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Kenneth Branagh: "Ich lese kaum noch Krimis"

Wallander-Darsteller Kenneth Branagh spricht mit dem Tagesspiegel über Krisen, Gewalt und weitere Mankell-Verfilmungen.

Herzlichen Glückwunsch nachträglich, Herr Branagh. Sie sind am 10. Dezember 50 geworden, hoffentlich ohne solche großen Krisen wie Kurt Wallander im Film „Mörder ohne Gesicht“ oder „Der Mann, der lächelte“.

Ganz bestimmt ohne solche Krisen. Aber es ist sicherlich eine interessante Zeit, über die Dinge des Lebens nachzudenken. Ansonsten habe ich einen wunderschönen Geburtstag inmitten meiner Familie und meinen Freunden verbracht.

Haben Sie dabei auch einen Krimi gesehen?

Das habe ich vermieden. Überhaupt lese ich erheblich weniger Kriminalromane, seitdem ich Wallander spiele. Durch die Auseinandersetzung mit Themen wie der Gewalt neige ich dazu, mich mit aufbauenderen Dingen zu beschäftigen, als mich ständig in die Welt von Mördern zu begeben. Das versuche ich auf meine Zeit als Wallander zu beschränken.

Sie mögen Krimis also weniger blutig?

Grundsätzlich glaube ich, dass es das größere Kunststück ist, wenn der Zuschauer seine Vorstellungskraft entfalten kann. Nehmen Sie den neuen Film von Danny Boyle. „127 Stunden“ handelt von einem Bergsteiger, der sich selbst einen Arm amputieren muss. Die eindrucksvollsten Szenen des Films sind die, in denen man nicht hört oder sieht was passiert, sondern es sich vorstellt. Ich mag es, wenn das Publikum gefordert wird.

Die neuen Wallander-Filme sind ebenfalls harter Stoff

Das sind sie. Manchmal ist es eine sehr schwere Entscheidung, was man den Zuschauern zumuten will. Aber die Bücher haben eine sehr starke moralische Seite, wie auch Henning Mankell ein stark moralische Persönlichkeit ist. Sowohl in den Romanen als auch in den Filmen wird Gewalt nie als etwas Normales, Gewöhnliches gezeigt. Wallander ist nicht immun für das, was von der Gewalt ausgeht. Als Schauspieler weiß man, dass die Figur der Gewalt niemals neutral begegnet.Für Wallander ist jeder Tod schrecklich.

Gehört dies zum Reiz der Rolle?

Wallander ist ein Philosoph, der sich für das Innere des Lebens interessiert. Er möchte wissen, warum Menschen solche Gewaltverbrechen begehen. Darin ist er genauso brillant wie beim Herausfinden, wie sie die Verbrechen begangen haben. Aber am meisten interessiert ihn das Warum.

Haben Sie die Wallander-Filme mit Rolf Lassgard und Krister Henriksson vor den Dreharbeiten gesehen?

Nein, ich habe zwar Krister getroffen, aber genau wie bei meinen klassischen Rollen im Theater wollte ich mich nicht beeinflussen lassen. Sollte ich Wallander nicht mehr spielen, freue ich mich schon jetzt darauf, die Filme zu sehen. Vor allem bin ich auf die Unterschiede gespannt.

Und Sie haben Henning Mankell getroffen?

Ich hatte das Glück, einige Zeit mit ihm zu verbringen, da er an beiden Serien beteiligt war. Ihn haben vor allem die verschiedenen Ansätze zwischen den schwedischen und englischen Produktionen interessiert. Wenn man ihn etwas gefragt hat, hat er darauf geantwortet. Aber er hat nicht versucht, dir zu sagen, was du zu tun hast. Das wichtigste für mich aber war, dass er ein Gefühl für Wallander vermittelt hat.

In seinem letzten Wallander-Buch „Der Feind im Schatten“ hat Mankell seinen Kommissar krankheitsbedingt in den Ruhestand geschickt. Hat er damit richtig gehandelt?

Ich kann nicht für ihn sprechen, aber ich weiß, dass sein Instinkt ihm eindringlich gesagt hat, dass er es so enden lassen musste, wie er es tat.

Das schließt nicht aus, dass es weitere Geschichten gibt.

Das ist durchaus möglich. Denken Sie an die Kurzgeschichten in „Die Pyramide“. Sie handeln von einem Wallander als jungem Polizisten im Alter von Mitte zwanzig.

Und wie geht es mit Ihnen und Kurt Wallander weiter?

Wir hoffen, im Sommer und Herbst nächsten Jahres drei weitere Wallander-Folgen zu drehen. Die Skripte sind da, und wir arbeiten daran seit einiger Zeit. Wichtig ist die Unterstützung des weltweiten Publikums. Von Deutschland werden wir gut unterstützt. Hier sind Krimis sehr beliebt, vor allem wird Henning Mankell sehr geschätzt. Und die letzte Serie war äußerst erfolgreich

Ist Kurt Wallander in Großbritannien eigentlich genauso bekannt wie in Deutschland?

Inzwischen ja. Die Bücher verkaufen sich sehr gut. Die TV-Serie lief ausgezeichnet und erreichte ein Millionenpublikum, was angesichts der vielen Sender nicht selbstverständlich ist. Viele Menschen sind beeindruckt von Wallanders schwedisch-düsterer Stimmung und seiner Fähigkeit, mit Leid und Traurigkeit umzugehen. Aber sie mögen auch, wie er sich Zeit für etwas nimmt. Wallander schafft es, ein großes Publikum vor dem Fernseher zu versammeln und ein noch größeres für die Bücher.

Das Interview führte Kurt Sagatz

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Dem jugendlichen Publikum ist Branagh als Zauberei-Professor Gilderoy Lockhart im zweiten Harry-Potter-Film ein Begriff. Für den Oscar war er vier Mal nominiert. Einen Emmy erhielt er für die Darstellung von SS-Mann Reinhard Heydrich in „Die Wannseekonferenz“. Auch preisgekrönt: seine Titelrolle in den ersten drei Wallander-Verfilmungen.

Kenneth Branagh, wurde 1960 in Belfast in Nordirland geboren und verbrachte seine Jugend in England. Seine Schauspielausbildung erhielt er an der Royal Academy of Dramatic Arts. Als Hamlet-Darsteller

(inzwischen über 300 Mal) hat er sich Anfang der 80er Jahre schnell einen Namen gemacht. Sein Regiedebüt feierte er 1989 mit „Heinrich V“.

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