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Björn Höcke, Höcke, AfD

© Tsp

Höcke im MDR-Interview: Eine Bühne war das Gespräch mit Thüringens AfD-Chef nicht

Der Mitteldeutsche Rundfunk hat ein Interview mit Thüringens AfD-Chef Björn Höcke gewagt. Geschadet hat das niemandem.

Das war es also. Das vorher heftig diskutierte Sommer-Interview des Mitteldeutschen Rundfunk (MDR) mit Thüringens AfD-Chef Björn Höcke hat stattgefunden.

Vorab: Sollte es, im Sinne der Veranstalter, draußen irgend jemanden geben, der sich vom Youtube-Live-Video Informationen fürs nächste Wahlverhalten versprach, er dürfte kaum auf seine Kosten genommen sein. Aber auch der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat, wie vielerorts befürchtet, mit dem Interview des AfD-Rechtsaußen keinen Schaden genommen.

"Wir bieten Herrn Höcke keine Bühne, es handelt sich um ein journalistisches Format. Herrn Höcke werden Fragen zu aktuellen Themen gestellt", hatte es vorher aus Leipzig zur fünften Ausgabe der diesjährigen MDR-Sommerinterviews geheißen. Und ja, Moderator Lars Sänger hat seine Sache über weite Strecken gut gemacht, vor allem im zweiten aktuelleren Teil des 30-minütigen Interviews.

Eine Bühne war das nicht, wenn man mal davon absieht, dass Höckes "Corona ist vorbei und wird auch nicht wieder kommen" vielen Noch-Immer oder weiter neu an Covid-19 Erkrankten ein Schlag ins Gesicht sein dürfte.

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Parteiausschlussverfahren, die - offenbar ausbleibende - Verteidigung von Höcke-Freund Andreas Kalbitz, der aus Landtags-Fraktion und Partei flog, weil er Details zu seiner rechtsextremen Vergangenheit verschwiegen haben soll, die Frage, was nach der formalen Auflösung des rechten AfD-Flügels mit eben jenen Vertretern in der Gesamtpartei wird, und, nach vorne geblickt, ob es sich denn bei der Anti-Corona-Demo am Samstag in Berlin gut anfühlt, neben Rechtsradikalen zu stehen - wann immer Höcke bei direkten Fragen auszuweichen versuchte, hakte der Moderator nach, ging ins Wort.

„Skandalbehörde“ und „Gottkanzlerin“

Da half auch nicht das x-te "Ach, Herr Sänger, Sie wissen doch, wie es ist..." von Höcke gegenüber dem Interviewer.

Klar, statt mit Kalbitz und der Flügel-Frage hätte sich Höcke lieber mit "Gottkanzlerin" Merkel und den "Transfermillionen für Südeuropa" beschäftigt, die in Deutschland dem Pflege- und Rentensystem fehlen würden. Oder mit der CDU, die, aus Höckes Sicht, dem Zeitgeist hinterher läuft und, man höre und staune, versinkend das Schicksal der italienischen Christdemokraten teilen wird.

[Björn Höcke ruft zur Teilnahme an „Querdenker“-Demonstration in Berlin auf: Lesen Sie hier, wie die extreme Rechte den Corona-Protest unterwandern will]

Oder mit der "Skandalbehörde", dem Verfassungsschutz, bei der Höcke zunächst eben nicht an die Beobachtung des AfD-Flügels und vielleicht auch der ganzen Partei denkt, sondern an das Celler Loch, das Versagen beim RAF-Komplex und Anis Amri.

Übliches Framing, vom Moderator erkannt, das kann Höcke gerne weiter tun. Der Zuschauer dürfte einordnen, inwiefern demokratischen Freiheiten und Grundrechten hier feindlich gegenüber gestanden wird (eine Zusammenfassung des Interviews läuft am Dienstag ab 19 Uhr im "MDR Thüringen Journal").

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Sollte Höcke denn weiter in der AfD eine größere Rolle spielen und - als Fraktionsführer der größten Oppositionspartei in Thüringen - von den "Mainstream-Medien" zu rituellen Interviews wie diesen eingeladen werden.

Die spannendste Frage hat Björn Höcke nicht beantwortet: Wie lange ihn die AfD noch halten kann. Eine Kandidatur für die Bundestagswahl 2021 schließt er jedenfalls nicht aus.

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