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Tagesthema.  Markus Spieker aus Kabul im Gespräch mit Aline Abboud.

© Tsp

Interview mit Markus Spieker: „Das sind keine guten Aussichten“

Wie ist die Sicherheitslage in Kabul? Fragen an den ARD-Korrespondenten Markus Spieker.

Seit sechs Tagen berichtet Korrespondent Markus Spieker für die ARD aus Kabul. Geboren 1970 in Duisburg, Autor, Journalist, promovierter Historiker, Studium in Gießen und Los Angeles. Zwischen 2014 und 2018 leitete er das ARD-Studio in Neu-Delhi und war als Korrespondent für Südasien zuständig. Seit seiner Rückkehr ist er beim MDR in Leipzig tätig, der seinen Mann jetzt nach Afghanistan entsandte.

Herr Spieker, wie einfach war es, nach Kabul zu kommen und dort arbeiten zu können?
Ich war zuvor schon einige Tage für die ARD in Pakistan und habe zunächst von dort berichtet. Dann ergab sich die Möglichkeit, ein Visum für Afghanistan zu bekommen. Ich bin am 5.9. auf dem Landweg eingereist und arbeite seitdem in Kabul. Das Passieren der Grenze und der Weg nach Kabul waren nicht problematisch.

Hatten Sie vorher Sicherheits-Bedenken, respektive, wie sicher sind Sie dort? Haben Sie Security dabei?

Ich bin zur Sicherheitslage im regelmäßigen Austausch mit meinen Kolleginnen und Kollegen im MDR. Ich bitte um Verständnis, dass wir uns zu konkreten Maßnahmen nicht äußern.

Haben Sie das Gefühl, dass das offenbare Entgegenkommen der Taliban den Medien gegenüber ernst gemeint, langfristig angelegt ist?
Die Vorstellung der neuen Taliban-Regierung am 8.9. steht für mich im Widerspruch zu manchen Ankündigungen aus den vergangenen Tagen. Ich beobachte, dass Demos verboten werden, die nicht offiziell erlaubt sind, dass Frauen keinen Sport mehr machen dürfen, dass Uni-Dozentinnen nach Hause geschickt werden. Der neue Bildungsminister sagt, dass Bildung unwichtig sei und nur Frömmigkeit zähle. Das sind keine guten Aussichten.

Können Sie dort in Kabul und drumherum wirklich alles drehen, jeden interviewen, den Sie wollen?
In den ersten Tagen war ich selbst überrascht, dass es keine Behinderungen bei unseren Drehs gab. Wir konnten da auch noch viele Interviews führen. Natürlich sind wir vorsichtig und achten sehr darauf, dass wir Interviewpartner und Protagonistinnen schützen, wenn sie dies wünschen o. wir es selbst für angebracht halten. Das Drehen von Protesten ist zum Beispiel sehr gefährlich. Inzwischen gibt uns jedoch kaum noch jemand ein Interview, die meisten wollen nicht mehr reden, weil sich sofort Taliban dahinter stellen. Das ist Einschüchterung.

Mit wie vielen Kollegen dort vor Ort stehen Sie in Kontakt, aus Europa und der Welt?
Es sind derzeit mehrere Kollegen westlicher Medien in Afghanistan.

Gab es schon bedrohliche Situationen – und gibt es ein Worst-Case-Szenario, wo Sie wieder hinaus gehen würden?
Ich habe diese Woche erfahren, dass ein befreundeter Kameramann von Taliban verprügelt worden ist. Aus Angst möchte er seine Verletzungen nicht öffentlich machen. Wie schon gesagt, wir bewerten die Sicherheitslage täglich neu und entscheiden gemeinsam mit der Redaktion, wenn es zu gefährlich werden sollte.

 

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