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Merkel beim RTL Townhall-Meeting

© ddp

Kanzlerin bei RTL: Angela Merkels Kartoffelsuppe

Arbeitsplätze, Wirtschaftskrise, private Vorlieben - RTL gibt sich vergeblich Mühe, die Bundeskanzlerin und ihre Bürger in einem neuen Talk-Format einander näher zu bringen.

Angst um den Arbeitsplatz? Opel macht dicht? Gehen die Steuern rauf? Krieg' ich als Jugendlicher heutzutage noch eine Lehrstelle? Wann ist die Wirtschaftskrise vorbei? Warum streichen Manager so hohe Prämien ein? Was kann Deutschland tun? Fragen über Fragen, mit denen sich die Bundeskanzlerin am Sonntagabend bei RTL herum zu schlagen hatte. Der Privatsender hatte Angela Merkel zu einem Live-Talk in sein Hauptstadtstudio eingeladen, welcher zeitversetzt ausgestrahlt wurde. "Zuschauer fragen - Bundeskanzlerin Merkel antwortet", damit stellte sich Merkel erstmals den Fragen eines Studiopublikums, im Superwahljahr eine erste Variante des in den USA sehr populären Town Hall Meetings.

Vorab, geschadet hat das von viel Mediengerassel  begleitete, ungewöhnliche Talk-Format keinem (außer vielleicht der Quote von "Anne Will", die parallel zum Merkel-Talk im Ersten lief). RTL unterstrich mal wieder seine Polit-Kompetenz, und dass Merkel, die Erklärkanzlerin, mittlerweile fast genauso gut mit der Kamera umzugehen weiß wie ihr Amtsvorgänger, ist bekannt. 100 potenzielle Wähler im Studio, ein Millionenpublikum vorm Bildschirm: Merkel nutzte die Vorlage, ohne so abgehoben zu wirken wie Gerhard Schröder und ohne sich thematisch eine Blöße zu geben. Zu geringe Hartz-IV-Zahlungen, Umschulungsmöglichkeiten,  sichere Kredite für Mittelständler, Sinn der Abwrackprämie, privater Waffenbesitz,unzufriedene Patienten und Ärzte, Bildungsmisere, Gen-Forschung - die Bundeskanzlerin wirkte im Detail stets informiert, gab hier eine Adresse, dort einen Wink, da eine Rückfrage ("Was haben Sie gelernt?" "Wie viel haben Sie verdient?").

"Bis jetzt ist gar nichts in die Hose gegangen"

Kritiker hatten vorab eine One-Woman-Show befürchtet, simulierte Bürgernähe, ungestört von hartnäckigen Nachfragen der Moderatoren-Profis. Das stimmt, das bringt das Format mit sich. Gelegentlich präzisierten Kloeppel oder seine Kollegin Maria Gresz ("Spiegel TV") die Zuschauerfragen, unterbrachen mit Video-Einspielern, im Großen und Ganzen waren Merkel und das Studiopublikum nicht so nahe beieinander wie es der Split Screen, der geteilte Bildschirm, mit dem die Regie die Kanzlerin und ihre Frager in ein Bild zog, zum Ausdruck bringen wollte. Das mit den versprochenen Privatfragen am Ende ging auch daneben. Merkel kocht jeden Samstag und Sonntag ("ich kann gut Kartoffelsuppe"), geht im Supermarkt einkaufen und glaubt an Gott weiterhin lieber "sehr persönlich". So what.

Eine neue Form der Mediendemokratie? Einerseits, andererseits blieb nach 75 Minuten Town Hall Meeting mit Merkel und ausgewähltem Publikum ein schaler Nachgeschmack, so manches unwidersprochen. Und der Satzkranz von Merkel haften: "Bis jetzt ist gar nichts in die Hose gegangen. Aber ich kann Ihre Angst verstehen (...) Meine Bitte, halten Sie durch." Wirklichen Streit hat hier ja keiner erwartet, aber da vermisst man dann doch die vertraute Berliner Runde mit den Spitzenkandidaten der Parteien.

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