ahnungen verdichten sich. Und Liebe keimt zwischen den "Kindern" auf. Dann das fatale Wissen: Helens Vater ist der Mörder von Altenbergs Vater. Und er lebt, still und zurückgezogen, in einem Kloster, unter dem Decknamen Pater Albert (Ulrich Matschoss). Beide wollen ihn stellen, jeder aus seinen Beweggründen heraus.

Können zwei Menschen ihre Liebe überhaupt leben, wenn ein politisch motivierter Vatermord zwischen ihnen steht? Wird da nicht immer auch ein latenter Groll bleiben? Da geht es auch um die Generationen-Frage, um eine etwaige familiäre Weiterführung von Schuld. Es ist ein wohl zutiefst deutsches Phänomen, das Regisseur Geschonnek und Autorin Hannah Hollinger anpacken und zum Glück ohne jegliches Klischee behandeln. Ihre Figuren sind nicht auf dem hölzernen Reißbrett eines der unzähligen Drehbuch-Workshops entstanden. Hier agieren Menschen, die eine Biografie mitbringen, und das teilt sich immer wieder auch in den klugen Dialogen mit. Hier wird historische Geschichte mittels privater Geschichten erzählt, ohne Action, ohne technischen Schnickschnack. Das braucht es hier nicht. Die Innerlichkeit dieses Dramas ist so stark, da würden Äußerlichkeiten nur ablenken. Dabei geht Geschonneck den inneren Antrieben von Altenberg/Atzorn und Dubbs/Gedeck nach, zeigt sensibel und behutsam auf, was die Erkenntnis des Vatermordes aus den beiden Nachkriegskindern macht, wie dieser Mord, vor über 50 Jahren geschehen, sie umkrempelt, sie beeinflusst, sie letztlich zu Extrem-Handlungen treibt.

Legt man den Finger auf die Wunde, reagieren Menschen unterschiedlich: Die einen verdrängen mehr, die anderen stellen sich der Konfrontation. "Jenseits der Liebe" ist ein kluger, ein intelligenter, ein spannender Film über die so relative Schuldhaftigkeit des Menschen.

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