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Hier werden keine Frauen belästigt.  Katrin Bauerfeind schlägt sich als Gleichstellungsbeauftragte Eva Jordan durch die neue Pro7-Comedyserie.

© dpa,dpa

Interview mit Ralf Husmann: „Aushalten, dass alle mal ausrasten“

Drehbuchautor Ralf Husmann über Gendersternchen, deutschen Humor und die Frage: Wie überleben wir im Homeoffice?

Ralf Husmann, 55, Drehbuchautor („Stromberg“, „Dr. Psycho“). Am Mittwoch, 20 Uhr 15, startet auf Pro7 die von ihm geschriebene zehnteilige Serie „Frau Jordan stellt gleich“ (auch auf Joyn)

Erst mal Gratulation, Herr Husmann, für den Grimme-Preis 2020 zu „Der König von Köln“, die Kölner Bauamt-Posse.

Danke.

Worin unterscheidet sich für Sie als renommierter Drehbuchautor so eine Arbeit von der für einen Privatsender, respektive Joyn-Streamingdienst, wie jetzt bei „Frau Jordan stellt gleich“? Gibt es beim Streamingsender mehr Freiheiten?

Ich unterscheide eher zwischen wenigen guten und weniger guten Redaktionen. Beide verteilen sich gleichermaßen auf Streamer, Private und Öffis.

Drehbuchautor Ralf Husmann
Drehbuchautor Ralf Husmann

© Jürgen Naber

„Frau Jordan ...“ ist wie „Der König von Köln“ auch Satire oder Comedy, wie man neudeutsch sagt: über die Erfahrungen einer Gleichstellungsbeauftragten, über Auswüchse auch von Gleichstellungsbestrebungen, Diversität etc. Hatten Sie ...
... Angst?

... ja, dass ihr Versuch, sich an diesem Diversity-Thema humoristisch abzuarbeiten, auch nach hinten losgehen könnte, in der öffentlichen Wahrnehmung, in der #MeToo-Debatte, zum Beispiel mit Applaus von der falschen Seite?
Wir sind davon ausgegangen, von allen Seiten gleichermaßen aufs Maul zu kriegen. Comedy mit einem echten Thema, das man auch noch ernsthaft versucht lustig zu bearbeiten, ist ja Neuland für Deutschland. Ich bin aber großer Fan davon, lieber mit Schmackes zu scheitern als nichts zu riskieren, insofern hatte ich keine Angst, aber Respekt.

Wie halten Sie es privat mit Diversität, mit Gleichstellung in jeder Lebenslage? Sagen und schreiben Sie „Leserinnen und Leser“, „Zuschauerinnen und Zuschauer“? Nutzen Sie ein „*“-Zeichen?

Ich versuche es zu bedenken. Aus 99 Ärztinnen und einem Arzt macht die deutsche Sprache hundert Ärzte. Dass da was nicht richtig ist, sollte eigentlich jedem einleuchten.

Seit der Büro-Satire „Stromberg“ sind Sie der klug-lustigste Drehbuchautor Deutschlands, der Fragen stellt wie: Sind Brüste in der Öffentlichkeit Kunst oder Sexismus? Eine „Frau Jordan“-Folge heißt: „Titten und Taten.“ Wieso eigentlich fast immer solche Fragen, Stoffe, sprich Comedy, Komödie? Einen „Tatort“ haben Sie ja schon geschrieben, könnten oder wollen Sie nicht mal mehr Krimi oder Drama?
Das Leben ist ja meist dramatisch und lustig. Selbst jetzt. Insofern trenne ich das gar nicht. Den klassischen Krimi können andere besser, bei lustig bin ich aber halbwegs Champions League.

Ich habe Sie live bei der sehr unterhaltsamen Joyn-Präsentation von Staffel 1 im Berliner Kino erlebt. Sind Sie privat auch so mit trockenem Humor unterwegs, sind Sie zu Hause auch so lustig? Über Komödianten, Comedians hört man oft die Einschätzung: privat zutiefst Melancholiker oder auch mal schlecht drauf ...
Je nachdem, wen man fragt, bin ich zu Hause auch lustig bis nervig. Humor ist eine Lebenseinstellung, kein Hobby. Deswegen ist er in Deutschland auch nicht zu Hause.

Die Comedy-Welle ebbt hierzulande trotzdem nicht ab. Ist ein Autor Ralf Husmann ausgelastet, was Anfragen betrifft?
Bis zum Corona-Shutdown konnte ich mich nicht beklagen.

Sie haben erstmals mit einem Streamingdienst zusammengearbeitet, mit Joyn. Rufen auch schon Netflix oder Amazon bei Ihnen an?

Mittlerweile haben alle angerufen. Ich hab auch schon zurückgerufen. Warten wir ab, was passiert ...

Alle reden über Netflix & Co. Schauen Sie privat überhaupt noch lineares Fernsehen? Oder nur noch Streaming, Serien? Was ist bei den Serien Ihr All-Time-Favorite?
Ich gucke auch noch linear. Der All-Time-Favorite ist momentan wieder „The Sopranos“, das wechselt aber immer mal wieder …

Stromberg oder Frau Jordan, Mann oder Frau – in welche Hauptfigur können Sie sich als Autor besser hineindenken? Oder anders herum gefragt: Was macht Ihnen mehr Spaß?

Ich denke gar nicht so sehr in der Mann/Frau-Kategorie. Ausschlaggebend sind für mich die DarstellerInnen. Ich schreibe am liebsten für konkrete Personen.

„Frau Jordan“ geht ja nun in die Fortsetzung. Gibt es denn immer noch so viel Gleichstellungs-Bedarf? Was ist da thematisch rauszuholen?

Die Aufgabengebiete der Gleichstellung sind riesig, weil es eben nicht nur um das Mann/Frau-Thema geht. Ich habe ausnahmsweise sogar recherchiert und war ganz überrascht, in welchen Bereichen die echten Frau Jordans tätig werden.

Der Drehstart zur zweiten Staffel musste in der vergangenen Woche verschoben werden. Keiner weiß, wie lange sich das wegen Corona verzögert. ARD/ZDF zum Beispiel kündigen Soforthilfen für die Produktionslandschaft an. Inwiefern trifft die Coronakrise Kreative wie Sie? Gibt es da genug Unterstützung?

Im Augenblick ist die Situation mit „chaotisch“ noch freundlich beschrieben. Wie überall hängt sehr viel davon ab, dass dieser Ausnahmezustand kein Dauerzustand wird.

Millionen Menschen arbeiten gerade erstmals im Homeoffice. Sie als Drehbuchautor sind sicher versiert, was diese Art Arbeiten betrifft. Noch einen Tipp zum Schluss, für alle da draußen und vor allem drinnen: Wie übersteht man als Familie monatelanges Homeoffice?

Das Wichtigste ist, sich selbst eine Struktur zu geben. Besser echte Pausen, statt prokrastinieren, besser, sich zum Arbeiten anziehen und an den Tisch setzen, statt im Schlafshirt mit Laptop im Bett bleiben. Und aushalten, dass alle auch mal ausrasten …

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