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Nemi El Hassan sollte die WDR-Sendung Quarks moderieren.

© WDR/Tilman Schenk

Keine Zusammenarbeit von WDR und Nemi El-Hassan: Debattenkultur? Welche Debattenkultur?

Der WDR hat die Personalie Nemi El-Hassan nicht geklärt noch aufgeklärt - der Sender hat sie einfach vom Tisch gewischt. Ein Kommentar.

Der Westdeutsche Rundfunk wird Nemi El-Hassan nicht beschäftigen. Die Entscheidung vermittelt den Eindruck von großer Erleichterung. Immer wieder hatte Intendant Tom Buhrow von einer "schwierigen, schwierigen Abwägung" gesprochen. Jetzt ist sie ihm leicht gefallen, weil die Journalistin den nötigen Anlass geliefert hatte. Öffentlich hatte sie die größte ARD-Anstalt für den Umgang mit ihr kritisiert.

Der WDR habe, schrieb El-Hassan, in der Hoffnung, sich selbst aus der Schusslinie zu ziehen, allen Argumenten der "Bild"-Zeitung" angeschlossen und somit auch zukünftigen Kampagnen Tür und Tor geöffnet. Der Sender hat diesen Vorwurf als "unsinnig" bezeichnet. Das muss er auch. Ein öffentlich-rechtlicher Rundfunk darf sich nicht als Propaganda-Assistent und Kampagnenhelfer von Deutschlands größter Boulevardzeitung vorführen lassen.

Aber weil er es nicht darf, muss er Resultate seiner eigenen Untersuchung vorlegen. Nicht ein einziges Ergebnis hat der WDR in die Öffentlichkeit gebracht. Wie fahrlässig ist das denn. Wenn der WDR nicht als "Bild"-hörig dastehen will, muss er mit eigener Expertise aufwarten.

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Nemi El-Hassan hat es dem WDR mit ihren aktuellen Einlassungen in der "Berliner Zeitung" leicht gemacht. Offensichtlich war sie zu dem Schluss gekommen, dass die Aufklärung der Antisemitismus-Vorwürfe gegen sie verschleppt und am Ende zu einem negativen Bescheid für sie führen würde. Dem ist sie mit großer Offenheit, ja Mut, entgegengetreten. Nemi El-Hassan ist für sich selbst eingestanden, als Palästinenserin, als Ärztin, als Frau, als Journalistin.

Allerdings hat sie die eigene Rolle, das eigene Tun nicht aufgeklärt. Wo sie wirklich steht, wird aus ihrem Beitrag nicht klar, von ihrer Teilnahme an der Al-Kuds-Demo hatte sie sich klar distanziert, die durch eine "Bild"-Recherche bekanntgewordenen Löschung von Likes für israelkritische, manche würden sagen israelfeindliche bis antisemitische Inhalte hat sie nicht erklärt. Das konnte das Vertrauen in ihre tatsächliche Haltung nicht befördern.

Aufklärungsprozess nicht beendet

Erkennbar wird, dass der Aufklärungsprozess nicht an sein wirkliches Ende gekommen war. El-Hassan hat ihn beschleunigt, der WDR hat das Tempo aufgenommen. Der Sender spricht von einem von Beginn an belasteten Vertrauensverhältnis, jetzt sei das Vertrauen für eine künftige Zusammenarbeit nicht mehr vorhanden. Die öffentlich-rechtliche Anstalt und mithin ihr Intendant Tom Buhrow haben ein Problem auf eine unbefriedigende Weise gelöst - indem die Personalie vom Tisch gewischt wurde. Das sieht sich weder souverän noch angemessen an, sondern panisch und leichtfertig.

WDR ohne Debattenkultur

Nemi El-Hassan schrieb, es habe "keinen ehrlichen Diskurs darüber" gegeben, wie sich Antisemitismus von israelkritischen Positionen abgrenzen lasse. Die Reaktion des WDR zeige exemplarisch, "dass es schlecht steht um die vielfach gerühmte Debattenkultur in diesem Land". Ein harter Vorwurf, sehr pauschal und damit mehr unrichtig als richtig. Was aber stimmt: Um die Debattenkultur im Westdeutschen Rundfunk steht es schlecht, sehr schlecht.

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