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Die Wachstumsstory von Netflix hatte Kratzer bekommen.

© Heinl/dpa

Gut gestreamt: Bald über 20 Millionen Nutzer in Deutschland

Netflix verliert weniger stark als befürchtet. Die deutschen Streamingdienste und Pay-TV-Anbieter sind optimistisch.

Die Logik der Börse ist mitunter verwirrend. Obwohl Netflix in den Monaten April bis Juni fast eine Million Abonnenten verloren hat, machte die Aktie des Unternehmens nach Bekanntgabe dieser Zahl einen Kurssprung um acht Prozent. Die Erklärung: Der Streamingdienst hatte mit einem doppelt so starkem Kundenschwund gerechnet. Mit 221 Millionen Abonnenten weltweit ist Netflix zudem nach wie vor die Nummer eins, die zudem gerade erst einen neuen Rekord aufgestellt hat: Die vierte Staffel von „Stranger Things“ übersprang die Marke von einer Milliarde Streamingstunden.

Weniger glücklich dürften die Aktionäre über den Ausblick sein. Netflix rechnet für das laufende Quartal nur mit einer Million neuer Kunden, die Analysten hatten mehr erwartet. Mit jedem neuen Konkurrenten wird es für das von Reed Hastings gegründete Unternehmen schwerer, die Wachstumsstory am Laufen zu halten. Abhilfe soll nun eine zusätzliche werbefinanzierte Variante des Streamingdienstes schaffen, die Anfang 2023 zunächst „in einer Handvoll von Märkten“ starten soll.

Die Kombination von Bezahl-Abo und Werbung bei Streamingdiensten hat in Deutschland bereits Tradition. Am Mittwoch hatte der Privatsenderverband Vaunet zu einer Pressekonferenz über die „Marktentwicklung von Pay-TV und Paid-Video-on-Demand“ geladen. Auch dort war das werbefinanzierte Netflix-Abo Thema.

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„Der Kunde muss die Wahl haben, wie er die Inhalte konsumiert. Auf diesem Weg sind wir schon lange unterwegs“, sagte Henning Nieslony von RTL Deutschland und sieht sich durch die Netflix-Entscheidung bestätigt. „Mit Joyn machen wir das schon lange“, sagte Nicole Agudo Berbel von der ProSiebenSat1-Gruppe. „Es ist überdies nicht nur Netflix, auch Amazon und Disney+ folgen diesem Trend, den wir als Branche schon lange bespielen.“

Anders als bei Netflix, wo die Abo-Zahlen derzeit rückläufig sind, weist der Trend für die Bezahl-TV-Anbieter in Deutschland weiter nach oben, sowohl mit Blick auf die Abo-Zahlen, die Nutzung und die Umsätze, wie Vaunet-Geschäftsführer Frank Giersberg sagte und mit frischen Zahlen belegte.

2022 über fünf Milliarden Euro Umsatz

Nimmt man die Umsätze der Pay-TV-Anbieter und der bezahlten Streamingdienste zusammen, so verzeichnete die Branche in Deutschland im vergangenen Jahr ein Plus von 13,1 Prozent. Für dieses Jahr geht der Verband zwar von einem etwas kleineren Wachstum von 8,8 Prozent aus. Das reicht aber, damit die Branche 2022 erstmals über fünf Milliarden Euro umsetzen wird. Dabei wird die Zahl der Menschen, die Angebote von Sky, Netflix, Disney+, Amazon Prime Video, RTL+, Joyn und den anderen nutzen, auf insgesamt 21,2 Millionen steigen – was einer Verdoppelung in den vergangenen fünf Jahren entspricht.

Dabei gibt es in der Branche unterschiedliche Strategien: Sky setzt einerseits auf exklusive Inhalte und attraktive Eigenproduktionen, bietet andererseits seinen Kunden über die eigene Plattform verstärkt den Zugang zu anderen Diensten. „Nach Netflix kamen Amazon, Dazn, RTL+ hinzu, es folgen demnächst AppleTV, Magenta Sport und Discovery+“, sagte Elke Walthelm von Sky.

„Lokal, live und relevant“, so beschrieb Nicole Agudo Berbel die Strategie von ProSiebenSat1. Dabei sei es zunehmend zweitrangig, ob es sich um Live-TV oder Video on Demand handelt. „TV und Digital war gestern, Live und on Demand ist heute“. Jährlich investiert die Gruppe über eine Milliarde Euro in Inhalte, betonte sie.

RTL+ ist mit 3,2 Millionen zahlenden Abonnenten „derzeit das führende deutsche Entertainment-Angebot“, sagte Henning Nieslony. Die Sendergruppe RTL will insbesondere das Bedürfnis der Zuschauer „nach unabhängigem Journalismus und positiver Unterhaltung“ bedienen. In Zukunft komme es noch mehr „auf inhaltliche Vielfalt, Einfachheit und den Preis“ an.

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