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Multitasking.  Alexander Bommes, 42, moderiert die „Sportschau“, den Talk „Tietjen und Bommes“ und das Quiz „Gefragt – Gejagt“ mit Promi-Special am 18. August.

© ARD/Thomas Leidig/FDHrsm/bildkon

Interview mit Moderator Alexander Bommes: „Ich kann auswählen. Das ist ein Privileg“

„Sportschau“, Talk, Quiz: Moderator Alexander Bommes über Leistung, Scheitern und Leuchtturm-TV.

Herr Bommes, haben Sie das sehr frühe WM-Aus der deutschen Nationalelf mittlerweile verdaut?

Ich stand ja nicht auf dem Platz, also musste ich auch nichts verdauen. Und ich fand die Gespräche und Themen danach hochspannend, die ja weit über Gegenpressing und Ballbesitz hinausgegangen sind. Es ging da wirklich ums Leben, um die Gesellschaft und darum, was Menschen eigentlich unterbewusst daran hindert, sich und ihr Land gut zu vertreten und Leistung zu zeigen. Und es ist spannend zu sehen, wie das Leben bestimmte Dinge doch regelt, wenn du die Warnzeichen über einen längeren Zeitraum verdrängst. Aus journalistischer und gesellschaftspolitischer Sicht finde ich solche Diskussionen in hohem Maße anregend und notwendig. Ich hätte gerne Deutschland als Weltmeister gesehen. Aber unsere Gespräche und Moderation nach dem Vorrunden-Aus entsprachen in vollem Maße meiner Haltung und meiner Vorstellung von Sportberichterstattung.

Jetzt weiß jeder, woran es gelegen hat. Wissen Sie es auch?

Was da passiert ist, ist doch eine Blaupause für all das, was uns immer mehr um die Ohren fliegt. In dem Moment, wo wir nicht konsequent dazu bereit sind, erst mal ausschließlich unsere eigenen Anteile an Krisen oder einem Scheitern zu erforschen und dann zu bearbeiten, werden wir nicht weiterkommen. Es wurde nach dem Ausscheiden und den Begleitumständen viel von „sich hinterfragen“ und „Verantwortung übernehmen“ gesprochen. Aber jetzt gilt es: Wird das künftig auch verkörpert und vorgelebt? Einige Beteiligte wirkten auf mich eher von der Kritik gekränkt als aufgrund ihres Scheiterns ehrlich betroffen. Und das ist sicherlich keine Haltung für zukünftig Besseres.

Werde die Jogi-Truppe weiter begleiten

Sie aber werden die Spiele der Jogi-Truppe weiter im Ersten begleiten?

Ich hinterfrage mich ständig, aber mein Rücktritt würde nicht helfen ... :) Ich freue mich auf die weitere Begleitung des Prozesses. Ich bin aber der Meinung, dass bei der Nationalmannschaft und im Fußball generell ein Spurwechsel nicht in wenigen Wochen oder Monaten passieren kann. Thomas Hitzlsperger hat das sehr anschaulich erklärt: Es ist eine hohe Herausforderung, in diesem Geschäft eine Persönlichkeit zu entwickeln, wenn man ab einem gewissen Alter alles abgenommen bekommt – und damit überspitzt gesagt den Kontakt zum Leben verliert. Da würde ich mir weniger Klagen über die Symptome und mehr Initiative zur Beseitigung der Ursachen wünschen. Damit sich künftig die Spieler in jeder Lebenslage vertreten können und dann auf dem Platz Freude am Leisten haben.

Moderator und Experte, das ist weiter das beste Konzept für die Fußballübertragung?

Die Rollenaufteilung finde ich weiterhin richtig. Der Experte gibt die Antworten, ich stelle die Fragen. Trotzdem sollte das nie ein Interview, sondern immer ein Gespräch sein. In das natürlich auch die Haltung des Gastgebers einfließt. Ich war von all unseren Experten bei der WM begeistert, die Mischung stimmte. Und die Substanz in den Antworten von Thomas Hitzlsperger schätze ich schon seit Langem. Er braucht keine Dampfplauderei, er macht keine Gags auf anderer Leute Kosten – er hat eine klare, beeindruckende Haltung.

Wenn Lothar Matthäus neben Sie gestellt würde, würden Sie dann das Studio verlassen?

Auf gar keinen Fall.

Parallel arbeiten Sie am täglichen Alexander-Bommes-Auftritt: Sport, Talkshow und Quizshow. Was können Sie so gut, dass Sie alle drei Formate können?

Das lasse ich dann gerne andere beurteilen. Ich mache mein Ding. Und das heißt konkret: nur das, womit ich mich total identifizieren kann. Das auswählen zu können, ist ein Privileg, aber ich habe auch durchaus einen langen Weg hinter mir, auf dem es immer wichtig – und manchmal gerade noch rechtzeitig – war zu erkennen, wenn ich in die falsche Richtung gelaufen bin. Das aufzulösen ist dann harte Arbeit. Lohnt sich aber. Lohnt sich sogar sehr. Tut aber weh.

Ist die Quizshow die letzte Patrone der ARD-Unterhaltung? Schon am 8. September startet das Format „Ich weiß alles!“ mit Jauch, Gottschalk und Pilawa.

Wer sieht das so? Die vielen Fans der Quizshows sicherlich nicht. Und eine geplante neue mit drei Großen der Unterhaltungsbranche kann doch in trubeligen Zeiten auch ein Anker sein. Leuchtturm-Fernsehen, das Menschen zusammenbringt. Und wenn Sie Ihren Blick mal auf alle Programme, also auch über die privaten richten, finden Sie Varianz und Abwechslung. Es regieren Koexistenz und Nebeneinander in der deutschen Fernsehunterhaltung. Fast alle Bereiche sind abgedeckt.

Bei "Gefragt - Gejagt" kann sich keiner verstecken

Was hat die Quizshow, dass sie quer durch alle Programme funktioniert?

Was an „Gefragt – Gejagt“ funktioniert und fasziniert: Schnelligkeit, Wettkampfcharakter, das Unmittelbare, sich nicht verstecken zu können, die Dramatik. Dazu kommen Zusammengehörigkeit und Mitmachgefühl. Du kannst es gemeinsam oder allein schauen, als Hörspiel genießen, wenn du in der Küche stehst. Und das Quiz forciert auch den Wert, das Bewährte zu würdigen und zu schätzen. Das finde ich einen enorm wichtigen Wert und sehr schön in Zeiten, wo doch vielerorts die Neurosen befeuert werden und nur noch der nächste Superlativ zählt.

In welche Tiefen des Wissens darf ein Quiz tauchen?

Bei „Gefragt – Gejagt“ gehen wir nach der Schnellraterunde schon über Allgemeinwissen hinaus. Was dann in den Duellen und im Finale abgefragt wird, ist zum Teil umfassende Bildung im Wortsinne. Ich hatte am Anfang die Befürchtung, es sei zu schwer und zu schnell. Aber gerade das fasziniert die Fangemeinde. Erkennbar ist, dass die Leute besser Bescheid wissen über aktuelles Zeitgeschehen, über Sport und Politik als über griechische Mythologie oder Astrophysik. Und beeindruckt sind, wenn andere Menschen darüber sehr gut Bescheid wissen.

Sportmoderatoren scheinen für Unterhaltung prädestiniert zu sein, siehe Matthias Opdenhövel, Johannes B. Kerner und Sie selbst. Steckt da nicht auch eine leichte Beleidigung drin: Nur Herr Freundlich kann jede TV-Freundlichkeit moderieren?

Sind denn andere Leute im Fernsehen unfreundlich? Das wäre ja furchtbar.

Na ja, bei den Magazin-Heroen gehört Betroffenheit, wenn nicht schlechte Stimmung zum Moderationsstil.

Sicherlich sollten unterschiedliche Formate im Fernsehen auch unterschiedlich präsentiert werden. Aber da Sie ja mich persönlich fragen jetzt: Ich habe mein ganzes Leben lang immer lieber ein- als ausgeladen.

Das Interview führte Joachim Huber.

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